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"Das ist echt nicht lustig" knurrte ich den braunhaarigen an, als er mich drei Minuten später immernoch belächelte, während ich versuchte den nassen Stoff von meinem Körper weg zu halten.

"Du kannst meine Jacke überziehen. Wir wollen ja nicht, dass dich irgendwelche Pedos angaffen und sich einen darauf runter holen." ausdruckslos hielt er mir die Jacke hin, die ich natürlich dankend annahm.
Ein Grinsen schlich sich daraufhin auf meine Lippen
"Wahrscheinlich bist du genau so einer." herausfordernd schaute ich zu Leon rüber, der mittlerweile auf der kleinen Bank saß.

Ein empörter Laut entwich ihm, bevor sich ein diabolisches Grinsen in seinem Gesicht breit machte "Nö, ich habs ja auch schon ohne den BH gesehen" meinte der Größere völlig ohne Skrupel.
"Touché" murmelte ich, mit einem wissenden Lachen, teils belustigt und teils entrüstet,
während ich mich neben ihn setzte.
Die Jacke fest um mich geschlungen.

Es verging eine kurze Zeit, in der keiner was sagte. Der Regen hatte nachgelassen und trommelte nur noch halbstark gegen das Dach. Das Häuschen musste allerdings schon so alt gewesen sein, dass ein Teil des Regens einfach an der Rückseite davon hinunterlief und ich mich somit nicht anlehnen konnte.
"Können wir das nicht einfach vergessen?" setzte ich an, da ich einfach irgendetwas sagen musste und das ganze irgendwie doch ziemlich unausgesprochen war.

Überrascht wandte Leon seinen Kopf zu mir, wahrscheinlich hatte er nicht geahnt, dass ich das Thema nochmal ansprechen würde.
Seine besonnene Miene verschwand für einen kurzen Moment.
Nachdenklich sprach ich weiter "Das war ein-" Leon unterbrach mich "Ein one-night-stand schon klar." wenig später durchdrang ein schmieriges Lächeln seine unentschlossenheit und ich war froh, dass er zumindest gleich darüber dachte, wie ich.

Danach blieb es still, Leon inspizierte den Busfahrplan und ich betrachtete ausgiebig meine Schuhe. Blöderweise hatte der Regen innerhalb kürzester Zeit wieder zugenommen.
"In Fünf Minuten kommt ein Bus Richtung Olympiapark. Den nehmen wir." räusperte sich der braunhaarige plötzlich.
Irritiert blickte ich auf, direkt in seine leuchtenden Augen "Was" hakte ich nach.
"Na willst du hier versauern? Im Bus ist es wenigstens ein bisschen wärmer." erklärte er, woraufhin mir erst auffiel, dass Leon ja nur noch im T-Shirt da saß.
"Oh, ja klar" ich spürte wie sich meine Wagen röten mussten. Mit einem wissenden Grinsen wandte Leon seinen Blick ab.
Scheiße. Wann war ich denn so verlegen geworden, das war eine ganz neue Seite an mir.
Ich war doch sonst nie auf den Mund gefallen.
Dass Leon jenes auch noch bemerkt haben musste ließ mich nur noch mehr erröten.

Wenig später fuhr dann auch schon der Bus vor, mittlerweile lugte sogar wieder die Sonne zwischen einigen Wolken hervor und reflektierte das Wasser von der Straße.
Der Busfahrer hatte uns wirklich äußerst skeptisch gemustert und wollte uns gar nicht erst reinlassen, weil ja seine Sitze nicht nass werden sollten.
Aber daraufhin versicherte Leon, dass wir uns nicht setzen und auch bald wieder aussteigen würden. Der Busfahrer willigte ein und löste uns die Tickets.

Im Gang, des relativ leeren Busses, blieben wir stehen und warteten bis dieser sich in Bewegung setzte.
"Also, du wolltest mir doch sagen, warum du auch im Gericht warst." interessiert blickte der braunhaarige mich an und kniff die Augen zusammen, da er wohl genau ins Licht schauen musste.
Zögerlich gab ich ein nicken von mir.

Eigentlich wollte ich es nicht erzählen, wer weiß, was er danach für ein Eindruck von mir haben würde. Die verwöhnte Göre, die alles bekommt was sie wollte und mit 20 Jahren noch nie gearbeitet hat.
Das war es, was ich immer zu verstecken versuchte. Ich war da nicht stolz drauf, aber ich war es nicht anders gewohnt. Mein ganzes Leben wurde ich auf Händen getragen, keine Arbeit musste ich verrichten, einfach immer nur nett sein, schön lächeln und den Ruf einer guten Familie vorspielen.
Aber versprochen war versprochen und wenn mir mein Vater eins gelehrt hatte, dann, dass man zu seinen Worten stehen sollte.

Also räusperte ich mich "Du kennst doch sicher Daimler, oder?" fragte ich und verkrampfte meine Hand um die Halte Stange.
Leon nickte und führte fort:"Da gab es doch vor ein paar Tagen dieses Drama, wegen Steuerhinterziehungen oder so."
Überrascht nickte ich und war ziemlich froh, dass er das schon wusste, auch wenn es mich schockte, wie schnell sich so etwas verbreitete. So musste ich nur noch den wesentlich wichtigeren Teil der Geschichte erklären, der mir jedoch um einiges schwerer fiel.
"Ja, also kurzgesagt war das mein Vater, wegen dem ich heute auch im Gericht war." presste ich hervor. Das war wohl die kürzeste Version, die ich hätte erklären können.

Leon hob die Augenbrauen, doch sein "Oh, tut mir leid" war nun mal gar nicht die Reaktion mit der ich gerechnet hatte.
Irritiert blickte ich ihn an, aber das schien er gar nicht zu bemerken. "Na dann scheinen unsere beide Leben wohl ein wenig verkorkst zu sein." lächelte er leicht, womit er mich neugierig machte. Doch daraufhin wank er ab.

Ein Blick auf die Anzeigetafel verriet mir, dass wir noch eine Station fahren mussten.
"Ich spiele Fußball" meinte Leon schließlich, ganz willkürlich.
Verwirrt über diesen Themenwechsel schaute ich zu ihm auf "Cool-" meinte ich zögerlich "Ich mache auch gerne Sport, aber ein spezifisches Hobby habe ich nicht."

Leon lachte daraufhin "Nein-" ein tiefes, wohliges Lachen "So meinte ich das nicht. Ich spiele professionell Fußball, beim FC Bayern. Aber scheinbar bist du kein großer Fußball Fan."
Meine Augen weiteten sich leicht "Oh" entfuhr es mir. Innerlich schlug ich mir gegen die Stirn. Natürlich hatte ich mich schon wieder verzetteln müssen.
Der Größere wartete auf eine Antwort, weshalb ich mich erklärte: "Naja, also Fußball verbinde ich mit Kommerz und Kommerz mit, naja, du weißt schon. Aber mein Vater ist 1860 Fan, wenn es das ist, was du wissen wolltest."

Seine Miene wirkte entgeistert und brachte mich zum lachen "Nicht wirklich? 1860 München, solche Fans gibt's?" den letzten Satz murmelte er leise vor sich hin.
"Sei mal nicht so vorurteilend, nur weil Menschen in München Leben heißt das nicht, dass sie gleich den größeren Verein supporten." besonnen grinste ich ihn an, denn sein Ausdruck war ihm noch immer entglissen.

"Aber du bist kein Fan von denen oder? fragte er völlig abwesend und durcheinander.
"Nö, wie gesagt, eigentlich interessiere ich mich nicht für Fußball." antwortete ich brav.
Der Verlauf dieses Gespräches gefiel mir, ich amüsierte mich nämlich prächtig über seine Kopflosigkeit.
Tss. Als ob alle Münchner nur in einen Topf gesteckt werden würden.

"Naja, das kann man sicher ändern." schelmisch zwinkerte er mir zu.
Bevor ich empört etwas erwidern konnte packte Leon meine Hand und zog mich aus dem Bus, der gerade angehalten hatte.
"Hey" protestierte ich, als wir draußen zum Stehen kamen "Ich kann auch selber laufen!" nörgelte ich weiter.

"Sicher? Du hast eben ja nichtmal gemerkt, dass wir schon angekommen sind." der braunhaarige ließ meine Hand wieder los, kassierte für seinen Spruch jedoch direkt einen Schlag gegen die Brust.
"Aua" brummte er sichtlich belustigt.


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Polaroid  - Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt