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Mit einem Klirren fiel mir das Glas, das ich bis gerade eben noch auf meiner Hand balanciert hatte, auf das helle Parkett.
"Fuck" fluchte ich leise und sprang automatisch einen halben Meter zurück.

Ich hätte wohl doch zuerst das Licht anschalten sollen. Stattdessen erleuchtete die schwache Taschenlampe meines Handys Leons geräumige Küche.

Nach diesem äußerst anstrengend und aufwühlenden Tag waren wir beide schon früh ins Bett gegangen. Da ich aber vor lauter Durst wieder aufgewacht war, hatte ich mich auf leisen Sohlen nochmals in die Küche begeben.

In der Dunkelheit sammelte ich die Scherben auf, in die das Glas zersprungen war und hoffte inständig, dass Leon nicht aufgewacht war.

"Alisa?" keine Sekunde später flimmerte die Deckenlampe auf.
Meine Hand zuckte erschrocken zurück und prompt hatte ich mitten in den Scherbenhaufen gefasst.
"Scheiße" keuchte ich, als ich sah, wie mir Blut von den Fingern tropfte.

Ich merkte wie der Fußballer auf mich zu kam "Oh shit, warte ich hole ein Tuch." bestimmte er, als er wohl meine Hand gesehen haben musste.
"Ist nicht so schlimm-" wollte ich protestieren "ich räume das gleich weg, du kannst wieder schlafen gehen."

Grummelnd schüttelte Leon den Kopf, kniete sich neben mich und umfasste meine blutende Hand. Mit einem Geschirrtuch umwickelte er den Schnitt den ich mir geholt hatte und sofort biss ich die Zähne aufeinander. Es brannte höllisch.

Ehe ich es mir versah war Leon aufgestanden, mit einer Kehrschaufel zurück gekehrt und beseitigte die Sauerei, während ich hilflos da stand und das Tuch fester auf die Wunde presste.

"Sorry, dass ich das Glas kaputt gemacht habe-" entschuldigte ich mich kleinlaut "und, dass ich dich geweckt habe." schob ich leise hinterher.

Mit einem Lappen hatte der braunhaarige den Boden aufgewischt und warf diesen jetzt in die Spüle. Anschließend holte er zwei neue Gläser aus dem Schrank und füllte diese mit Wasser. Eines davon reichte er mir.
"Kein Ding, konnte eh nicht schlafen." meinte er schließlich, doch seine müden Augen sagten mir etwas anderes.

"Komm mit, wir müssen die Wunde säubern." entschlossen stoß er sich von der Wand ab und lief voran. Bedröppelt tapste ich ihm hinterher.
Ich fühlte mich extrem schlecht. Konnte Leon nicht einfach wieder schlafen gehen und mich die Dinge selbst regeln lassen.

Im Bad hatte er mich auf dem Badewannen Rand platziert und einen kleinen Schrank geöffnet, aus dem er das nötige Zeug holte.
"Sag mal-" begann er zu sprechen, als er das Geschirrtuch entfernte "ist das jetzt eigentlich dein erster Job?"

Unter einem schmerzerfüllten Zischen nickte ich und nahm die Ablenkung, durch ein Gespräch, gerne an.
"Aber du hast doch dein Abitur gemacht, oder?" hakte der Münchner weiter nach und öffnete die Flasche mit dem Desinfektionsmittel.
"Achtung" warnte er mich, bevor er es schon auf den Schnitt sprühte.
Sofort verzog sich mein Gesicht, der Schmerz ließ jedoch schnell nach und ich erinnerte mich an seine Frage.

"Mein Abi habe ich gemacht, ja. Aber danach hatte ich erstmal eine Pause gebraucht und irgendwie wusste ich danach einfach nicht weiter." gab ich zu, woraufhin Leon nickte "Also wolltest du studieren gehen, aber du wusstest nicht was." erschloss er sich, fälschlicherweise.

Ich schüttelte den Kopf "Als ich klein war wollte ich immer schon studieren gehen, aber als ich älter wurde habe ich das immer mehr verworfen." der Fußballer schnitt ein Pflaster zurecht.
"Ich hatte eine Phase in der ich dachte, dass ich ja wohl kaum arbeiten musste, wenn mein Vater so viel Geld hatte. Das war so verdammt egoistisch und dumm. Ich war wirklich das Parade Beispiel für eine verzogene Göre." seufzte ich, fuhr aber fort "im hier und jetzt bereue ich es, dass ich mich so gehen lassen habe. Andere in meinem Alter sind schon fest in einen Beruf eingearbeitet. Studieren in fortgeschrittenen Semestern und ich weiß immernoch nicht wohin mit mir. Ich fühle mich so fehl am Platz."

Polaroid  - Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt