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"Sie heißt Karol und ich kenne sie schon seit ein oder zwei Jahren." druckste mein Vater hervor. Mein Mund klappte entrüstet auf und wieder zu.
"Zwei Jahre?" fragte ich und versuchte meine Stimme unter Kontrolle zu halten.
Hinter der dicken Glaswand nickte mein Vater, kaum merklich.
Ich schluckte schwer "Solange lügst du mich also schon an." stieß ich nun doch ziemlich scharf hervor.

Mein Vater unterbrach mich sofort "Alisa, ich habe das nur getan um deine Gefühle zu beschützen. Ich wusste nicht, wie du das aufnehmen würdest." seine Miene wurde weicher und nervös straffte er den Ärmel des einheitlichen Oberteils.
"Du hättest mit mir reden müssen." fauchte ich.

"Das weiß ich doch auch. Es tut mir wirklich leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest." abermals entschuldigte er sich bei mir.
Mir war auch klar, dass ich ihm das nicht ewig vorwerfen konnte. Er hatte mir alles erklärt, auch, dass sie die erste Frau, seit meiner Mutter war und die beiden sich eigentlich ganz unverhofft verliebt hatten.
Dennoch kam ich noch nicht wirklich mit der Tatsache klar, vielleicht bräuchte ich einfach noch ein bisschen Zeit.

Eigentlich war ich ja gekommen, um ihm etwas anderes mitzuteilen. Das mir viel schwerer fiel, als gedacht.
Ungeduldig spielte ich mit dem Verschluss meines Armbandes, während mein Vater mich neugierig betrachtete.
"Ich werde Mama besuchen gehen." presste ich schließlich hervor.

Und diesmal war er es, der überrascht aufzuckte "Wie bitte?"

Ich schluckte den Kloß hinunter, der sich in meinem Hals festgesetzt hatte. Ich konnte nicht ganz deuten, ob Papa das jetzt gut oder schlecht aufgenommen hatte.
"Du wirst nichts dagegen tun können." mit verschränkten Armen hatte ich mich zurückgelehnt.

"Nein, das ist es doch gar nicht-" meinte mein Vater, mit dem Hauch eines Lächelns in seinem Gesicht "Ich finde das ganz toll sogar. Jasmin wird sich riesig freuen." bei ihrem Namen leuchteten seine Augen auf.
Stutzig blickte ich ihn an.
Okay, mit dieser Reaktion hatte ich auch nicht gerechnet.

"Hast du etwa noch Kontakt mit ihr?" hakte ich völlig irritiert nach.
Traurig schüttelte mein Vater den Kopf "Nein, leider nicht. Aber sie wollte damals bestimmt auch nicht aus dem Nichts wieder Kontakt mit dir aufnehmen. Ich bin mir sicher, dass sie sich sehr freuen wird." er lächelte mich nun vollends an.
"Danke. Das gibt mir Mut." gab ich ehrlich zu.

Wir unterhielten uns noch eine Weile über meine Mutter. Und irgendwie packte mich immer mehr Vorfreude. Irgendwann musste ich ja mit unserer nicht so rosigen Vergangenheit abschließen.
Außerdem hatte ich meinem Vater von Leon erzählt und wie er mir geholfen hatte.
Er war direkt begeistert von ihm und gleichzeitig auch extrem besorgt, wegen des fast-Einbruchs in unserem Haus.
Meinte aber auch, dass er mal seinen Anwalt fragen würde, inwiefern er bei der Polizei Anzeigen aufgeben konnte.
Laut ihm waren es bestimmt die neugierigen Schweine von der Presse. Kein großer Grund zur Besorgnis. Aber trotzdem äußerst angsterregend.

"Falls wir uns nicht mehr sehen sollten, richte deiner Mutter viele Grüße aus und pass bloß auf dich auf." räusperte sich mein Vater, während ich bereits wieder meine Jacke anzog.
Da ich selbst noch nicht wusste, bis wann ich nach England fliegen würde, hatte ich ihn schonmal vorgewarnt.

Ich nickte schmunzelnd "Mach ich. Bis dann Papa." ich winkte ihm kurz zu.
"Machs gut, kleine."

°°°

Gut gelaunt machte ich mich auf den Weg zurück, zu Leons Wohnung.
Die Woche über hatten wir nicht sehr viel miteinander gesprochen. Leon war sowieso schon ziemlich beschäftigt mit seinem Fußball und da ich mich die meiste Zeit im Gästezimmer aufgehalten hatte, waren wir uns kaum über den Weg gelaufen.
Ich hatte begonnen, mich mit verschiedenen Studiengängen auseinander zu setzen.
Zwar hatte ich jetzt schon den Arbeitsvertrag für meinen Job unterschrieben, aber mir gefiel der Gedanke weiter in die Zukunft zu denken.

Polaroid  - Leon GoretzkaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt