Als ich am nächsten Morgen aufwachte, realisierte ich einen Moment lang nicht, wo ich war. Manu lag immer noch neben mir und obwohl ich mich im Schlaf auf den Bauch gedreht hatte, war mein Arm nach wie vor um seine Taille geschlungen. Es fühlte sich toll an, so neben ihm zu liegen. Und obwohl ich mich verschwommen daran erinnerte, nachts mehrmals deswegen aufgewacht zu sein, weil Manu sich bewegt oder Geräusche gemacht hatte, fühlte ich mich ausgeruhter als sonst nach dem Aufstehen.
Ein paar Minuten lang genoss ich die Nähe des Größeren noch, dann stand ich auf und sammelte so leise wie möglich meine Sachen zusammen. Ich hatte mir vorgenommen, auch hier im Internat weiter regelmäßig Sport zu machen und dazu hatte es für mich schon immer gehört, Sonntag vormittags joggen zu gehen. Ich zog mich also um und schaffte es, dabei kein einziges lautes Geräusch zu machen. Dann schrieb ich Manu einen Zettel, auf dem stand wo ich war und legte ihn auf den Schreibtisch Jüngeren.
Während ich mich an der frischen Luft bewegte, gingen mir die Ereignisse der letzten Tage durch den Kopf. Die Zeit ohne Manu war so langweilig gewesen und kaum war er hier, wühlte er mich komplett auf. Obwohl ich jeden Tag etwas mit meinen anderen Freunden unternommen hatte, war es doch etwas Anderes und Besonderes gewesen, Zeit mit Manu zu verbringen, wahrscheinlich weil er mir eine viel persönlichere Seite von sich gezeigt hatte, als beispielsweise Freddie oder Rewi.
Und noch etwas fiel mir auf. Die Art und Weise wie ich auf Manu reagierte war irgendwie anders. Wenn ich mit ihm redete oder an ihn dachte, war da immer eine Gewisse Art von Aufregung. Als ich ihn an der Bushaltestelle abgeholt hatte und als wir nachts in der Schule unterwegs gewesen waren, hatte mein Bauch vor Aufregung stärker gekribbelt, als er es tat, wenn ich ein Referat halten musste - und es gab nichts, was mich so nervös machte, wie vor der ganzen Klasse zu reden.
Vielleicht war das diese enge Verbindung, die wirklich gute Freunde zueinander entwickelten. Wieder mal bedauerte ich die Tatsache, keine Ahnung davon zu haben, wie es sich anfühlte, einen richtigen besten Freund zu haben, das machte es nicht gerade einfacher, meine Gefühle zu sortieren.
Ich versuchte, mich mit anderen Gedanken abzulenken, denn noch länger darüber nachzugrübeln würde mich nur weiter verwirren. Ich sah mir also meine Umgebung sehr intensiv an, versuchte, an die Schule oder an Volleyball oder sonst was zu denken, doch mein Gehirn fand immer Wege, mich wieder an Manu zu erinnern.
Als ich wieder an der Schule ankam und mit langsamerem Tempo eine letzte Runde um das Gebäude drehte, um meinen Kreislauf langsam runterzufahren, hatte ich es schon aufgegeben, meine Gedanken auf etwas anderes zu lenken, also kreisten sie unablässig um Manu. War es für ihn überhaupt in Ordnung gewesen, dass ich ihn einfach umarmt hatte? Vielleicht hatte er sich unwohl gefühlt und war nur höflich gewesen. Hoffentlich hielt er mich nicht für komisch.
Während ich die Treppe zu unserem Zimmer hinauf stieg bekam ich tatsächlich etwas Angst davor, Manu würde wieder auf Distanz gehen, doch sobald ich das Zimmer betrat, konnte ich erleichtert aufatmen, denn der Jüngere begrüßte mich grinsend und begann sofort, irgendwas zu reden. Es ging um Minecraft und ich hörte nur mit halbem Ohr zu, während ich mein Handtuch und neue Kleidung aus dem Schrank holte. Mich durchströmte eine Welle der Erleichterung. Manu war nicht beleidigt, alles war in Ordnung, meine Sorgen waren unbegründet gewesen. Vielleicht empfand er das ja auch als ganz normale freundschaftliche Geste.
Nachdem ich geduscht hatte, war es schon fast Zeit fürs Mittagessen, also entschieden wir uns dazu, schon mal nach unten zur Mensa zu gehen. Wir mussten nur kurz warten, bis die Essensausgabe geöffnet wurde und wir uns einen Teller voll Gemüseeintopf holen konnten.
Ich setzte mich einfach mit zu Manu an den Tisch und er sagte nichts, also ging ich davon aus, dass es okay war. Obwohl Eintopf nicht gerade zu meinen Lieblingsgerichten gehörte, war dieser hier ganz in Ordnung und glücklich unterhielt ich mich mit Manu über dieses und jenes, während sich die Mensa füllte. Wir beschlossen, am Nachmittag endlich mal das Minecraft Duell auszutragen und entschieden uns dafür, Bedwars gegeneinander zu spielen. Diesen Spielmodus mochte Manu am liebsten, aber ich hatte viel geübt, also hoffte ich, ihn vielleicht ein- oder zweimal besiegen zu können.
Im Endeffekt schaffte ich es genau einmal ganz knapp, die Runde zu gewinnen, es gelang mir allerdings mehrmals, länger zu überleben als Manu. Trotzdem war er ganz eindeutig der bessere Spieler, was ich nach einigen Stunden Spielen auch endlich zugab. Wir beschlossen, noch gemeinsam einen Film anzuschauen, also setzte ich mich mit zu Manu aufs Bett, wir legten uns seine Decke um die Schultern und meine über die Beine und so ausgestattet suchte Manu Harry Potter auf seinem Laptop heraus.
Wir kannten die Filme zwar beide, doch es war immer wieder schön, sie anzusehen also entschieden wir uns für den vierten Teil, den wir beide am liebsten mochten. Ich versuchte wirklich, mich auf den Film zu konzentrieren, aber jede Bewegung des Jüngeren lenkte mich ab. Mit jedem Mal, wenn er mir etwas näher kam und mein Herz dazu brachte, kurz höher zu schlagen, nur um sich dann doch wieder normal hin zu setzen, jagte er mich durch eine Achterbahn der Gefühle.
Was war das, was ich da spürte? Das konnte doch nicht nur Freundschaft sein!
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Kürbistumor Fanfiction - Nachteule
FanficNachdem Palle sein ganzes Leben lang zu Hause unterrichtet wurde, freut er sich darauf, jetzt ein Internat zu besuchen und endlich richtig gute Freunde zu finden. Allerdings ist sein Mitbewohner ziemlich unfreundlich und verhält sich seltsam, also b...