Kapitel 26.

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Azriel

Alicia brach vor der Toilette zusammen. Ich ließ sie keine Sekunde los, während sie sich übergab. Als sie nichts mehr im Magen hatte, begann sie zu weinen, nicht das Weinen das sie normalerweise hatte. Es war ein herzzerreißendes Schluchzen. Dann unheimlich viele Tränen.

,,Alicia...." murmelte ich ihr ins Ohr und strich über ihre Locken. Sie hörte mich nicht und schluchzte und weinte weiter. Langsam hob ich sie vom kalten Boden und drückte sie fest gegen meine Brust. 

,,Lass ihn dich nicht so fertig machen." Alicia schluchzte weiter als ich mich aufs Sofa setzte und sie ihr Gesicht gegen meine Brust lehnte. Nun spürte ich auch bei mir die ersten Tränen.

,,Alles wird gut." sagte ich und ließ die erste Träne über meine Wange fließen. Er ist ein Mistkerl. Egal ob er ihr Vater ist oder nicht, er ist ein Mistkerl.

,,Ich-" begann Alicia und schluchzte ,,Ich-"sie brach wieder ab und krallte sich mit ihren Händen fest an meine Schultern.

,,Lass dir Zeit." Sie hörte auf mich und weinte weiter, weinte ihren ganze Wut aus und das einzige was ich tun konnte, war es sie festzuhalten und zu trösten. Ich wünschte ich hätte es nie soweit kommen lassen. Ich ließ sie weinen und strich ihr sanft über das Haar.

 ,,Willst du über etwas reden?" fragte ich, als sie sich etwas beruhigt hatte.

,,Ja." sagte sie und schaute mir in die Augen. ,,Ja. Ich muss dir etwas zeigen." Langsam setzte sie sich alleine auf und zog ihren Umhang aus. Dann streifte sie ihr weißes Kleid vom Oberkörper und rührte sich nicht. Doch dann........

,,Ich hätte es dir früher zeigen sollen." sagte sie. In ihrem verheulten Gesicht war Hass das einzige was ich sehen konnte. Doch ich hatte keine Zeit für ihr Gesicht. Ich sah stattdessen zu ihrem linken Arm, auf ihre linke Schulter, ihrer eigentlich so weichen kleinen linken Hand. Auf die Stellen, die sie mit der Kraft ihrer Mutter versteckt hatte.

,,Bis ich 14 war, hatte ich eine ganz normale Kindheit, zum Glück." begann sie ohne Gefühl in ihrere Stimme. ,,Im gegensatzt zu dir kommt mir generell mein kompletter Schmerz lächerlich vor."

,,Sag das nicht." sagte ich und griff nach ihren Händen.

,,Mit 14 fingen sie dann an mir Männer vorzustellen die mich heiraten wollten. Sie sahen mich alle an wie ein Schatz, sie machten mir angst. Ich war 14, noch ein halbes Kind." Ich wusste von wem sie da redete. Und es machte mich wütend.

,,Ich begann nach den ersten drei Männern die mir vorgestellt wurden, angst zu bekommen, der nächste würde mich einfach mitnehmen und nie wieder zurückbringen. Ich hatte aber auch angst mit ihnen darüber zu reden. Deswegen verzog ich mich in mein Zimmer, mit Büchern über alles mögliche, Märchen, Bücher über Zauberei und Romane. Manchmal lass ich 10 Bücher an einem Tag ohne zu essen oder zu schlafen. Ich verlor den Kontakt zu meinen Freunden und die Beziehung zu meinen Schwestern. Zu Hazel und Lilly meine ich, Rose und Olivia waren beide schon fast erwachsen als ich geboren wurde."

,,Was haben sie gemacht, als sie gemerkt haben, dass du nicht mehr aus deinem Zimmer herauskommst?"

,,Meine Eltern haben weiterhin versucht mich aufzumuntern indem sie mir gesagt haben, dass in einigen Wochen der nächste Mann kommen wird. Ich bekam angst und schrie sie an und bekam Wutausbrüche. Sowas waren sie von mir nicht gewohnt, ich war immer die ruhigste in der Familie, sogar ein wenig schüchtern." 

,,Und dann?"

,,Dann habe ich ihnen gesagt ich will niemanden heiraten. Da war ich 15. Ich hatte unsere gesamte Bibliothek durchgelesen, das meine ich ernst. Ich sagte meinem Vater er soll mir beibringen, wie man mit dem Schwert kämpft. Damals hatte er gelacht und mit mir ein paar Stunden geübt. Dachte sich nichts dabei und meine Mutter war froh, dass ich wieder aus meinem Zimmer hinausging. Was sie nicht wussten war, dass ich eine ganz neue Persönlichkeit geworden war. Ich schlich mich Nachts aus dem Haus und übte im Stall das Kämpfen mit einem Schwert das bei uns in der Eingangshalle als Dekoration verwendet wurde."

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