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Immer noch müde öffnete Stephan langsam seine Augen. Irgendetwas war heute Morgen anders als sonst, dachte er und sah sich vorsichtig um. Das hier war auch nicht sein Schlafzimmer, nein es war Tori's Wohnzimmer. Langsam kamen die Erinnerungen an den gestrigen Tag zurück. Sie mussten während des zweiten Films eingeschlafen sein. Ein breites Lächeln zierte sein Gesicht, als er Tori entdeckte. Sie lag immer noch halb auf ihm und schien noch zu schlafen. Bevor er sich stoppen konnte, streichelte er mit seiner Hand schon durch ihre Haare. Sie sah so friedlich und entspannt aus wenn sie schlief. Vielleicht hatten die anderen recht und er sollte endlich offen mit Tori über seine Gefühle reden. Er wusste auch nicht wann genau sich seine Gefühle für diese starke, selbstbewusste junge Frau geändert hatten, aber sie hatten es. Angefangen hatte es vermutlich mit der falschen Verdächtigung und dem ganzen Mist. Noch heute dachte er nicht gerne an diese Zeit zurück. Schließlich war damals sein ganzes Leben aus den Angeln gehoben und durcheinander geworfen worden. Anfangs war er einfach nur froh und glücklich so eine gute Freundin an seiner Seite zu haben, die trotz all dem Mist der um sie herum geschah zu ihm hielt. Doch dann war sie einfach nach Berlin verschwunden und er hatte sich die Schuld gegeben – zumindest am Anfang. Doch nach einiger Zeit drehte es sich und er gab ihr die Schuld. Schließlich hatte sie versprochen für ihn da zu sein, auch wenn sie nun in Berlin war, aber dem war nicht so. Die ersten zwei Wochen hatten sie es geschafft, doch dann war der Kontakt abgebrochen. Zum heutigen Zeitpunkt wusste er ja warum, aber damals nicht und das hatte ihn wütend gemacht. Und dann tauchte sie einfach wieder so auf und meinte so tun zu können als wäre nie was gewesen. Er hatte es einfach nicht fassen können und hätte am liebsten seiner gesamten angestauten Wut Luft gemacht, doch das ging ja leider nicht. Daher hatte er ein Gespräch mit ihr verweigert und hatte sie rausschmeißen lassen. Er wäre ihr am liebsten erstmal aus dem Weg gegangen, doch als Klaus diesen Anruf bekam und er die Sorge auf dessen Gesicht und Stimme gesehen bzw. gehört hatte, konnte er nicht anders. Zwar war er immer noch wütend und enttäuscht von ihr gewesen, jedoch überwog in diesem Moment seine Angst um seine beste Freundin. Er hatte einfach wissen müssen, ob es ihr gut ging. Auch wenn er damals, auf dem Weg zur Mia's und ihrer Wohnung noch die Hoffnung hatte das alles gut war, so hatte ihm sein Bauchgefühl das genaue Gegenteil gesagt. Aber mit dem was er kurz darauf erfahren und sehen musste, hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Wie denn auch? Bei den Gedanken an Tori, wie sie dort in dem Schwimmbecken stand und sich dieses immer mehr mit Wasser fühlte, lief es ihm immer noch eiskalt den Rücken herunter. Er hatte eine solche Angst gehabt sie nie wieder zu sehen, dass ihm das rückblickend etwas beunruhigte. Vermutlich hatte er genau in diesem Moment das erste Mal festgestellt das er inzwischen mehr als Freundschaft für sie empfand. Doch sollte er es ihr wirklich sagen?? Was wenn sie nicht das Selbe empfand und dadurch ihre Freundschaft kaputt ging? Nein das wollte er auf gar keinen Fall. Also würde er seine Gefühle für sich behalten, schwor er sich. So in Gedanken bemerkte Stephan nicht wie Tori langsam zu sich kam.

Durch sanftes Streichen durch ihre Haare kam Victoria langsam zu sich. Nach mehrmaligem Blinzeln öffnete sie langsam die Augen. Ohne hoch zu gucken wusste sie wer ihr da gedankenverloren durch die Haare fuhr und das zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. Am liebsten würde sie den ganzen Tag so liegen bleiben, doch sie wusste das es nicht ging. Langsam um Stephan nicht zu erschrecken streckte sie sich und schob sich dann etwas nach oben, so dass sie nun neben ihm saß. Stephan, welcher durch diese Bewegung aus seinen Gedanken gerissen wurde, lächelte sie an.

„Morgen."

„Morgen."

Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber und betrachteten einander einfach nur, während jeder der Beiden seinen eigenen Gedanken nach hing. Tori war die erste die sich aus dieser Starre löste.

„Möchtest einen Kaffee?"

„Gerne."

Victoria stand auf und ging in die Küche und bereitete alles für Stephan's Kaffee und ihren Tee vor. Stephan folgte ihr kurz darauf und setzte sich in der Küche auf einen der Stühle.

„Wann hast du heute Schicht?", wollte er wissen.

Tori sah kurz auf Handy: „Meine Schicht beginnt um 14 Uhr. Also hab ich noch ein bisschen. Und du?"

„Ich hab heute frei. Was hälst du davon, wenn ich schnell zum Bäcker um die Ecke verschwinde und Brötchen hole. Dann können wir noch zusammen frühstücken?"

„Klar warum nicht, aber nur wenn du nichts anderes geplant hattest."

„Nein alles gut. Ich wollte heute eh nur meinen Haushalt auf Vordermann bringen, also tust du mir sogar einen Gefallen mit dem Frühstück."

„Ach so ist das also", meinte sie mit einem Grinsen, „Aber nicht das deine Wohnung nachher eifersüchtig auf mich ist."
„Ach was, das erkläre ich ihr schon."
„Na dann ist ja gut."

Während Stephan sich seine Schuhe anzog, kramte Tori ihren Schlüssel hervor und reichte ihn Stephan.

„Damit du gleich nicht klingeln musst, denn ich denke Mia und Daniel schlafen noch", erklärte sie als sie seinen fragenden Blick sah.

„Na dann, bis gleich."

„Bis gleich."

Da Stephan gute 10 Minuten brauchen würde, bereitete Tori schnell den Tisch in der Küche vor und sprang dann zügig unter die Dusche. Als sie fertig war zog sie sich schnell neue Sachen an und band ihre Haare zu einem Pferdeschwanz. Danach ging sie zurück in die Küche, in welcher Stephan bereits auf sie wartete.

„Ich hoffe du wartest noch nicht allzu lange?"

„Nein bin grade erst gekommen."

Gemeinsam ließen sie sich das Frühstück schmecken und unterhielten sich über alles mögliche. Kurz vor 13 Uhr verabschiedeten sie sich voneinander. Während sich Tori kurz darauf auf den Weg zur Wache machte, ging Stephan zu sich nach Hause.

Wieder einmal waren zwei Wochen vergangen. Missmutig hatten die Kollegen zur Kenntnis genommen, das ihr Plan nicht aufgegangen war. Wieso konnten die Beiden denn nicht endlich einsehen das sie mehr als Freundschaft empfanden und endlich offen zu ihren Gefühlen stehen? Es war zum verrückt werden. Aber was sollten sie auch machen? Klar sie hatten versucht mit den Beiden alleine zu reden, doch sie taten einfach so als wäre nichts. Doch das glaubte ihnen keiner mehr. Am liebsten hätten sie sofort die nächste Aktion geplant, doch aufgrund der unterschiedlichen Schichten der Beiden hatte das derzeit wenig Sinn. Aber aus den Augen würden sie das Ganze sicher nicht lassen. Vielleicht sahen sie es ja auch irgendwann von alleine ein und kamen zusammen. Wer weiß?

Gefühlschaos und unliebsame ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt