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Nach guten 10 Minuten kamen sie an der Wache an. Schnell betraten sie das Gebäude und machten sich auf den direkten Wege zum Aufenthaltsraum. Kaum hatten sie den Raum betreten, hörte man eine Stimme „Tori!"rufen und schon kam ein kleiner Junge auf die Polizeikommissarin zugelaufen. Wie selbst verständlich ging Tori in die Hocke und breitete ihre Arme aus, in welche der Junge sich ohne zu zögern fallen ließ. Der Junge klammerte sich an die junge Beamtin und Tori erhob sich mit ihm auf dem Arm wieder. Während sie ihm über den Rücken streichelte, drehte sie sich ihre Freunden um und stellte den kleinen Wirbelwind vor. „Also das ist Thore." Thore klammerte sich noch immer an Tori, drehte jedoch seinen Kopf etwas um sich dieAngesprochenen anzusehen. Kai, Isabell, Max, Erik und Sören standerstmal sprachlos da und besahen Tori und den Kleinen. Kai war derErste, der sich aus dieser Starre löste. „Hallo Thore", begrüßte er den Kleinen, woraufhin dieser sein Gesicht sofort wieder an Tori's Hals versteckte. „Er ist ein wenig schüchtern." „Scheint so." Nach und nach erwachten auch die Anderen aus ihrer Starre. „Wie war das vorhin noch mit den Neuigkeiten?", meinte Erik und grinstesie vielsagend an. Tori zog ihre Augenbrauen leicht in die Höhe, verkniff sich allerdings ihren Kommentar. Sie war einfach noch nicht dazugekommen, ihren Freunden aus Berlin von Thore zu erzählen. Isa trat nun an ihre Freundin heran und streichelte Thore vorsichtig über den Oberarm: „Das ist jetzt aber nicht deiner oder?" Auch wenn die Berliner Polizeikommissarin sich das nicht vorstellen konnte, wollte sie auf Nummer sicher gehen. „Nein ist er nicht, aber er ist mir wichtig und ich ihm. Der Kleine hatte eine schwere Zeit und vertraut aus diesem Grund nicht vielen Menschen, daher hab ich immer ein offenes Ohr für ihn", erklärte die junge Beamtin. „Das kann ich verstehen. Musstest du deswegen so dringend her?", mischte sich nun Sören ein. Tori nickte: „Ja, Klaus hat angerufen und meinte das Thore vor ungefähr 15 Minuten hier aufgetaucht ist um mit mir zu sprechen. Da er keinen anderen so wirklich an sich ran lässt, hat er mich direkt angerufen." Nun wand sich Tori an den Jungen, welcher sich noch immer an sie klammerte. „Thore?" Langsam und zaghaft hob der Angesprochene seinen Kopf und sah der jungen Beamtin ins Gesicht. Von den Blessuren in seinem Gesicht war so gut wie nichts mehr zu sehen. Zum Glück, dachte Tori. „Willst du mit mir unter vier Augen reden oder dürfen meine Freunde dabei bleiben?" Sie zeigte auf die sechs? und schaute dann wieder zu ihm. „Alleine", flüsterte er. „Gut dann suchen wir uns jetzt mal ein ruhiges Eckchen", meinte sie und ergänzte in Richtung ihrer Berliner Freunde, „Macht es euch gemütlich und fühlt euch wie zu Hause. Ich komm gleich wieder." „Nur kein Stress, wir kommen schon klar", stellte Kai klar und die Besucher ließen sich auf den Stühlen nieder. Während Tori sich mit Thore eine ruhige Ecke suchte, gesellten sich immer mal wieder ein paar der Kölner Kollegen zu den Besuchern.

Mit Thore auf dem Arm machte sich die junge Beamtin auf den Weg um eine ruhig Ecke in der Wache zu finden. Diesen hatte sie zum Glück auch schnell gefunden – ihr Büro. Da Hannah, mit welcher sie sich das Büro teilte, heute ebenfalls frei hatte, konnte sie sicher sein das man sie vorerst nicht stören würde. Also schloss sie die Tür hinter sich und ließ sich dann zusammen mit Thore auf der Couch nieder. „Möchtest du mir jetzt vielleicht erzählen, warum du hier bist?" Erst reagierte der Kleine nicht, doch dann löste er sich langsam von Tori und sah sie mit seinen kleinen braunen Augen an. Er schien mit sich zu ringen, ob er wirklich sagen sollte was er wollte. Bevor er sprach, senkte er den Blick; „Adoptiere mich." Tori starrte Thore an. Was hatte er da gerade gesagt? Er wollte von ihr adoptiert werden. Sie wusste nicht wie sie auf diese Bitte reagieren sollte. Klar möchte sie den Kleinen und hatte immer ein offenes Ohr für ihn, doch konnte sie für ihn wirklich so etwas wie eine Ersatzmutter sein? Thore schien das Schweigen zu verunsichern. Er fing an unruhig auf ihrem Schoß herum zu rutschen. „Ich.... ehm..... es ....tut mir leid....", stotterte er, kletterte von ihrem Schoß und wollte aus dem Büro verschwinden. Tori erwachte aus ihren Gedanken, sprang auf und hielt Thore auf. „Jetzt warte doch mal." Sie zog den Kleinen wieder zurück zum Sofa und hielt seine Hand in ihrer. „Du musst dich nicht für deine Frage entschuldigen. Ich kann dich verstehen, aber du musst bitte auch mich verstehen. Ich war einfach gerade überrascht von deiner Frage", versuchte sie ihm ihr Schweigen zu erklären. Thore nickte einfach nur, vermied es aber ihr ins Gesicht zu sehen. Tori seufzte. Was sollte sie jetzt nur machen? Sie konnte dem Jungen doch nicht einfach sagen was er hören wollte, nur damit er sich besser fühlte Nein das konnte sie nicht, auch wenn sie ihm ihren Wunsch gerne erfüllen würde. „Weißt du, ich würde dich gerne adoptieren, aber so leicht ist das ganze leider nicht. Mit meinem Job geht das nicht so leicht, weißt du. Ständig wechselnde Schichten, Überstunden und so weiter, da würdest du einfach zu kurz kommen. Das möchte ich dir nicht zumuten, aber das ändert nichts daran das ich immer ein offenes Ohr für dich haben werde, okay?" Geduldig wartete Tori auf eine Antwort. Thore musste das Gesagte erst mal sacken lassen, bevor er zu einer Antwort ansetzte „Du magst mich wirklich?", flüsterte er. Tori musste schlucken. Wieso musste er das fragen? „Natürlich mag ich dich."„Aber du willst mich trotzdem nicht haben. Keiner will das." Thore begann zu schluchzen. Tori zerbrach es beinahe das Herz. Siewusste zwar wie er sich fühlte, aber trotzdem tat es ihr weh den Kleinen so zu sehen. Irgendetwas musste sie machen, nur was? „Wie kommst du denn darauf, dass dich keiner haben will", sie rutschte etwas an Thore heran und strich ihm über den Arm, „Nur weil ich dich nicht adoptieren möchte bzw. kann, heißt das nicht das du mir nicht wichtig bist. Verstehst du das?" Thore sah kurz zu ihr hoch, nickte dann und schmiegte sich dann an sie. Die junge Beamtin nahm ihn einfach in den Arm und hielt ihn einfach. Wie kam er nur auf die Idee das ihn keiner haben wollte? Das musste sie unbedingt herausfinden, nicht das der Kleine noch auf dumme Gedanken kommt. Daher fragte sie ihn einfach: „Thore? Wie kommst du eigentlich darauf das dich keiner haben will?" Thore zuckte nur die Schultern und verkroch sich noch etwas mehr an die junge Frau. Victoria seufzte. Klar das er nicht darüber reden wollte, aber so einfach würde sie es ihm diesmal nicht machen. „Du weißt das du mit mir über alles reden kannst", Thore nickte, „Also wie kommst du darauf?" „Naja..... weil.... ist das denn eigentlich wichtig?"„Ja das ist wichtig, wenn es irgendjemanden gibt der dir solche Flausen in den Kopf setzt." „Na gut. Es gibt da ein paar Leute im Heim, die meinten das mich eh keiner haben wollen würde und ich mir gar nicht erst Hoffnungen machen sollte, das mich irgendwer adoptiert", gab Thore mit gesenktem Kopf zu. Tori schluckte. Das war wirklich mies. Einem traumatisiertem Jungen noch solche Dinge an den Kopf zu werfen. Unfassbar. Tori streichelte ihm beruhigend über den Arm und harkte weiter nach: „Hast du mich deshalb gefragt ob ich dich adoptieren möchte?" Thore nickte: „Auch." „Wie auch? Gibt es da etwa noch etwas was ich wissen sollte?" „Ähm....ja da wäre noch etwas. .... Ich..... Es sind nicht nur ein paar der anderen Kinder..... sondern auch....." Nicht nur die Kinder? Aber das würde ja bedeuten das einer der Erzieherinnen den Kleinen solche Flöhe in die Ohren setzte. In Tori begann es zu brodeln. Wie konnte man nur solche Sachen zu den Kids sagen, obwohl man sich eigentlich um sie sorgen und kümmern sollte? Sie konnte und wollte es einfach nicht verstehen. „Wer denn noch?" Thore schwieg. „Sieh mal, Thore, wenn du mir nicht sagst, dann kann ich dir auch nicht helfen. Also wer sagt noch solche Sachen zu euch?" „Aber ich will keinen Ärger bekommen." „Das wirst du auch nicht, versprochen." Tori versuchte ihre Wut zu unterdrücken. Nicht nur das diese Person den Kindern solche Hirngespinste erzählte, nein, sie schüchterte sie auch ein kein Ton zu sagen. Thore schien darüber nach zu denken, ob er ihr glauben konnte. „Gut, ich sag es dir, aber du musst mir wirklich versprechen das er mir nichts mehr tun wird." Bittend sah er zu ihr auf und Tori nickte. „Ich verspreche dir, das ich alles in meiner Macht stehende tun werde, damit dieser jemand dir und auch keinem anderen mehr etwas tun kann." Aber was meinte er damit das dieser jemand ihm nichts mehr tun sollte? Da fielen ihr wieder Thore's Verletzungen ein. Hatte etwa jemand aus dem Heim ihm das angetan und hatte er deshalb geschwiegen? Die Wut nahm immer mehr zu und am liebsten hatte Tori dieser gerne Luft gemacht. Doch das wäre nun gerade wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Also versuchte sie ihre Wut so gut es ging hinunter zu schlucken und Thore zu zu hören. Dieser erzählte ihr nun wirklich alles. Wie er nach dem Unfall seiner Eltern im Heim angekommen war und wie sich das Leben dort verändert hatte, als der neue Mitarbeiter dort angefangen hatte. Er berichtete warum er damals mit dem blauen Auge zum Friedhof abgehauen war und wie es zu den anderen Verletzungen einige Zeit später gekommen war. Tori lauschte die ganze Zeit gebahnt und hielt sich mit Fragen zurück. Erst als Thore seine Erzählung beendet hatte, fragte sie: „Und von den anderen Betreuern und Betreuerinnen hat niemand etwas mitbekommen?" „So weit ich weiß nicht." „Es war gut das du mir das jetzt erzählt hast. Ich werde jetzt mit meinen Kollegen reden und dafür sorgen das dieser Herr nicht mehr im Kinderheim arbeitet" „Aber dann weiß er doch das ich geplappert habe und das wird eine Strafe geben." „Nein mach dir keine Sorgen. Wir werden dafür sorgen das dir und den anderen nichts mehr passiert, das hab ich dir doch versprochen. Okay?" Zögerlich nickte er. „So jetzt haben wir aber genügend Trübsal geblasen. Was hälst du von einer großen Tasse Kakao?" Nun nickte er begeistert: „Au ja." „Na dann komm." Also machten sich die zwei zurück auf den Weg zum Aufenthaltsraum.

Dort saßen immer noch die Berliner Kollegen und unterhielten sich gerade mit Klaus, Micha, André , Stephan und Ilka als die junge Beamtin zusammen mit Thore eintraten. Sobald Thore bemerkte wie viele Leute anwesend waren, verkroch es sich direkt wieder bei Tori. Diese lächelte kurz, doch dieses Lächeln erreichte ihre Augen nicht. Das bemerkten auch ihre Freunde und Kollegen, weshalb diese sie mit besorgten Blicken musterten. Tori ignorierte diese Blicke erst mal und kümmerte sich nun erstmal um den Kakao für Thore. Als sie diesen fertig hatte, brachte sie die Tasse zum Tisch und ließ sich dann auf einem Stuhl neben Stephan nieder. Thore blieb währenddessen immer in ihrer Nähe, jedoch blieb er unschlüssig neben ihr stehen als sie sich setzte. Stephan musterte seine beste Freundin. Irgendetwas stimmte nicht, die Frage war nur was? „Alles gut bei dir?",fragte er sie daher flüstert. Tori drehte ihren Kopf etwas weiter zu ihm und nickte lediglich. Dann wand sie sich an Klaus: „Klaus hättest du kurz einen Moment für mich?" „Klar worum geht es denn?" Der Polizeihauptkommissar begann so langsam sich Sorgen zu machen. Bis jetzt war es nie was gutes wenn die junge Beamtin so geheimnisvoll tat. „Das würde ich gerne mit dir unter vier Augen besprechen", erklärte sie und wies mit dem Kopf in Richtung Thore. Klaus verstand sofort: „Klar lass uns in mein Büro gehen." Tori nickte und wand sich dann den kleinen Jungen, welcher immer noch unschlüssig neben ihrem Stuhl stand. „Thore, ich geh kurz mit Klaus über die Sache sprechen und bin gleich wieder da. Du setzt dich einfach hier hin und trinkst dein Kakao." „Aber ich will lieber mit." Tori seufzte. Was sollte sie denn jetzt machen? In ihr brodelte es immer noch, doch solange Thore dabei war konnte und wollte sie das nicht zeigen. Doch wie sollte sie Thore das klar machen, ohne die Wahrheit. Zum Glück kam Stephan ihr zur Hilfe. „Hey Großer. Guck mal Tori geht das schnell klären und ist dann gleich wieder da. Und während sie weg ist, machen wir beide einfach was zusammen. Was hälst du davon?" Thore sah kurz von Stephan zu Tori und zurück. „Okay." Tori lächelte und diesmal erreichte es sogar ihre Augen. Das war doch mal ein Fortschritt. Anscheinend ließ Thore so langsam auch andere Menschen wieder an sich heran.

In Klaus' Büro angekommen ließen sich die Beiden auf den Stühlen nieder. „Also worum geht es?" Tori holte noch einmal tief Luft und berichtete dann ihrem Vorgesetzten von Thore's Geständnis. Angespannt lauschte Klaus den Erzählungen seiner Beamtin. „Das hört sich wirklich nicht gut an. Und du glaubt ihm, dass er dir nicht irgendeine Geschichte erzählt?" „Ja ich glaube ihm. Klaus, du hättest ihn vorhin mal sehen müssen. Er hatte panische Angst, dass er für seine Aussage bestraft wird." „Gut, dann schicke ich gleich mal eine Streife zum Kinderheim und lass das überprüfen Solange bleibt der Junge auf jeden Fall hier bei uns auf der Wache und danach sehen wir weiter." „Danke Klaus." „Ach was", wunk er ab und nahm sein Bürotelefon zur Hand. Er gab alle notwendigen Details an die Leitstelle weiter und die versprachen direkt eine Streife loszuschicken. Beruhigt kehrte Tori zusammen mit Klaus in den Aufenthaltsraum zurück. Dort angekommen musste Tori breit grinsen. Thore saß inzwischen auf Stephan's Schoß und erzählte ihm etwas. Als die Beiden Klaus und sie bemerkten sprang Thore direkt auf und lief auf sie zu. Sie nahm ihn hoch und schritt mit ihm auf den Arm zurück zu den anderen. Dort ließ sie sich wieder auf dem Stuhl neben Stephan nieder. Thore grinste über das ganze Gesicht und berichtete stolz: „Stephan meint ich wäre jetzt Hilfspolizist."„Ach sagt er das?", fragte sie nach und grinste dabei ihren Kollegen an. Thore nickte eifrig: „ Ja und dann helfe ich die bösen Menschen zu fassen." „Dann sind wir ja jetzt Kollegen." „Du Tori? Der Stephan meinte, er könne mir nachher noch einen Streifenwagen von innen zeigen. Meinst du das geht wirklich?" „Na wenn der Stephan das sagt, dann geht es auch", antwortete sie und lächelte ihren Kollegen dankbar an. „Wollen wir beide schon mal gucken gehen, Thore?", erkundigte sich nun Stephan. Thore sprang begeistert auf, schnappte sich Stephan's Hand und zusammen verließen sie den Aufenthaltsraum. Sobald die Beiden verschwunden waren, siegte die Neugier der Kollegen. „Alles gut?" „Ist irgendetwas passiert?" „Naja wie man's nimmt." Und so berichtete die junge Beamtin zum zweiten Mal am heutigen Tage, was sie vorhin von Thoreberfahren hatte. Auch ihre Kollegen und Freunde aus Berlin waren sichtlich geschockt und wütend über solch ein Verhalten. „Und was macht ihr jetzt mit dem Kleinen?", erkundigte sich Isa. Klaus übernahm das antworten: „Eine Streife ist bereits auf den Weg zum Kinderheim und solange bleibt der Kleine erst mal hier auf der Wache. Je nach dem was bei den Untersuchungen rauskommt, sehen wir dann weiter." Da Tori solange ebenfalls auf der Wache bleiben wollte, verabschiedeten sich nach einiger Zeit die Berliner Kollegen von ihrer Freundin. Sie wollten noch ein bisschen allein die Stadt erkunden, verabredeten sich aber für morgen zum Mittag.  

Gefühlschaos und unliebsame ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt