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Tori stand etwas unsicher vor der erschlossenen Tür. Tobias und Ben hatten sich verabschiedet und nun war sie allein. Was sollte sie sagen? Wie sollte sie ihn überreden die Tür zu öffnen? Schlussendlich beschloss sie auf ihr Bauchgefühl zu hören. Daher klopfte sie an die Tür und sagte: „Thore? Ich bin's Tori. Mach bitte die Tür auf." Auf der anderen Seite der Tür herrschte stille und Tori dachte schon er hätte sie nicht gehört. Doch dann vernahm sie zaghafte und langsame Schritte, welche sich der Tür näherten. „Tori?", hörte sie Thore von der anderen Seite der Tür. „Ja ich bin hier. Komm mach die Tür auf." Thore schien zu überlegen ob er die Tür wirklich öffnen sollte. Nach kurzer Zeit vernahm sie leise scharrende Geräusche, so als würde irgendetwas zur Seite geschoben. Vermutlich hatte er irgendetwas vor die Tür geschoben, damit niemand hineinkommen konnte. Langsam und zaghaft wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet. Unsicher streckte Thore seinen Kopf durch diese und sah auf den Flur hinaus. Tori hatte sich inzwischen hingehockt und wartete nun auf eine Reaktion von ihm. Dieser sah sie einen Moment lang an, dann schob er die Tür weiter auf und flüchtete sich in ihre Arme. Tori schloss ihn sofort in die Arme und richtete sich dann langsam mit ihm auf. Thore klammerte sich verzweifelt an ihrem Oberteil fest und schluchzte leise vor sich hin. Tori versuchte hin zu beruhigen und strich ihm immer wieder sachte über den Rücken. Nach einer Weile hatte er sich soweit beruhigt, das er aufgehört hatte zu weinen. Mit roten verquollen Augen sah er sie an und hielt sich immer noch krampfhaft an ihrem Oberteil fest. Besorgt musterte Tori den Jungen auf ihrem Arm. Das blaue Auge war nur noch schwach zu erkennen, aber dafür hatte er nun eine blutige Platzwunde an seiner linken Augenbraue. Zu dem konnte die junge Beamtin noch mehrere Hämatome und Kratzer erkennen. Was war nur passiert? Wer hatte ihm das angetan? „Geht's wieder?", fragte sie, auch wenn sie wusste wie hohl und lahm diese Frage klang. Thore schien kurz zu überlegen und schüttelte dann den Kopf. Das hatte Tori sich gedacht. „Dann lassen wir dich mal untersuchen." langsam näherte sich Tori, mit Thore auf dem Arm, dem Behandlungszimmer in dem Debbie und ihre beiden Kollegen warteten . Die taffe Ärztin war wirklich überrascht gewesen, als sie gesehen hatte wie sich die Tür des anderen Behandlungszimmers langsam geöffnet hatte. Wenn sie ehrlich war, hatte sie nicht gedacht das die junge Beamtin das hinbekommen würde. Doch sie wurde eines besseren belehrt. Zuerst schüttelte Thore den Kopf, doch dann nickte er. Tori konnte sich schon denken was das bedeuten sollte. „Wir sollten dich untersuchen lassen und dann bekommst du sicher auch etwas gegen deine Schmerzen." Panisch saher ihr in die Augen und schüttelte wild mit dem Kopf. „Du brauchst keine Angst haben. Die sind hier alle ganz nett und wollen dir nur helfen." Wieder schüttelte er den Kopf und verstärkte seinen Griff an ihrem Oberteil noch etwas. Tori sah ratlos von dem Jungen zur Ärztin und ihren Kollegen hinüber. Die schienen ihre Ratlosigkeit zu bemerken, denn kurz darauf erschien Debbie neben ihnen. „Gut gemacht Tori. Komm wir gehen am besten hier in den Behandlungsraum." Sie wies mit der Hand hinter sich und ging voran. Tori, mit Thore auf dem Arm, folgte ihr. Im Behandlungszimmer versuchte sie Thore auf die Liege zu setzen, doch er krallte sich nur noch mehr bei ihr fest und begann erneut an zu weinen. Tori und Debbie wechselten einen schnellen Blick, dann wandte sich die Ärztin an den Jungen: „Thore, ich bin die Debbie und möchte dir gerne helfen, hmm. Was hälst du davon?" Kurz hob der Angesprochene den Kopf und sah die Ärztin an. Doch dann vergrub er seinen Kopf wieder an Tori's Brust. Unschlüssig hob Debbie die Schultern und sah zu Flo und Peggy. Auch die zwei wussten nicht so recht was sie machen sollten und standen dementsprechend unschlüssig vor dem Schreibtisch. Thore klammerte sich währenddessen noch fester an Tori und schniefte vor sich hin. Tori merkte wie sehr ihm die Sache zusetzte, denn er zitterte am ganzen Körper. Das der Kleine Angst hatte war nicht zu übersehen, doch nur wovor? Vielleicht vor den Ärzten oder gab es doch noch etwas anderes? Um der Sache auf den Grund zu gehen, versuchte sie ihn zu beruhigen und ihn dazu zubekommen sich untersuchen lassen. Sie strich ihm über den Rücken und sprach beruhigend auf ihn ein: „Psst, ist ja alles gut, aber Debbie muss dich untersuchen um sicher zu gehen das es dir gut geht." Thore schüttelte den Kopf, ohne diesen auch nur anzuheben. Sein Griff verstärkte sich nochmals, auch wenn das fast nicht mehr möglich war. Flo und Peggy standen noch immer vor dem Schreibtisch und wechselten ratlose Blicke mit der diensthabenden Ärztin. Auch diese wusste so langsam nicht mehr weiter. Tori startete noch einen Versuch. „Ich weiß das du Angst hast, aber du brauchst keine zu haben. Wenn du möchtest, bleibe ich die ganze Zeit bei dir." Anfangs reagierte Thore nicht, doch dann hob er den Kopf etwas und sah sie mit verweinten Augen an. Auch wenn er nichts sagte, konnte sie die stumme Frage in seinen Augen lesen. Daher nickte sie ihm zu und lächelte ihm aufmunternd an. Thore drehte seinen Kopf in Debbie's Richtung und auch diese sah ihn aufmunternd an. Nur sehr langsam löste sich der eingeschüchterte Junge von Tori, behielt aber ihre Hand fest umklammert. Nachdem er sich soweit von der Polizistin gelöst hatte, half sie ihm auf die Liege. Danach löste sie vorsichtig und langsam ihre rechte Hand aus Thore's Griff. Dieser sah sie sofort panisch an, wollte sofort wieder nach dieser greifen, doch Tori hielt ihn auf. „Keine Angst, ich bleibe hier. Ich stell mich nur etwas nach hier hinten, damit Debbie dich untersuchen kann", erklärte sie dem Jungen und reichte ihm nun wieder die Hand. Thore ergriff diese sofort wieder und klammerte sich an diese als wäre es sein Rettungsring. Derweil hatte Tori sich an den oberen Rand der Liege gestellt und sprach immer wieder beruhigend auf den Jungen vor ihr ein. Debbie begann vorsichtig mit der Untersuchung, behielt aber den Kleinen immer im Blick. Florian und Peggy sahen noch einen Moment zu, denn beschlossen sie zurück zurWache zu fahren. „Wir würden erstmal zurück zur Wache fahren. Wenn ihr nähere Informationen habt, könnt ihr uns dort erreichen. Ansonsten kommen wir später einfach nochmal vorbei", meinte Flo. Debbie nickte: „Gut macht das. Wenn ich die Untersuchungen abgeschlossen habe, ruf ich euch an, dann müsst ihr nicht unbedingt herkommen." „Tori? Du bleibst sicher hier, oder?" Tori nickte. „Wir reden mit Klaus, dann kann er bestimmt was am Dienstplan drehen. Ich ruf dich an sobald ich was weiß, okay?", wollte Peggy wissen. „Ja danke." „Ach kein Problem, mach ich doch gerne." Die beiden Polizeibeamten verabschiedeten sich und verließen kurz darauf die Klinik.

Nach den Untersuchungen wurde Thore auf die Kinderstation gebracht. Natürlich war Tori noch immer an seiner Seite. Selbst wenn sie es gewollt hätte, sie hätte nicht weg gekonnt. Denn noch immer hielt der Kleine krampfhaft ihre Hand fest und hatte auch nicht vor diese demnächst los zulassen. Auf der Kinderstation angekommen wurden sie von Schwester Johanna empfangen. Sie zeigte ihnen das Zimmer und brachte ihnen noch eine Flasche Wasser. „Wenn noch irgendetwas sein sollte einfach klingeln oder ihr kommt zur Schwesternkanzel." Tori nickte und dankte ihr. Nachdem Johanna das Zimmer verlassen hatte, entspannte sich Thore etwas. Tori zog sich einen Stuhl ans Bett und wollte sich gerade setzten, als er wieder nach ihrer Hand griff. Tja damit hatte sich das mit dem Stuhl auch erledigt, dachte sich Tori und ließ sich neben Thore auf dem Bett nieder. „Möchtest du mir erzählen was passiert ist?" Ohne nach zu denken schüttelte er den Kopf, verzog dann aber das Gesicht. „Geht es?", fragte sie besorgt. Wieder ein Nicken, doch dieses Mal langsamer und vorsichtiger. „Du solltest jetzt schlafen." Thore schüttelte mit dem Kopf. Na das kann ja heiter werden, dachte Tori. „Aber du brauchst Ruhe, also keine Widerrede. Jetzt wird geschlafen." Widerwillig kuschelte er sich etwas mehr an sie, doch seine Augen blieben offen. „Soll ich dir eine Geschichte erzählen?" Erneut ein kurzes Nicken als Antwort. „Gut... Es war einmal.....", begann sie zu erzählen. Als die Geschichte zu Ende erzählt hatte, bemerkte sie ein ruhiges und gleichmäßiges Atem. Ein Blick auf Thore bestätigte ihre Vermutung. Der Kleine war endlich eingeschlafen. So langsam machte sich nun auch bei Tori die Müdigkeit wieder bemerkbar und es dauerte nicht lange bis sie ebenfalls eingeschlafen war.



Gefühlschaos und unliebsame ErinnerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt