2. Kapitel

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So muss es sich anfühlen, einen richtig schlimmen Kater zu haben, war das erste, was mir durch den Kopf schoss, als ich wieder zu Bewusstsein kam. Ich hielt meine Augen geschlossen. Sie zu öffnen, erschien mir eine zu große Anstrengung zu sein. Mein Kopf pochte und meine Glieder schmerzten. Es fühlte sich an, als läge ich auf nacktem Stein, doch unter meinen Handflächen konnte ich das raue, kratzige Material einer Pritsche fühlen. Nach einigen Minuten schlug ich die Augen langsam auf und erblickte weit über mir eine steinerne Decke. Genauso langsam wandte ich meinen Kopf zur Seite und erkannte die Fliesen unter mir, sowie die kahle, graue Wand, neben die ich offenbar gelegt worden war. Die Halle sah alles andere als einladend aus. Ganz im Gegenteil, sie wirkte kalt und bedrohlich. Nervös suchte ich den Raum nach Fluchtwegen ab. Ich war zwar noch zu entkräftet, um in Panik auszubrechen, doch ich konnte mich an meine Entführung erinnern und mir war klar, dass ich mich in einer gefährlichen Situation befand. In mir machte sich ein Gefühl der Angst breit, das ich hastig herunterschluckte. Als ich erkannte, dass die Halle nur einen Ausgang hatte, der durch ein Eisengitter versperrt war, stieg erneut die Angst in mir auf. Vor dem Gitter konnte ich eine schwarz verhüllte Gestalt erkennen, die den Ausgang offenbar zusätzlich bewachen sollte. In meinem derzeitigen Zustand war ich keinesfalls zu einem Duell in der Lage. Ich bezweifelte, dass ich es schaffen würde, auch nur meinen Zauberstab lange genug aufrecht zu halten. Mein Zauberstab! Ich konnte ihn nicht an meinem Gürtel spüren. Panisch tastete ich die Pritsche ab, auf der ich lag, doch meinen Zauberstab fand ich nicht. Na toll, die Chancen meiner Flucht waren endgültig ruiniert. Nicht, dass sie jemals sehr gut gestanden hätten. 

„Verschwende nicht deine Zeit. Deinen Zauberstab wirst du nicht finden.", ertönte eine gelangweilte, aber seltsam familiäre Stimme vor dem Eisengitter. Offenbar hatte ich mit meinem aus Angst gesteigertem Atem die Aufmerksamkeit des Wachpostens erregt.

Ich nahm an, dass es keinen Sinn ergäbe, weiter so zu tun, als schliefe ich noch. Deshalb setzte ich mich auf. Dabei bemerkte ich die beiden weiteren Pritschen, die einige Meter entfernt von meiner auf dem Boden lagen. Bedeutete das, ich sollte Gesellschaft erwarten? 

„Was tue ich hier? Was wollen Sie von mir?", fragte ich die vermummte Gestalt, in dem Versuch, kühn und herausfordernd zu klingen. Allerdings konnte ich noch immer einen erschöpften und hysterischen Unterton in meiner Stimme ausmachen.

„Zerbrich dir darüber nicht deinen hübschen Kopf, Prinzessin", antwortete er feixend. Ich war mir sicher, seine Stimme schon mal gehört zu haben. Erst, als er seine Kapuze zurückschlug, konnte ich ihn einordnen. Er war derjenige, der mich in die Ruine gelockt und entführt hatte. Genau aus diesem Grund hätte ich gerne ignoriert, wie gut er aussah. Sein braunes Haar war so dunkel, dass es fast schwarz aussah und hing ihm lässig in die Augen, welche von einem schönen Schokoladenbraun waren. Obwohl er in lange, schwarze Kleidung gehüllt war, konnte ich erkennen, dass sein Körper muskulös war. Er war außerdem hochgewachsen, sicher mindestens zehn Zentimeter größer als ich. Ich konnte mir vorstellen, dass er in einem Anzug umwerfend aussehen würde. Nun, Jeans und ein T-Shirt würden es auch tun. Jedes Outfit war besser als die formlosen, schwarzen Kleider, die er gerade trug.

Ihm musste wohl aufgefallen sein, dass ich ihn anstarrte, denn er wandte sich grinsend ab. Mir schoss die Röte in die Wangen. Rose, er hat dich entführt! Hör auf, dir ihn in einem Anzug auszumalen!

„Siehst du etwas, das dir gefällt?" Er schaute mich wieder an und machte diesmal keine Anstalten, sein selbstgefälliges Grinsen zu verbergen. Langsam begann seine arrogante Einstellung, mich zu nerven. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und setzte mich gerade hin, in dem Versuch, immun gegen seinen männlichen Charme zu wirken.

„Halt die Klappe! Ich nehme an, du hast mich nicht hierher gebracht, damit ich mit dir flirte, also was tue ich wirklich hier?" Ich hatte meine Stimme erhoben, bis ich ihn fast anschrie. 

Entführt und VerliebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt