4. Kapitel

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„Wenn wir sterben, was würde auf eurem Grabstein stehen?", fragte Alexander nachdenklich. Er lag mit dem Rücken auf seiner Pritsche und starrte schon seit längerer Zeit die Decke an.

„Wir werden nicht sterben, okay?!", widersprach ich sofort. Doch ich spürte, wie auch mir die Angst immer wieder die Kehle zuschnürte.

Albus saß mit dem Rücken gegen die kalte Steinwand gelehnt und spielte mit einem Stück Stoff, das er in seiner Hosentasche gefunden hatte. Er stoppte kurz und hob begeistert seinen Kopf. „Also bei mir sollte stehen 'In Erinnerung an Albus Severus Potter: Witzbold, Klassenclown, beliebtester Schüler Hogwarts, Unruhestifter...'"Er lachte laut.

Ich schaute ihn ernst an, musste dann aber auch grinsen, weil es stimmte.

„Wie läuft das eigentlich mit der Toilette?", wollte Alexander wissen und richtete sich hektisch auf. Er schaute mich panisch an.

„Also „gelaufen" ist hier bisher noch gar nichts", bemerkte Albus trocken und lachte dann wieder laut auf. „Wirklich, Alexander? Wir wurden von Todessern gekidnappt und alles worüber du dir Sorgen machst, ist die Toilette?", fügte Albus hinzu. Er grinste breit.

„Naja, unberechtigt ist die Frage nicht." Meine Stimme zitterte leicht. Ich hatte mir bisher darüber noch keine Gedanken gemacht.

„Okay, ich seh' schon. Das scheint euch zwei ja echt zu beschäftigen.", gluckste Albus und erhob sich daraufhin. Er schritt selbstbewusst auf die Wache zu, die sofort den Zauberstab hob. „Hey, Wache", rief Albus, „die Zwei" Er zeigte auf Alexander und mich. „müssen mal."

Der Mann, der komplett schwarz gekleidet, beschwor kurzerhand einen Eimer herauf. Dann öffnete er das Eisengitter und stellte den Eimer innen auf den Boden.

Ich sprang empört auf. „Ist das hier gerade dein Ernst?", schrie ich die Wache an. „Hallo?! Ich bin ein Mädchen! Ich mache nicht in einen verdammten Eimer!"

Die Wache schaute mich mit einem gleichgültigen Blick an und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. Ich stöhnte genervt.

Alexander griff schnell nach dem Eimer und stellte ihn in eine Ecke. Ich hörte, wie seine Hose raschelte und kniff unangenehm berührt die Augen zusammen, obwohl ich ihn sowieso nicht hätte sehen können, da ich mit dem Rücken zu ihm stand. Albus beschäftigte sich derweil wieder mit seinem Stofffetzen. Nach einem schier endlosen Augenblick stellte Alexander den Eimer vor das Eisengitter. Die Wache leerte ihn mit einem Wink seines Zauberstabes. Dann reichte Alexander mir den leeren Eimer. 

„Niemals", flüsterte ich. Soweit kam es noch, dass ich mich hier vor dieser Wache, Albus und Alexander entblößte. Okay, vor Albus war mir das nicht ganz so unangenehm, weil wir schon ewig miteinander befreundet waren. Aber in Anwesenheit von drei Jungen, von denen ich zwei nicht wirklich kannte, wollte ich das nun wirklich nicht tun. Ich stellte den Eimer ab und setzte mich mit angewinkelten Beinen auf meine Pritsche.

„Was willst du tun? In die Hose machen?", fragte Albus belustigt. „Früher oder später musst du es tun."

Ich warf ihm einen wütenden Blick zu.

Er hob beschwichtigend die Hände. „Ich mein ja nur." Er zögerte kurz. „Wenn du willst, kann ich meine Lederjacke ausziehen und sie als Sichtschutz für dich halten."

Ich sah ihn dankbar an.

„Ja und ich kann mich umdrehen und ein Lied summen", bot Alexander lächelnd an.

Ich musste schmunzeln. „Danke, Jungs."

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Einige Zeit später hörte ich, wie das Schloss knackte. Ich sah, wie Nathan den Raum betrat. In seiner Hand hielt er einen kleinen Korb, in dem sich etwas Brot und eine Wasserflasche befanden. „Mahlzeit", sagte er und stellte den Korb in die Mitte des Raumes. Ich saß seitlich an einer der vier Steinwände und malte die Risse der Wand mit dem Finger nach. Mit viel Mühe schaffte ich es, Nathan nicht anzusehen. Ich spürte, wie sich Albus neben mich auf die Pritsche setzte. Kauend reichte er mir etwas Brot. „Du solltest etwas essen."

Entführt und VerliebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt