Prolog

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Zwei Jahre später

Hermine Granger blickte gedankenverloren aus dem Fenster und beobachtete fasziniert, wie sich die Wassertropfen an der Fensterscheibe absetzten. Es regnete jetzt schon den zweiten Tag ununterbrochen und sie hatte beide Tage drinnen vor dem Kamin verbracht, gestern mit ihrem Mann zu Hause und heute mit ihrer Tochter Rose Granger-Weasley, die gerade das Wohnzimmer betrat. Vor ihr schwebten zwei dampfende Tassen Tee durch den Raum. Mit einer kurzen Zauberstabbewegung landeten die Tassen sanft auf dem Tisch vor Hermine. Rose ließ sich auf den gegenüberliegenden Platz nieder. Sie seufzte wohlig, als sie begann, den Tee zu schlürfen.

„Wie geht es mit deiner Ausbildung voran?", fragte Hermine ihre Tochter.

Rose Granger-Weasley hatte vor ungefähr einem Jahr im Sankt-Mungo-Hospital eine Ausbildung zur Heilerin angefangen.

„Noch trauen mir die meisten nicht viel zu, weil ich zu wenig Erfahrungen habe. Aber letzte Woche durfte ich immerhin bei einer hochkomplizierten Gehirnregeneration zuschauen. Ich hoffe nur, dass ich selbst einmal Menschen heilen kann." Rose nahm noch einen Schluck von dem dampfenden Tee.

„Das wird schon. Bei mir war das nicht anders. Du weißt ja, als ich im Ministerium angefangen habe, war ich zunächst die Sekretärin des Büros gegen den Missbrauch der Magie. Und sieh, wo ich jetzt bin." Sie lächelte stolz. „Man muss sich hocharbeiten."

Rose nickte zustimmend.

„Auf jeden Fall bin ich gespannt darauf, wenn ich als alte Oma zu dir ins Sankt Mungo komme und mich behandeln lasse", sagte Hermine und lachte.

Rose stimmte mit ein. „Bis dahin dauert es noch."

„Das hast du früher auch gesagt. Vor acht Jahren, als wir auf dem Gleis 9 ¾ standen, sagtest du: 'Es dauert ja noch soo lange, bis ich mit der Schule fertig bin'". Hermine lachte wieder herzhaft. „Und jetzt arbeitest du im Sankt Mungo."

Rose schmunzelte. Die Schulzeit. Schmerzhaft erinnerte sie sich daran, wie Albus und sie einmal im dritten Schuljahr zu spät zu Professor Binns Unterricht gekommen waren und sie als Strafe gemeinsam die Vorratskammer von Professor Slughorn aufräumen mussten, ohne Zauberstäbe natürlich. Albus und sie hatten die ganze Zeit nur gelacht und sich die Kräuter um die Ohren geworfen. Bis tief in die Nacht hinein hatten sie letztendlich gebraucht, um die Kräuter und Tränke zu sortieren. Als Rose weit nach Mitternacht zum Gryffindorgemeinschaftsraum zurückkehrte, waren alle schon lange schlafen gegangen. Am nächsten Tag waren sie beide zwar todmüde, aber sie hatten den Augenblick genossen und hatten Spaß gehabt. Rose und Albus waren immer noch gut befreundet. Besonders der Sommer vor dem siebten Schuljahr hatte ihre Freundschaft sehr geprägt. Bei dem Gedanken an dieses einschneidende Erlebnis hatte Rose gar nicht bemerkt, dass sie Tränen in den Augen hatte.

Hermine hatte sie die ganze Zeit aufmerksam gemustert und stand jetzt auf, um ihre Tochter in eine zärtliche Umarmung zu ziehen.

„Rose..." Ihre Stimme erstarb und die Benannte vergrub ihre Nase in den herrlich duftenden Haaren ihrer Mutter.

Hermine zog ihre Tochter zu dem grünen Ledersofa, das genau in der Mitte des Raumes stand. „Es ist so viel geschehen. Und nicht alles ist schlecht. Bitte vergiss das nicht."

„Ich weiß." Rose richtete sich auf, blinzelte schnell die Tränen weg und setzte sich richtig hin. „Es holt mich nur immer wieder ein, in Momenten, wo ich schwach bin."

„Du bist nicht schwach, Rose. Das warst du noch nie. Wenn du schwach gewesen wärst, dann hättest du nicht überlebt.", stellte Hermine fest und lächelte ihre Tochter voller Wärme an. „Möchtest du darüber sprechen?"

Rose nickte zögerlich. Eigentlich hatte sie das Geschehene schon tausend Mal mit ihrer Mutter besprochen. Aber da es sie nach zwei Jahren immer noch beschäftigte, brauchte sie ab und zu jemanden zum Reden. Hermine Granger war die beste Zuhörerin, die es auf dieser Welt gab. Und mit ihrer Lebenserfahrung als Kriegsheldin hatte sie immer einen Rat parat.

Rose holte tief Luft und begann zu erzählen: „Kannst du dich noch daran erinnern, dass du mich überzeugen wolltest, mir in den Ferien einen Job zu suchen?"

Hermine schmunzelte. „Ja, natürlich. Du wolltest unbedingt in Fortescues Eissalon arbeiten, aber bei dieser Arbeit hättest du zaubern müssen."

„... was ich natürlich außerhalb von Hogwarts nicht durfte. Also schaute ich mich in Muggel-London um und fand schließlich einen Job bei 'Call a pizza'."

Der Tag, an dem alles begann, sah zunächst nach einem ganz normalen Sommertag aus. Aber bereits nach einer Stunde war sowohl für Hermine Granger als auch für Rose Granger-Weasley klar, dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war...

Entführt und VerliebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt