14 Alarm

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Es ist spät in der Nacht als der erste Alarm ausgelöst wird. 

Dennoch bin ich sofort hellwach. Natasha liegt nicht mehr an meiner Seite und ist offensichtlich zurück in ihr eigenes Zimmer geschlichen. 
Auf dem Flur erklingen laute Schritte und ich setze mich auf.
Wenige Sekunden später wird die Tür zu meinem Zimmer aufgerissen und Steve platzt herein. 

"Ist bei dir alles klar?" fragt er besorgt. "Sind deine Fenster okay?" 
Ohne eine Antwort abzuwarten marschiert er durch den Raum und prüft ob die großen Fenster in Ordnung sind. 
"Was ist passiert?" ich reibe mir die Augen und schaue mich besorgt um. 

"Jemand hat versucht hier einzusteigen. 
"Wo?" ich reiße die Augen auf. 
"Unten in der Küche. Eines der Fenster ist weg" 
"Wie meinst du das?" 
"So wie ich es sage: Das Glas wurde professionell entwendet. Wer auch immer das war hat dann erst auf dem Weg zum Treppenhaus den ersten Alarm ausgelöst und ist dann wieder raus" 
Ich schlucke heftig. Sie sind hereingekommen. Sie haben es geschafft ins Haus einzudringen. 
"Sind alle okay?" will ich wissen und habe ehrlich Angst vor der Antwort. Er nickt hektisch.
"Es geht allen gut" Erleichtert atme ich aus. Das ist die einzig gute Nachricht.
"Aber auch Tony sieht es jetzt ein: Wir müssen hier raus!" stellt er ernst klar. "Komm mit!" 


Ich stehe auf und folge ihm die Treppen hinunter, durch den Flur ins Wohnzimmer, wo ein kalter Wind durch die Küche hinein weht. 
Alle anderen haben sich schon am Esstisch versammelt. 
Tony steht am Ende des Tisches und fummelt am Fernseher herum, auf dem er uns wohl gleich die Videos abspielen will, die die Überwachungskameras zeigen. 
"So, jetzt haltet mal bitte alle die Klappe!" ruft er in den Raum und bekommt so die Aufmerksamkeit aller. 
"Was hier gerade passiert ist darf so nie wieder vorkommen. Aber das wird es, wenn wir hier nicht wegkommen!" 
Er drückt auf einen Knopf an der Fernbedienung. Das Fernseher geht zwar an, zeigt aber die aktuellen Nachrichten und keine der Aufnahmen die die Kameras gemacht haben. 
"Verdammt" er will ihn gerade wieder ausschalten, da hält Clint ihn auf. 
"Warte! Sie reden über uns!" er deutet auf den Bildschirm und sofort herrscht Ruhe im Raum.

Die Nachrichtensprecherin redet über die Ereignisse im Supermarkt vor wenigen Tagen. 
Sie sagen, die Avengers wären nach einer längeren Pause zurück im Dienst, da man seit den Ereignissen in Sokovia nichts mehr von uns gehört hat.
Dann zeigen sie Bilder vom Kampf um meine Stadt. Kurze Aufnahmen von Tony in seinem Anzug, Natasha wie sie einen der Roboter enthauptet und auch mich nehmen sie mit rein, wie ich auf der Brücke meine Kräfte aufleuchten lasse. 
Schließlich wird ein Video gezeigt, welches wohl von einem der Zivilisten mit einem Handy aufgenommen wurde. 
Es zeigt Clint, wie er den Jungen rettet und dann meinen Bruder, der sich schützend in den Weg stellt als der Kugelregen auf sie niederprasselt und so Clint und den Kleinen rettet. 
Ich schlucke heftig als Pietro's Körper mit dem kalten Boden kollidiert und Menschen von hinter der Kamera laut kreischen. 

Plötzlich schauen mich alle an. Ich kann nicht sagen was sie fühlen: Ob es ihnen unangenehm ist oder ob sie mir mit Blicken sagen wollen wie leid es ihnen tut. 
Ich atme schwer durch bevor ich aufstehe. 
"Entschuldigt mich"murmele ich, mehr zu mir selbst als in die Richtung der Anderen. 
"Wanda warte!" höre ich Nat noch rufen, aber ich drehe mich nicht mehr um. 
Die Tränen laufen mir schon die Wangen hinunter und um keinen Preis will ich, dass mich jemand so sieht. 

Kaum bin ich um die Ecke, stürme ich die Treppe hoch und finde den Weg in mein Zimmer, wo ich mich auf das, noch warme Bett werfe und meinen Kopf in den Kissen vergrabe. 
Einen Moment lang überlege ich zu schreien, aber das würde bloß die Aufmerksamkeit der Gruppe auf mein Zimmer lenken und ich will nicht, dass sie sich Sorgen machen.
Also lasse ich einfach nur die Tränen laufen. 
Und wo sie einmal da sind, hören sie gar nicht mehr auf zu laufen. Sie fließen und fließen.
Für meine Eltern, für Pietro und Hell. 
Meine Wangen sind schon nach einigen Minuten durchnässt und meine Augen brennen, während meine Sicht verschleiert ist. 
Jeder den ich je geliebt habe ist von mir gegangen. Es ist wie ein schrecklicher Fluch, wie ein schlimmer Traum aus dem ich nie aufwache. 
Was passiert also wenn ich wieder anfange zu lieben? Wenn ich mein Herz wieder den Menschen öffne? 
Werden sie dann alle sterben? 
Ich schlucke heftig und setze mich auf, drehe mich mit dem Gesicht zur Wand und starre Löcher in die Luft. 
Ich gebe mir mühe möglichst lange nicht zu blinzeln und einfach geradeaus zu schauen, aber als meine Augen randvoll sind mit neuen Tränen gebe ich schließlich auf. 

 Jemand klopft an den Türrahmen.Ich wende meinen Blick von der grauen Wand zur Tür
"Ist alles okay?" will Natasha wissen.
Ich nicke und wische mir die Straßen aus Salz von der Wange.
"Das was mit deinem Bruder passiert ist" stottert sie. "Tut mir unendlich leid"
Ich winke ab.
Nicht weil es okay ist, aber weil mir nicht danach ist, jetzt darüber zu sprechen.
"Ich weiß, dass ist nur ein kleiner Trost aber...sein Mörder ist tot und- Tut mir leid"
Ich nicke.
Ja Ultron ist tot. Ich habe ihm das Herz persönlich aus der Brust gerissen. Aber das gleiche gilt für meinen Bruder, für mein Zuhause und für Hell, welche ich schon vor Jahren loslassen musste. 


Natasha setzt sich neben mich auf das Bett.
"Unten fliegen gerade ordentlich die Fetzen. Steve sagt, es wäre besser wenn wir uns alle einzeln oder in kleinen Gruppen verstecken. Und dieses mal über den ganzen Globus verteilt. Denn...Es war wieder der selbe Eindringling weißt du?"
Ich nicke. "Danke fürs Bescheid sagen"

Ich weiß ehrlich gesagt nicht wem ich Recht geben soll; Tony oder Steve. 
Denn es gibt keinen Ort, wo ich hingehen könnte.
Keine Person die mich vermissen würde.
Und dieses Haus, in welchem Tony uns  für die Zeit untergebracht hat ist mein einziger Zufluchtsort.

Nat's Finger streichen über meine Hand.
"Wenn du mich brauchst" meint sie. "Bin ich im Zimmer nebenan. Ich werde mir das da unten nicht noch weiter anhören" 
Wieder nicke ich.
"Natasha?"
"Ja?" sie steht schon an der Tür.
"Danke"
Sich lächelt, und ich meine sogar eine leichte Röte auf ihren Wangen gesehen zu haben.
"Das mache ich gerne Wanda"

Mein Blick fällt auf's Fenster, von wo man eine perfekte Aussicht in den Garten hat.
Ich reiße die Augen auf. "Natasha?"
Ich schnippe mit dem Finger in ihre Richtung.
 "Was ist denn noch?" sie lacht, aber das lachen vergeht ihr sofort, als sie das sieht was ich meine.
"Scheiße!" sie verschwindet und bald darauf höre ich wie sie die Treppe hinunter sprintet. 


Ich bin wie eingefroren. Nicht in der Lage mich zu bewegen.
Denn das was ich sehe, lässt mir einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen.
Die große Kastanie im Garten des Hauses steht in Flammen und auf den Rasen hat jemand mit blutroter Farbe zwei Wörter geschrieben:

HEIL HYDRA.

wanda II back for youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt