11. Kapitel

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"Ja", sagte er kaum hörbar.
Mein Herz stockte. Ich schaute mich in der Runde um. Die meisten kannte ich aus der Schule, zumindest vom Sehen.
Die anderen sahen sich auch kurz um und ein paar Mädchen wurden sogar rot. An was die wohl grade gedacht hatten? Ich grinste.

Dann spielten wir weiter, als wäre nichts gewesen. Nach ein paar Minuten stand Justin auf und ging rein. Ich folgte ihm, da ich auch keine Lust mehr hatte weiterzuspielen. Drinnen sah ich grade noch, wie er ein Cocktailglas an seine Lippen ansetzte.

"Denk daran das du mich noch mit dem Auto nach Hause bringen musst. Und zwar heil", rief ich laut, um den Lärm zu übertönen. Justin zuckte zusammen und drehte sich um.

"Du hast recht, ich trinke lieber nichts. Nicht das dir nachher noch was passiert." Er wirkte irgendwie unkonzentriert, als wäre er mit seinen Gedanken woanders.

Um kurz nach eins machten Justin und ich uns dann auf den Heimweg.
Auf dem Weg zum Auto merkte ich, wie langsam die Wirkung des Alkohols einsetzte. Es war aber nicht so schlimm wie an manch anderen Tagen, da ich nicht soviel getrunken hatte und auch viel an der frischen Luft gewesen war.

Am Auto angekommen stiegen wir ein und fuhren los. Nach fast 20 min Fahrt fing Justin plötzlich an zu sprechen: "Du Anna, können wir vielleicht mal kurz reden?"

"Klar, worüber denn?"

"Ich will das jetzt nicht während dem Fahren machen. Am besten halte ich gleich mal an."

Er bog auf einen Feldweg ab und kurz darauf kamen wir auf einem verlassenen Parkplatz an. Moment mal, war das nicht der See, an dem wir in letzter Zeit öfters baden waren? Ich glaube schon.

Als das Auto stehen geblieben war, stiegen wir aus und gingen schweigsam in Richtung des Sees. Dort angekommen, schauten wir uns nach einer guten Sitzgelegenheit um und fanden einen Steg, auf dem eine Bank stand.

Auf dieser nahmen wir Platz und ich fragte: "Ok, worüber willst du reden?"

"Weißt du, ich habe in letzter Zeit viel nachgedacht. Das was ich dir letztens gesagt habe, also das ich dachte, dass ein Kontaktabbruch für uns beide besser wäre, stimmt nicht. Ich dachte, dass er für MICH besser wäre, weil ich wusste, das du für mich nicht die gleichen Gefühle hattest wie ich für dich. Außerdem hatte ich Angst, einer Frau, also dir, zu vertrauen und so, weil mein Dad damit schon ziemlich schlechte Erfahrungen hatte. Nach einiger Zeit habe ich dann aber festgestellt, das es schon zu spät war und ich nicht mehr ohne dich kann."

"Was...was willst du mir damit sagen?", frage ich verunsichert. Mein Herz schlug so doll, dass er es hören musste.

"Ich will damit sagen, dass...", er atmete einmal tief durch und schien mit sich selbst zu kämpfen, "dass ich mich in dich verliebt habe. Schon seit dem ersten Moment, wo du in mich reingelaufen bist."

Ich erstarrte. Es schien so, als wäre auf einmal aller Alkohol aus meinem Körper verschwunden und ich konnte wieder normal denken. Das tat ich auch und plötzlich wurde mir so einiges klar.

Ich sah ihm ins Gesicht und wollte grade etwas sagen, als ich in seinen Augen Tränen schimmern sah. Oder bildete ich mir das nur ein? Justin drehte sich weg und murmelte: "Sorry, das ich das gesagt habe, ich habs irgendwie einfach nicht mehr ausgehalten."

Als ich nicht reagierte stand er auf und ging. Nach einer halben Minute erwachte ich dann aus meiner Schockstarre und rannte ihm hinterher. Ich dachte, er wäre beim Auto, doch dort konnte ich ihn nicht finden. Also ging ich zurück zum Strand und sah ihn dann ca. 50m neben dem Steg stehen. Er hatte die Hände in seinen Hosentaschen vergraben, die Kapuze seines Hoodies auf dem Kopf und starrte irgendwo in die Ferne.

Ich rannte auf ihn zu und wollte mich vor ihn stellen um ihm in die Augen zu gucken, doch er drehte seinen Kopf weg. Daraufhin fragte ich einfach:
"Wieso bist du davon ausgegangen das ich mich nicht in dich verliebt habe?"

Jetzt drehte er seinen Kopf doch zu mir und ich sah, dass er weinte. Anscheinend hatte ich vorhin doch recht gehabt und es war ihm offensichtlich peinlich.

"Du hast doch selbst gesagt, dass ich ein 'verdammtes Arschloch' bin", erwiderte er.

"Aber das war doch ganz am Anfang, ich kannte dich doch noch gar nicht richtig!",sagte ich sanft.

"Soll das heißen das du...", fing er mit hoffnungsvollem Blick an.

"Ja, ich habe mich auch in dich verliebt, Justin!"

Daraufhin lächelte er, als wäre eine riesige Last von seinem Herzen gefallen, und nahm mein Gesicht in seine Hände.
Dann küsste er mich zärtlich. Erst erwiderte ich es kaum, da ich ziemlich unsicher war, doch mit der Zeit traute ich mich mehr und wir wurden immer intensiver und energischer. Nach wenigen Minuten ließen wir dann schwer atmend von einander ab und sahen uns tief in die Augen.

"Wow! Wie lange ich darauf schon gewartet habe", flüsterte er. Seine Lippen waren ein bisschen angeschwollen, doch seine blauen Augen strahlten.

"Das war mein erster Kuss", erwiderte ich genauso leise.

Justin schaute mich überrascht an: "Echt? Und ich war schon fast eifersüchtig auf den Typen der dir beigebracht hat, so gut zu küssen." Er lachte leise.

"Ich bin wohl einfach ein Naturtalent", sagte ich grinsend.

"Wenn wir nun schonmal dabei sind...", fing er nach einer Weile an zu reden, "willst du mit mir zusammen sein? Oder sind wir das jetzt sogar schon?"

Als Antwort drückte ich meine Lippen kurz auf seine und murmelte "Ja!"

Daraufhin lächelte er nur. Wir standen noch eine Weile am Ufer, bis er vorschlug, Decken aus dem Auto zu holen und noch ein bisschen hier zu bleiben um den Sonnenaufgang zu beobachten.

Das taten wir auch und da mir trotz den Decken noch kalt war, gab er mir seinen Hoodie. Ich freute mich riesig darüber, weil ich sowas schon tausende Male in Büchern und Filmen gesehen, aber noch nie selbst erlebt hatte. Der Pullover roch sogar nach Justin und ich kuschelte mich in ihn ein. Dann legten wir uns hin und sahen in die Sterne. Ich legte meinen Kopf auf Justins Brust ab, und er streichelte meine Haare.

Als ich irgendwann aufwachte, erinnerte ich mich direkt an gestern (bzw. ja eigentlich heute morgen)
und musste lächeln. Wir lagen genauso wie beim Einschlafen und Justin schaute mich an.

"Guten Morgen, Süße. Du wurdest vorhin übrigens angerufen", sagte er zärtlich und mir fielen meine Eltern ein.

"Ach du scheise, ich hatte meiner Mom versprochen, bis um spätestens 3 Uhr wieder zuhause zu sein."

Bis in die Ewigkeit und noch weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt