9. Kapitel

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Meine Mutter brachte mir das Paket und ich öffnete es sofort. Als erstes stachen mir zwei kleine Dosen ins Auge. Behutsam nahm ich sie heraus und öffnete die erste.

Mein Atem stockte. Darin befanden sich zwei goldene Ohrringe, so wie ich sie mir schon seit zwei Jahren wünschte. Ich hatte mal ein Mädchen mit solchen Ohrringen gesehen und wollte sie unbedingt auch haben, doch ich hatte sie nirgendwo gefunden. Wirklich, ich hatte überall geguckt: bei Juwelieren, Drogerien und auch im Internet. Es war mir ein Rätsel, woher er sie hatte und woher er überhaupt wusste, dass ich die haben wollte. Ich meine, ich hatte ihm das ganz am Anfang erzählt und auch ziemlich genau beschrieben, doch ich hatte ja nicht mal ein Foto. Außerdem dachte ich, dass er nicht mal richtig zugehört hatte, weil ihn sowas ja eigentlich nicht interessiert.

In der zweiten Dose war eine dazu passende Kette. Sie war sogar noch schöner als die Ohrringe.

Außerdem waren in der Box noch viele andere kleine Sachen, von denen ich mal erzählt hatte das ich sie mag oder so. Z.B.Toffifee, eine Gesichtscreme die ich jeden Abend benutzte, eine Tüte meiner Lieblingsgummibärchen und noch vieles mehr. Wie hatte er sich das alles gemerkt? Ich meine, die meisten der Dinge hatte ich grade mal in einem Halbsatz kurz erwähnt.

Da viel es mir plötzlich ein: bei unserem Konflikt im Auto hatte ich gesagt, das er sich an nichts mehr erinnert und jetzt wollte er mir das Gegenteil beweisen.
Irgendwie war das ja auch voll süß.

Meine Vermutung bestätigte sich, als ich auf dem Boden des Kartons eine Karte fand, mit den Worten:

"Ich erinnere mich an an jedes
einzelne Wort!
Alles Gute zum Geburtstag, dein Justin"

Als ich dann später in der Schule ankam, erzählte ich das alles Eva. Auch sie gratulierte mir zum Geburtstag und schenkte mir ein selbst bedrucktes tshirt, von dem sie das Partnershirt hatte. Dazu bekam ich noch eine kleine Box mit, naja, ich sag einfach mal Mädchenkram.

Justin konnte ich nirgends entdecken, obwohl ich mich eigentlich bei ihm bedanken wollte. Ich überlegte sogar, ob ich ihm nun verzeihen sollte, aber da  war ich mir noch nicht ganz sicher.

In der 2. Stunde knackte dann auf einmal der Lautsprecher im Klassenraum. Anscheinend wollte der Direktor oder so eine Ansprache machen.

Doch was dann passierte, hätte ich niemals  erwartet.

"Hey Leute, das hier ist eine Nachricht für Anna Wilson: das was ich getan habe war falsch von mir und ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen. Das geht aber leider nicht und deswegen möchte ich mich nun vor der ganzen Schule bei dir entschuldigen, damit du weißt, wie ernst ich es meine. Es tut mir wirklich sehr leid und vielleicht können wir heute nach der Schule nochmal reden. Wenn du das nicht möchtest, werde ich es natürlich akzeptieren, aber ich würde dich bitten, mir noch eine einzige Chance zugeben. Du bist mir nämlich ziemlich wichtig und es würde mir mein Herz brechen, wenn ich dich verlieren würde."

Schon bei den ersten zwei Wörtern erkannte ich Justin's Stimme. Nach dem  ersten Satz lief ich rot an und am Ende wäre ich gerne im Erdboden versunken.

Als ich aber länger darüber nachdachte, schämte ich mich nicht mehr. Eher im Gegenteil, ja jetzt war ich sogar ein bisschen stolz auf mich. Ich meine, ich hatte nichts verbrochen oder so.

Ich setzte einen selbstbewussten Blick auf und schaute hoch, da ich bis jetzt nur auf meinen Tisch gestarrt hatte. Alle Augen der Klasse lagen auf mir und langsam fingen alle an zu tuscheln.

Viktoria fing sogar an zu weinen, da sie fest davon ausgegangen war, dass Justin auf sie steht. Er hatte sie in den letzten Wochen immerhin zweimal an angelächelt. Also wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl war, dann weiß ich auch nicht weiter. Ich musste grinsen.

Victoria und ihre Clique waren echt nicht die Hellsten.

Dann ging der Unterricht auch schon wieder normal weiter. Konzentrieren konnte ich mich jetzt natürlich nicht mehr, da ich mit meinen Gedanken ganz woanders war.

Als die Stunde dann endlich vorbei war, sprang ich direkt auf, um zu Justin zu gehen, doch auf dem Flur wurde ich von Victoria & Co aufgehalten: "Anna bleib mal stehen, wir haben da noch was zu klären!"

"Was ist denn?!", entgegnete ich genervt.

"Was immer da auch zwischen dir und Justin läuft, du wirst dich in Zukunft von ihm fernhalten!"

Ich lachte: "Warum sollte ich?"

"Weil wir das sagen!", sagte Cecilia kalt.

"Oh nein, jetzt hab ich aber Angst." Woher hatte ich plötzlich soviel Selbstbewusstsein? Wahrscheinlich lag es einfach daran, das ich voll mit positiver Energie war und gar keinen Platz für Panik oder ähnliches hatte.

"Du weißt schon, dass wir dich in wenigen Ta-", weiter kam Cecilia nicht, da sie unterbrochen wurde.

"Lasst Anna in Ruhe und verpisst euch gefälligst!" Justin stand hinter mir und schon drehten sie sich um und gingen. Natürlich nicht ohne Justin noch ein zuckersüßes Lächeln zuzuwerfen.

Als sie endlich aus meinem Sichtfeld verschwunden waren, drehte ich mich um und sprang Justin in die Arme. Er gab ein überraschtes Geräusch von sich doch er schaffte es, nicht unter meinem Gewicht umzubrechen.

"Heißt das etwa, du verzeihst mir?", fragte er mich hoffnungsvoll.

Ja, das hieß es, dachte ich mir. Ich entschied mich aber, ihn noch kurz zappeln zu lassen: "Ähh...naja... eigentlich hab ich mich nur gefreut das diese angeberischen Zicken endlich weg sind."

Der hoffnungsvolle Blick verschwand aus seinem Gesicht und er ging einen Schritt zurück.

Ich musste lachen: "Nein Spaß, natürlich verzeihe ich dir. Wie könnte ich auch anders. Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen!"

Nun lächelte er breit: "Wirklich? Ich hatte grade echt Angst."

"Ja wirklich! Ach übrigens, vielen Dank für die Geschenke! Wo hast du denn die Ohrringe gefunden, ich hab die wirklich nirgendwo gesehen?"

"Die habe ich bei einem Goldschmied anfertigen lassen."

"Ach du Scheiße, ist das etwa echtes Gold? Das muss ja teuer gewesen sein!"

"Ja ist echtes Gold, aber ich muss jetzt zum Unterricht, sonst komme ich zu spät."

"Ok. Vielleicht können wir später nochmal schreiben."

Den restlichen Schultag war ich die meiste Zeit abgelenkt, aber es war mir egal, da ich mich nach langer Zeit endlich wieder richtig gut fühlte.

Eva kam direkt nach der Schule mit zu mir nach Hause und dann fuhren wir auch schon los.

Am Strand erzählte ich meinen Eltern, was heute geschehen war. Leider waren sie nicht so begeistert wie ich gedacht hatte. Zumindest meine Mutter.

Bis in die Ewigkeit und noch weiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt