,, Spencer?", räusperte das Mädchen sich, als sie das erste Kleid an hatte und aus der Umkleide gekommen war. Es hatte etwas gedauert aber letztendlich war sie froh darüber, endlich wieder etwas alleine geschafft zu haben.
Reid schaute zu ihr hoch und stand dann von seinem Sessel auf.
,, Wie findest du es?", fragte er mit trockenem Hals.
,, Es ist ganz okay..."
,, Fühlst du dich wohl darin?"
,, Relativ... aber ich denke, es ist gut. Die anderen Kleider, die noch in der Umkleide hängen, sind zu aufdringlich, außerdem-", sie wurde von dem Klingeln von Reids Handy unterbrochen. Auffordernd blickte sie Spencer an, wollte er etwa nicht ran gehen?
,, Sprich ruhig weiter."
Das Handy klingelte immer noch.
,, Willst... willst du nicht lieber ran gehen?", fragte sie verwundert und zupfte das Kleid etwas zurecht.
Die Frage beantwortete sich von selbst, als das Handy verstummte.
,, Also, was wolltest du noch sagen?"
,, Ich denke, ich würde dieses Kleid nehmen." Eigentlich wollte sie nur schnell wieder in ihre normalen Klamotten.
,, Sicher", lächelte Spencer. Er hätte nicht gedacht, dass shoppen so schnell ging. Aber vielleicht sollte er das nicht verallgemeinern. Garcia hätte es in dieser Zeit nicht einmal zu einem Schal geschafft.
Etwas entspannter ging Jessy wieder in die Umkleide, fing an sich umzuziehen. Plötzlich klingelte Spencers Handy erneut. Sie hörten ihn aufstöhnen und schließlich doch ran gehen. Ein paar Wörter konnte sie mitbekommen.
,, Ja, Reid?....Oh, hallo Hotch.... Ich konnte nicht.... ja...WAS?... Heute? Jetzt? Sofort?... Ich weiß!... Ich beeile mich!... Bis später!" Die letzten Worte schrie Spencer fast ins Mikro und sprang dann auf.
,, Jessy? Jessy?! Wie weit bist du? Wir müssen los, schnell!", schrie Spencer panisch und suchte seine Jacke und Tasche zusammen.
,, Ich brauche noch eine Minute...", sagte Jessy verwirrt und versuchte in ihre Hose zu kommen.
,, Gib mir bitte das Kleid raus, ich möchte es schon bezahlen", stammelte Reid und griff mit zitternder Hand nach dem Kleid, dass Jessy aus der Umkleide hielt.
Schnell rannte er zu der Kasse und klatschte das Kleid auf die Tresen.
,, Nehmen sie VISA?"Humpelnd und mit verwuschelten Haaren stolperte Jessy zu den gerade bezahlenden Spencer. Er sah sehr hektisch aus und war genervt von dem Verkäufer.
,, Einen schönen Tag noch, Mr.", verabschiedete sich der Verkäufer höflich und übergab Reid das verpackte Kleid.
,, Danke sehr, auf Wiedersehen.", knurrte Spencer, dem das alles viel zu langsam gegangen war. Überrascht stieß er gegen Jessy, die direkt hinter ihm stand. Schnell fasste er sie an den Schultern, damit sie nicht umkippte. Erschrocken sah sie ihn an.
,, Was ist los?", fragte sie während Spencer sie los ließ und dann vorwärts schob.
,, Hotch hat mich angerufen", murrte Spencer und wurde mit jedem Schritt unbewusst schneller.
,, Was hat er gesagt?", stotterte sie, überanstrengt mit Spencer Schritt zu halten.
,, Doktor Willow hat seine Drohungen in die Tat umgesetzt und-"
,, Spencer, nicht so schnell!", unterbrach Jessy ihn, die immer noch von ihm geschoben wurde.
,, Oh, oh... entschuldige", stotterte Reid und blieb stehen. Erneut hielt er das leicht taumelnde Mädchen fest.
,, Kannst du weiter?", fragte er und ging schon wieder die nächsten Schritte, bevor sie überhaupt nicken konnte.
,, Doktor Willow hat seine Drohungen in die Tat umgesetzt, Jessy. Das Jugendamt steht vor meiner Tür und ich bin nicht da. Da sie mich nicht erreichen konnten, riefen sie bei Hotch an. Jetzt wartet gerade eine Mitarbeiterin vor meiner Haustür und will sich nach dir erkundigen."
,, Das kriegen wir schon hin....", flüsterte Jessy besorgt. Sie spürte ein brennen in der Brust, was sollte das heißen? Musste sie weg von Spencer?
,, VERDAMMT, UND DAS JETZT!", brüllte er und schlug seine Autotür zu. Erschrocken zuckte Jessy zusammen.
,, Es wird schon klappen...", versuchte sie ihn schüchtern zu beruhigen. Sie hatte plötzlich viel mehr Respekt vor ihm. Langsam ließ sie sich auf ihren weichen Sitz sinken.
,, Können sie denn nicht noch ein paar Tage warten?!", brummte Spencer und raufte sich die Haare, warum musste das jetzt, vor der Beerdigung, passieren?
Jessy beobachtete ihn ganz still und leise von der Seite. Als Reid realisierte, dass er gerade alles viel schlimmer gemacht hatte, fasste er sich gleich nochmal stöhnend durch die kurzen braunen Locken.
,, Tut mir Leid, Jessy. Ich wollte nicht laut werden aber es ist gerade einfach so ungünstig!", entschuldigte er sich halbherzig. Er startete den Motor und fuhr sofort los.
,, Es ist okay, ich verstehe", hauchte sie, verärgert darüber, dass sie gerade wieder so eingeschüchtert war.
Es herrschten ein paar Minuten stille, bis Spencer diese mit ungewohnter ernster Stimme brach und die Lage erklärte.
,, Jessy, es wird gleich darum gehen, wo du die nächste Zeit bleiben wirst. Vielleicht wird es auch darum gehen, wo du in deiner Zukunft bleiben wirst. Ich weiß nicht, was deine Wünsche in dieser Hinsicht sind, aber das Jugendamt ist sehr streng mit den Entscheidungen. Wird es irgendwelche Mängel in meiner Wohnung geben oder ihnen allgemein etwas schlechtes auffallen, wirst du nicht mehr bei mir wohnen können."
Er hatte keine gute Chancen, nicht einmal ein eigenes Zimmer konnte er ihr bieten. Außerdem sah er sich nicht gerade als potenziellen Vater oder ähnliches...
Deswegen hakte er noch einmal nach.
,, Natürlich kannst du beim Jugendamt auch deine schlechten Erfahrungen berichten und ihnen sagen, wie es dir bei mir geht", sagte er mit trockenem Hals. Er wollte sie gerne bei sich behalten, aber wollte sie auch bei ihm bleiben?
,, Ich überlege mir etwas", waren ihre einzigen Worte. Er machte sich verrückt über die Bedeutung der Wörter. Wollte sie ein gutes Wort für ihn einlegen oder eher ins kalte Wasser schubsen?Anders der Erwartungen der beiden, stand anstatt der Jugendamt-Tussi aus dem Krankenhaus ein junger Mann vor Spencers Wohnungstür. Er lächelte sympathisch zu Jessy runter und gab Spencer die Hand, was Spencer ausnahmsweise erwiderte.
,, Entschuldigen Sie nochmal die Verspätung", erwähnte Spencer während er die Tür aufschloss.
,, Ist schon in Ordnung, ich habe schon wesentlich schlimmeres erlebt bei Hausbesuchen", lachte der junge Mann der sich als Sebastian Burton vorgestellt hatte. Etwas gezwungen lachte Jessy mit und humpelte den zwei Männern voraus in die Wohnung.
,, Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?", begann Spencer und führte Mr. Burton in das Wohnzimmer an den großen Tisch. Glücklicherweise sah man dem Sofa nicht auf dem ersten Blick an, dass dort jemand drauf schlief.
,, Ein Wasser, gerne."
Während Spencer etwas zu trinken holte, setzte sich Jessy gegenüber von Mr. Burton. Sie lächelte unbeholfen und lehnte ihre Krücken an den Tisch.
,, Also, Jessica, wie geht es dir?", fing er an rückte seine Krawatte zurecht.
,, Es geht mir gut", log sie und lächelte schief.
,, Wie geht es deinem Knie?"
,, Es bessert sich, habe häufig noch ziemlich starke Schmerzen aber Spencer hilft mir sehr", antwortete diesmal wahrheitsgetreu.
,, Fühlst du dich wohl hier? Wie verstehst du dich mit Doktor Reid?", fragte er weiter und notierte die vorherigen Antworten auf einem Klemmbrett.
,, Ich fühle mich hier sehr wohl... Spencer sorgt sich sehr um mich. Er ist stets nett und ich kann gut mit ihm reden", erwiderte sie. Es war ungewohnt für sie, so offen und viel zu reden. Normalerweise war sie lieber etwas wortkarg, außer vielleicht bei Spencer. Das war der Punkt! Sie musste unbedingt einen glücklichen Eindruck machen, damit sie hier bleiben konnte.
,, Wie lange wohnst du schon hier, Jessica?"
,, Ich bin mir nicht sicher... ein oder zwei Wochen, denke ich", überlegte sie laut und war froh, als Spencer mit drei Gläsern Wasser zurück in den Raum kam und sich neben Jessy setzte.
,, Vielen Dank... Doktor Reid, ich habe eben schon begonnen Jessica über ihr Wohlbefinden zu befragen. Wie lange wohnt Jessica bei Ihnen?"
Spencer brauchte nicht lange zu überlegen.
,, Seit genau neun Tagen, davor lag sie für eine Woche im Krankenhaus."
Wieder wurde etwas auf dem Brett geschrieben und markiert, Jessy fragte sich, was genau wohl dort drauf stand.
Darauf schaltete Jessy halbwegs ab, die Erwachsenen redeten über Versicherungen, Geld, Job, Zimmer, Verpflegung und so weiter...
Spencer konnte nicht in allen Kategorien punkten aber er machte, zumindest für Burton, einen organisierten und verantwortlichen Eindruck. Ein großes Minus war, dass Jessy auf dem Sofa schlafen musste aber glücklicherweise warf der Beamte keinen zu großen Blick in die Küchenschränke. Mittlerweile hatte Spencer zwar ziemlich aufgelegt, immer Essen im Haus zu haben, aber vergleichsweise sah es noch ziemlich mager aus.,,Jessica, wie sieht dein Wunsch aus? Würdest du gerne hier bleiben? Es gibt wunderbare Pflegefamilien, die jeder Zeit bereit wären dich aufzunehmen. Du hättest vielleicht Geschwister und eine größere Wohnung. Was sagst du?", fragte Mr. Burton am Ende des Gesprächs und der Wohnungsbesichtigung. Sie überlegte einen Moment, schaute Spencer und dann wieder Mr. Burten an. Reids Finger zitterten leicht, von Jessys Aussage hing viel ab.
,, Mein Wunsch ist ziemlich eindeutig. Ich liebe es hier in dieser kleinen gemütlichen Wohnung, die vielen Bücher, die hier rumstehen und die Person, mit der ich in den letzten Tagen diese Wohnung teilte. Ich möchte, dass es genauso bleibt wie es jetzt ist. Ich fühle mich wohl und kann Spencer vertrauen... Ich denke, dass hätte keine einzige Pflegefamilie geschafft. Auch wenn vielleicht Leute von außerhalb meinen, Spencer sei kein guter Umgang für mich, haben diese Personen unrecht. Spencer hat mein Leben gerettet und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Würde ich in eine andere Familie kommen, würde es mir bei weitem nicht mehr so gut gehen wie hier. Ich... ich bin froh, hier zu sein."
Schüchtern lugte sie zu Spencer rüber. Er strahlte über das ganze Gesicht und formte mit den Lippen das Wort "Danke".
,, Das war wohl ziemlich, ähm, eindeutig", räusperte der Beamte sich etwas verlegen.
,, Wie sieht es bei Ihnen aus, Doktor Reid? Wollen Sie sich weiterhin um Jessica kümmern?", fragte er schließlich mit hochgezogener Augenbraue. Spencer antwortete sofort.
,, Ich würde gerne weiterhin für Jessica sorgen, sehr gerne..."Lächelnd verabschiedeten sich Spencer und Jessy von Mr. Burton und schlossen anschließend die Tür.
,, Das lief doch ganz gut", stellte sie fest und lächelte Spencer an. Dadurch, dass sie bis eben durchgängig einen glücklichen Eindruck gemacht hatte, war sie sehr gut gelaunt.
,, Ja, das kannst du laut sagen", lachte er. Ihm viel eine tonnenschwere Last von den Schultern.
,, Da soll Doktor Willow sich noch einmal trauen, sich mit uns anzulegen", kicherte Jessy. Spencer dachte einen Moment über die Worte nach, fing dann aber an herzhaft und ausgelassen an zu lachen. Es war ein ansteckendes Lachen, sodass Jessy einen Moment später genauso lachte.
Überraschend zog Reid sie in eine feste Umarmung.
,, Es wird alles besser werden, versprochen."
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Ich will nicht zurück (Spencer Reid fanfiction)
FanficSpencer Reid ahnte nicht, was ihn alles erwarten würde, als ein junges Mädchen ihn um Hilfe bat. Sie wurde entführt und durchlebte die Hölle. Spencer macht es sich zur Aufgabe, ihr zu helfen. Aber war es schon zu spät? Hatte dieses Mädchen überhaupt...