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Während Harry seine Gitarre stimmt und anschließend seine Stimme ein wenig aufwärmt, gehe ich im Kopf schnell die Lieder durch, die ich auf dem Schlagzeug begleiten kann. Ein bisschen angespannt bin ich noch immer, denn auch, wenn ich mich hinter einem Schlagzeug total wohl fühle, bin ich immer noch mit Harry Styles hier, der mich spielen hören wird.

-"Bei dir alles bereit soweit?", reißt er mich schließlich aus meinen Gedanken.
"Ja, alles super", antworte ich und grinse ihn an.
-"Was willst du zuerst spielen? Nochmal das Lied, das du auch schon auf deinem Bett gespielt hast, oder ein anderes?", erkundigt er sich dann. Ich atme langsam aus, während ich nachdenke.
"Kennst du Boulevard of Broken Dreams von Green Day? Beziehungsweise kannst du es spielen?", frage ich nach kurzem Bedenken.
-"Ja, ich denke schon. Willst du das jetzt erst mal spielen?", antwortet er.
"Wäre zumindest eine Idee, da das Lied ziemlich simpel ist und ich mich ganz gut damit einspielen könnte."

Gesagt, getan. Nachdem Harry sicherheitshalber die Chords nochmal auf seinem Handy nachgeschaut hat, fängt er an zu spielen. Ich beobachte ihn und bereite mich auf meinen Einsatz vor.

I walk a lonely road, the only one that I have ever known

Bei 'known' trifft mein rechter Stick das Crash-Becken und ich setze final ein.

Don't know where it goes, but it's home to me and I walk alone

Endlich bin ich in meinem Element, die Anspannung fällt immer weiter von mir ab und ich werde immer sicherer. Boulevard of Broken Dreams habe ich bereits unzählige Male gespielt, sogar schon auf kleineren Bühnen mit einer Band, die ich vorübergehend mit einigen meiner Freunde hatte.

Ich habe das Gefühl, dass auch Harry immer sicherer wird, während er Boulevard of Broken Dreams singt und auf der Gitarre begleitet und ein Gefühl steigt in mir auf, als würden wir das schon immer machen. Die Harmonie stimmt, es ist einfach perfekt.

Nachdem wir Boulevard of Broken Dreams beendet haben, strahlt Harry mich an.
-"Das war doch super, oder?" Ich nicke nur, ebenfalls breit grinsend.
Kurz sehen wir uns schweigend an, dann schlägt Harry einen Akkord an und fängt wieder an, zu singen.

Tastes like strawberries, on a summer evening

Watermelon Sugar! Ich grinse und lausche Harrys Stimme, während ich darauf warte, dass ich mit dem Schlagzeug einsetzen kann.

Es ist wie ein wahr gewordener Traum. Oft, wenn ich zu verschiedenen Liedern spiele, stelle ich mir vor, wie es wohl wäre, wenn ich diese einmal mit den jeweiligen Künstlern zusammen performen könnte: und jetzt mache ich genau das. Das Grinsen auf meinem Gesicht ist wie festgetackert, aber auf gute Art und Weise.

Anderthalb Stunden später entscheiden wir uns für eine Pause. Wir haben viel gespielt, teilweise habe ich Musik über die installierten Boxen abgespielt, da Harry mich auch zu den Liedern spielen sehen wollte, zu denen ich normalerweise auch spiele, Lieder wie Savior von Rise Against allerdings nicht zu seinem Repertoire an Liedern zählen, die er spielt. Den Rest der Zeit haben wir gewissermaßen eine Jam-Session gemacht, neben einigen Liedern aus seiner Solo-Zeit haben wir auch What Makes You Beautiful gespielt und sogar Best Song Ever.

Mit am meisten Spaß hatten wir definitiv bei Kiwi. Das wollen wir auch nach unserer Pause nochmal spielen. Es juckt mich in den Fingern, zu Hause spiele ich auch oft zu Louis Tomlinsons Kill My Mind, aber aufgrund meines Unwissens über die wirkliche Beziehung der beiden zueinander traue ich mich nicht ganz, das vorzuschlagen.

-"Du warst super!", reißt Harry mich kurz darauf aus meinen Gedanken, als er mit einer Wasserflasche zu mir kommt. "Hier, trink mal 'nen Schluck, ich glaube, das kann nichts schaden."
Er hat Recht, ich bin total durchgeschwitzt. Dankbar nehme ich die Flasche entgegen.

-"Gibt's denn noch was, das du noch spielen möchtest? Also, abgesehen von Kiwi natürlich, das spielen wir sowieso nochmal."
Ich zögere kurz. Ich habe echt Lust, Kill My Mind zu spielen, aber kann ich das wirklich bringen?
"Nene, alles gut, Kiwi ist super. Und ansonsten haben wir ja auch schon einiges gespielt", antworte ich also. Harry sieht mich prüfend an, als habe er mein Zögern bemerkt.
-"Sicher? Oder gibt's noch was, dass du spielen möchtest, aber dich jetzt nicht traust, zu fragen?" Okay, er hat es bemerkt.
Wieder zögere ich.
-"Ist es ein Lied von einem der anderen Jungs von One Direction? Ich hab kein Problem mit denen, je nach Lied weiß ich nur nicht, ob ich es spielen kann", versucht er mich schließlich zu überreden, damit rauszurücken.
Uff, der Mann ist gewissermaßen echt gut darin, meine Gedanken zu lesen.

"Ähm na ja.. ich hatte an Kill My Mind gedacht. Von Louis", rücke ich schließlich raus.
-"Ach so ja, das kenne ich. Wär's okay, wenn du trotzdem zum Lied selbst über die Boxen spielen würdest?"
Ich kann seine Miene absolut nicht deuten.
"Ja klar... also, ich muss das auch nicht spielen sonst", antworte ich.
"Nein, alles gut, ich mag das Lied und ich würde dich echt gern dazu spielen sehen", meint Harry beschwichtigend und grinst mich wieder an.
"Okay. Erst das, dann Kiwi?", frage ich nach. Harry zeigt zwei Daumen nach oben und geht zur Musikbox. Ich nehme wieder hinter dem Schlagzeug Platz und schließe die Augen, als die ersten Worte aus den Lautsprechern schallen.

You're a nightmare on the dancefloor
And you hate me, and I want more
You're a total distraction
While I'm waiting for your reaction

Ich lasse gleichmäßig die Hi-Hat mitlaufen.

The devil in my brain, whispering my name
I can hear it saying ah, ah, ah
I can ease the pain
Just a little taste babe

Während dieser Zeilen haben sich meine Schläge auf der Hi-Hat vervielfacht. Dann Innehalten.

You kill my mind

Auf my setze ich ein. Kurzer Fill-In über die Toms, dann geht's in den Groove.
Konzentriert, aber auch voll in meinem Element begleite ich das komplette Lied, öffne die Augen nur bei den Fill-Ins kurz, aus Angst, die Toms des fremden Schlagzeugs sonst zu verfehlen.

Nachdem die letzten Takte verklungen sind, bleibe ich noch einen Moment mit geschlossenen Augen sitzen. Dann fängt Harry an zu klatschen.
-"Das war fantastisch!", ruft er mir zu und kommt wieder zu mir.
"Danke", sage ich, während ich versuche, meinen Atem wieder ruhiger werden zu lassen.
-"Du, ich hab 'nen Teil aufgenommen, hättest du was dagegen, wenn ich das Louis schicken würde? Der freut sich da bestimmt auch drüber", erkundigt er sich dann. Kurz sehe ich ihn nur an, während mein Gehirn das zu verarbeiten versucht.

"Warte.. dem Louis? Louis Tomlinson?", hake ich verblüfft nach. Harry lacht.
-"Ja, welchem denn sonst?", stellt er dann die durchaus berechtigte Gegenfrage. Ich zucke mit den Schultern.
"Äh, klar, kannst du machen", antworte ich also, "ich ähm, wusste nur nicht, dass ihr noch so in Kontakt steht", füge ich noch hinzu, um meine Überraschung zu erklären.
Harry gibt daraufhin ein Schnauben von sich und schaut zur Seite. "Jaah, das ist irgendwie alles so ein bisschen kompliziert. Kann ich dir das ein andermal erklären?", meint er dann und ich kann weder seinen Blick noch seinen Tonfall wirklich deuten.
"Klar, kein Thema, ich.. wollte dir auch nicht zu nahe treten oder so", erwidere ich also schnell.
-"Alles gut, bist du nicht", beruhigt er mich und das schiefe Grinsen ist fast augenblicklich wieder da, "was meinst du, bist du wieder fit genug für Kiwi?" Kurzer Augenkontakt. Jap, das Lächeln erreicht auch seine Augen, also ist anscheinend wirklich alles soweit in Ordnung.
Ich grinse zurück. "Natürlich!"

Eine unerwartete BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt