"Crowley! Vorsicht!"
Mitten auf der Straße stand plötzlich eine kleine Frau. Ihre struppigen, schwarzen Haare verdeckten ihr halbes Gesicht, konnten aber nicht über die eitrigen Beulen hinweg täuschen, die sich über ihr halbes Gesicht zogen. Obwohl das Auto mit rasender Geschwindigkeit auf sie zusteuerte, lächelte sie bösartig zu den beiden Insassen hinein.
Crowleys gelbe Augen weiteten sich und er schaffte es grade noch so, dass Steuer herum zu reißen, so dass sie in Schlangenlinien um die Person herum schlingerten und letztendlich in einem flachen Straßengraben zum Stehen kamen. Der Dämon sprang mit gefletschten Zähnen aus dem Auto, Aziraphale griff sich hektisch das Schwert und folgte ihm.
Staubige Luft erwartete sie und versperrte ihnen die klare Sicht, aber nach und nach schälten sich die Umrisse der zierlichen Gestalt heraus. Sie hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt, ihr dunkler Frack und die rote Schärpe waren unverkennbar.
"Beelzebub" knurrte Crowley leise und schob den Engel ein Stück hinter sich, der ebenfalls wachsam auf den Herrscher der Hölle blickte.
"Immer noch Lord Beelzebub für dich, Dämon Crowley. Nur weil ihr euch abgewendet habt, um eure... abartigen Neigungen auszuleben, heißt das nicht, dass du die Etikette missachten darfst."
Der Rothaarige machte eine unbestimmte Bewegung mit den Schultern, als würde er etwas abschütteln wollen.
"Was willst du? Hat Gabriel jetzt seinen Schoßhund auf uns angesetzt, weil er selber versagt hat?"
Beelzebubs eh schon schmale Augen verengten sich gefährlich und eine seiner dreckigen Hände zeigte drohend in Crowleys Richtung.
"Nimm dir nicht zu viel heraus, Dämon. Du bist bis jetzt davon gekommen, weil du unwichtig bist, selbst unter Dämonen verachtet. Glaube nicht, wir sehen nicht alles was ihr tut...". Er warf auch dem Engel einen hasserfüllten Blick zu und verzog angewidert den Mund. "... Und zwar wirklich alles. Michael hat uns alles berichtet über eure... menschlichen Bedürfnisse. Das ihr eure Flügel behalten durftet, könnt ihr nur der Gnade des Höheren zuschreiben, denn niemand unweit von Himmel oder Hölle würde Euch noch aufnehmen. Und jetzt..." er öffnete seine Hand. "... Gib mir das Schwert, Engel."Aziraphale spürte eine Regung in sich, die er bis jetzt äußerst selten in seinem Dasein verspürt hatte - Wut. Grenzenlose Wut über all diese Dämonen und Engel, die meinten, es besser zu wissen. Die ihre Beziehung verurteilten und fernab von Glauben und Vertrauen existieren und vernichten durften, obwohl es selbst für den Allmächtigen anscheinend in Ordnung war, das sie einander, die Welt und die Menschen liebten. Er spürte das seine Wangen sich röteten und schob Crowley ein Stück zur Seite, um vor ihn zu treten. Er griff das Schwert fest am Knauf und es ging unverzüglich in Flammen auf, als er damit auf den Höllenfürsten zeigte.
"Das Schwert ist mein Eigentum." Seine Stimme zitterte leicht. "Ihr werdet Euch ein anderes Artefakt für euren Weltuntergang suchen müssen.". Er trat einen Schritt nach vorne und sah zu seiner Genugtuung, das Beelzebub ein Stück zurück wich. "Lasst uns und diese Welt endlich in Ruhe, oder ihr werdet es bitter bereuen."
Obwohl das Höllenwesen sichtlich eingeschüchtert wirkte, grinste er den Engel schäbig an.
"Drohst du mir etwa, Engel? Ich bin kein x-beliebiger Dämon, den du einfach herum schubsen kannst... Ich bin der oberste Höllenfürst und befehlige Legionen. Du und dein mickriger Dämonen Liebhaber solltet lieber schnellstens das Weite suchen...". Beelzebub hob nach diesen Worten drohend die Arme und ein Summen ertönte. Schwarze, dicke Fliegen krochen aus seinen Ärmeln, seinem Kragen und sogar unter seinen Haaren hervor. Crowley zupfte den Engel warnend am Ärmel.
"Aziraphale..."
Sie tauschten einen Blick, führten ein stilles Gespräch, dann sah der Engel zurück zu dem Höllenfürsten. Über dessen Kopf hatte sich mittlerweile eine dunkle Masse aus Fliegen gebildet, die drohend hin und her waberte. Aziraphale hob das Flammenschwert und schob Crowley noch ein Stück weiter nach hinten. Die Flammen loderten höher, doch dann grinste Beelzebub und der Fliegenschwarm schoss plötzlich auf sie zu.
"Los, zum Wagen Crowley!" bellte der Engel und griff nach dessen Hand. Sie liefen los, doch die kleinen Tiere waren schneller. Sie schwirrten um ihre Köpfe und drangen ihnen in Ohren, Nase und Mund, während der Blonde alle Mühe hatte, sie mit dem heiligen Feuer im Zaum zu halten und gleichzeitig weder das Schwert, noch den Dämon los zu lassen. Als sie den Wagen schließlich doch erreicht hatten, riss Crowley die Fahrertür auf und ließ sich fuchtelnd und spuckend auf den Sitz fallen. Der Engel lief eilends um das Fahrzeug herum und tat es ihm nach. Als sie Beide saßen und die Fliegen weitestgehend ausgesperrt hatten, sahen sie das neue Problem. Draußen, in einiger Entfernung, kam der Höllenfürst mit gebleckten Zähnen auf sie zumarschiert. Der Rothaarige machte einen wütenden Zischlaut und trat, nach einem kurzen Blick auf Aziraphale, das Gaspedal durch. Der Wagen schlingerte zurück auf die Straße, fing sich dann und raste auf die kleine Gestalt vor Ihnen zu.
"Crowley..." bemerkte der Engel mahnend, doch da wich der Dämon im letzten Moment doch noch aus. Beelzebub sah erst milde entsetzt aus, gleich darauf wütend. Sie drohte wild mit den Händen, verschwand dann aber in einer dunklen Rauchwolke im Nichts.
"Verdammt!" rief Crowley mit einem Blick in den Rückspiegel aus, während Aziraphale sich umgedreht hatte und ihn nun fragend ansah.
"Warum verdammt? Er ist doch weg, oder nicht?"
"Ganz genau. Eigentlich wollte ich ihn platt fahren!"
Der Blonde verschränkte empört die Arme.
"Gibt es denn nicht schon genug Elend und Tod im Moment, Crowley?"
"Ist auch egal, er hat mich nicht gelassen."
"Nicht gelassen?"
"Ja meinst du, ich wäre extra ausgewichen? Wir können froh sein, dass unsere ehemaligen Zentralen sich mit Autos und dem ganzen Kram nicht auskennen, sonst wären wir nicht so glimpflich davon gekommen...".Sie fuhren eine Weile schweigend vor sich hin, beide in ihre eigenen Gedanken versunken, bis Aziraphale schließlich laut ausatmete.
"Wir sollten zurück zum Flughafen, meinst du nicht? Miss Apperat klang gar nicht gut am Telefon."
"Ja, da hast du recht. Wie hat sie das überhaupt geschafft? Uns so etwas mitzuteilen meine ich. Beim letzten Mal wirkte sie nicht mehr sonderlich erpicht darauf, uns zu helfen."
"Das könnte daran liegen, dass sie, genau wie wir, übernatürliche Kräfte hat."
Sie kamen zu dem Schluss, dass es auf jeden Fall ratsam wäre, sich anzuhören, was die Okkultistin zu sagen hatte, voraus gesetzt, sie konnte noch etwas sagen, wären sie endlich bei ihr. Am Flughafen teilte man ihnen zu allem Überfluss mit, das der nächste passende Flug erst am folgenden Tag gehen würde und da es schon dämmerte, entschieden sie sich für das Hotel direkt neben dem Gebäude.
"Vorher müssen wir noch das Auto weg bringen..." sagte Crowley und klang dabei sowohl müde als auch etwas wehmütig, hielt dem Engel aber trotzdem die Tür auf. Als er los fuhr, spürte er den Blick der blauen Augen auf sich.
"Was ist?" brummte Er, ohne den Blonden anzusehen.
"Ist alles in Ordnung mit dir? Das Schwert, meine wahre Gestalt und alles... Ich meine... War es zu viel?"
Crowley riss plötzlich ruckartig das Steuer herum und schlitterte mit dem Wagen in eine kleine Seitengasse. Die Häuser standen hier so eng, dass der Wagen gerade so hinein passte, doch ohne ein Wunder hätte hier keiner von Beiden eine Tür öffnen können. Der Dämon schmiss seine Brille auf den Rücksitz und drehte sich mit glühendem Blick zu dem erschrocken schauenden Engel.
"Ob es zu viel war, willst du wissen? Nein Aziraphale, ich habe mich gerne wie die Jungfrau in Nöten hinter dir versteckt, als der alte Beelzebub auf uns los ging..." seine Stimme klang mehr als sarkastisch und Aziraphale sah jetzt betroffen aus.
"Es tut mir leid, Crowley, aber..."
"Es tut dir leid? Weißt du was MIR leid tut? Das mir das alles völlig egal ist. Das die verdammte Schrift sich wie Säure in meinen Augen angefühlt hat. Das das Licht deiner wahren Gestalt meine Haut verbrannt hat. Das ich mich so schwach fühle, wie zuletzt 1298, bevor ich dann ein langes Nickerchen brauchte. Alles woran ich denken kann ist, wie verdammt wunderschön du ausgesehen hast und Satan steh mir bei..." Er packte den Engel am Kragen und zog ihn zu sich "... wie sehr ich dich in diesem Moment geliebt habe."
Aziraphales Augen weiteten sich noch kurz, dann waren Crowleys Lippen auf seinen. Der Dämon küsste ihn so stürmisch und verlangend, dass ihm abwechselnd heiß und kalt wurde. In seinem Kopf hallten immer noch seine letzten Worte nach und ein warmes Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus. Da der Rothaarige keine Anstalten machte, sich von ihm zu lösen, drückte er ihn zwangsweise irgendwann mit beiden Händen ein Stück von sich.
"Crowley... Du... liebst mich?"
Der Angesprochene sah ihn einen Moment mit verhangenem Blick an, dann wurden die gelben Augen weich.
"Natürlich liebe ich dich Engel. Was für eine blöde Frage...". Der Ton seiner Stimme verschaffte Aziraphale eine Gänsehaut. Trotzdem sich der Dämon bemühte, seine Kaltschnäuzigkeit zu bewahren, sah der Engel alles was Crowley wirklich war. Er lächelte sanft und küsste ihn jetzt seinerseits vorsichtig auf den Mund.
"Dämonen sollten gar nicht lieben können, weißt du?". Der Andere hob den Blick, sah verwirrt aus, doch der Blonde ließ nur seinen Daumen federleicht über dessen Lippen streichen. "Das beweist nur wieder, was für ein Rebell du bist, mein Liebster."Vielleicht hätte Crowley sich über den neuen Kosenamen aufgeregt. In einem normalen Moment, wenn er nicht so glücklich und kaputt war wie jetzt. Stattdessen lächelte er breit, biss Aziraphale leicht in die vollen Lippen und drehte sich dann wieder zum Lenkrad.
"Lass uns zu diesem Hotel fahren, Engel, ich bin müde."
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In der Not frisst der Teufel die Liebe
Fanfiction7 Jahre nach der Apokalypse und kurz bevor eine rechte Langeweile eintrat, geriet diese Welt erneut in Gefahr. #IneffableHusbands SlashP18