Kapitel 20: Jedes Ende Ist Ein Anfang

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Huhu, das hier ist das letzte 'richtige' Kapitel, danach kommt aber noch etwas... Also dran bleiben ;)!

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Die Welt schien still zu stehen und der Engel Aziraphale wusste gar nicht genau, warum das so war. Er fühlte die Reste von Wut in sich und eine seltsame Leere, die er nicht einzuordnen wusste. Er sah Crowley ein paar Meter von sich entfernt liegen. Das Weihwasser hatte ihn zwar getroffen, aber nicht komplett vernichtet, was mehr als sonderbar war. Der schlanke Körper dampfte zwar leicht und die gelben Augen sahen leblos zum Himmel, aber von Vernichtung keine Spur. Komischer Kauz.
Aziraphale zuckte die Schultern und sah sich um. Ein paar Engel und Dämonen rappelten sich grade hoch und sahen sich missmutig um. Einige hielten sich die Rippen, oder den Kopf, andere sammelten ihre antiken Waffen wieder ein. Ein recht amüsantes Bild. Ein Stück neben sich sah er Gabriel, der erst ihn grimmig anschaute und dann wütend Lord Beelzebub anfunkelte.
"Du bist so ein verdammter Idiot Beelzebub! Jetzt haben wir einen Engel ohne Liebe und der einzig brauchbare Dämon ist tot. Außerdem hat er vorher den Baum zerstört und die Liebe ist jetzt sonstwo!"
Der schmächtige Höllenfürst brauste jetzt ebenfalls auf.
"Tja, wessen glorreiche Idee war das denn? Liebe, pah! Da ist doch noch nie was Gutes draus entstanden! Das Ganze ist doch von Anfang an auf deinem Mist gewachsen! Ich hätte mich nie auf so einen idiotischen Deal einlassen sollen. Unsere Zusammenarbeit ist hiermit beendet, Gabriel - hörst du? Beendet! Zwei Misserfolge in einem Jahrzehnt reichen mir völlig!".
Mit seinen letzten Worten machte er eine wage Geste mit den dünnen Armen und verschwand mit samt all seiner Dämonen im Nichts. Gabriel stieß einen lauten Fluch aus, warf zornig die Arme in die Luft und rieb sich dann mit einer Hand über das glatt rasierte Gesicht. Er sah unschlüssig zu Aziraphale, der ihn nur fragend ansah, schüttelte dann genervt den Kopf und schnippte mit den Fingern. Die Engel verschwanden ebenfalls mit ihm.

Dann herrschte Stille und der Blonde blickte unschlüssig auf die Zerstörung rund um sich. Der Baum war zersplittert, große Teile der Borke und lange, dicke Äste lagen überall herum. Das schwarze Gras wiegte sich leicht in der staubigen Luft und alles was sonst noch zu sehen war, war der schlanke, leblose Körper des Dämons Crowley. Aziraphale ging ein paar Schritte auf ihn zu und ließ sich neben ihm im Gras nieder. Einfach nur deshalb, weil er grade nichts besseres zu tun hatte und aus unbestimmten Gründen das Gefühl hatte, ihn ansehen zu müssen. Das Weihwasser hatte große Löcher in die dunkle Kleidung des Rothaarigen gefressen und auch in die glatte Haut darunter. Das Fleisch war an manchen Stellen zu sehen und stand im krassen Gegensatz zu den stillen, gelben Augen, die friedlich zum Himmel blickten. Leblos, aber ohne Schmerz in den feinen Gesichtszügen. Aziraphale streckte eine Hand aus und berührte die kalte Wange. Dann plötzlich, ohne Vorwarnung, durchfuhr ihn Schmerz. Mitten in der Brust, zog sich sein Herz zusammen und nahm ihm die Luft zum Atmen. Irgendetwas in seinem Körper schrie ihn an. 'Er ist tot! Crowley ist tot!'. Warum ihn das interessieren sollte, geschweige denn Schmerzen verursachte, war ihm nicht klar. Aber das war seinem Körper egal. Seine himmlische Seele, ureigens von reiner Liebe erfüllt, kämpfte um Gehör in dem menschlichem, leeren Körper. Und gewann. Der Schmerz breitete sich wellenartig in ihm aus, zwang Tränen in seine Augen und zog ihm den Magen zusammen. Er krümmte sich zusammen und übergab sich in das staubige, dunkle Gras. Überrascht sah er auf ein rotes Stück Apfel, das sich seinen Weg nach draußen gesucht hatte. Dann traf ihn die Wucht seiner Gefühle. Die Liebe seines menschlichen Körpers war ihm zwar geraubt worden, doch die Gefühle seiner Engelsnatur waren stärker. Tränen strömten ihm über die Wangen und er warf sich auf den geschundenen Körper des geliebten Feindes hinab.
"Crowley..." krächzte er immer wieder heiser, mehr brachte er nicht hervor. Der Gedanke, das das Letzte, was Crowley gesehen hatte, seine eigene, gefühllose Gestalt gewesen sein musste, brach ihm das Herz. Wahrscheinlich war der andere mit dem Wissen gestorben, das Aziraphale ihn nun nicht mehr lieben würde. Wie grausam. Er schluchzte leise, dann erinnerte er sich plötzlich an einen seiner emotionslosen Gedanken von eben. Crowley schien zwar tot, aber er lag hier vor ihm. Er war nicht zerstört worden. Wieso? Lag es daran, dass er die Verbindung zur Hölle gekappt hatte? Aber er war doch trotzdem noch ein Dämon. Oder war nur sein dämonisches Wesen zerstört worden und seine menschliche Hülle war übrig geblieben? Aber seine Flügel waren noch gut sichtbar an seinem geschundenen Körper. Er schniefte leise. Das Ganze war furchtbar verwirrend für ihn, der Herzschmerz war schlimmer als alles Andere, was ihm je widerfahren war und der wage Gedanke an Hoffnung machte es fast noch schlimmer. Noch nie in seiner gesamten Existenz hatte er sich so sehr nach etwas gesehnt. Sie hatten gewonnen und doch verloren.
Dann, als er grade meinte, sein Kummer müsste nun auch ihn entkörpern und er sich im letzten Dämmerlicht des Tages neben den Geliebten niedersinken ließ, brach auf einmal ein helles Licht durch die dunklen Wolken und blendete ihn mit seiner göttlichen Reinheit.
"Hallo Aziraphale"
"Herr!" rief der Blonde aus und rappelte sich schnell in den Sitz hoch.
"Sag, willst du ihn wieder haben?". Die überirdische Stimme vibrierte durch seinen Körper, erfüllte ihn mit Glauben und brachte ihm all die Liebe zurück, die er verloren hatte.
"Ja Herr."
"Wieso?"
"Weil... Ich ihn liebe."
"Ich weiß.".
Gott klang weder wütend, noch enttäuscht. Nur wissend, so wie immer eben, als wäre sie nicht 6000 Jahre fort gewesen. Eine kurze Stille trat ein, in der Aziraphale das Gefühl hatte, das der Herr auf irgendetwas wartete. So sagte er schließlich leise:
"War es richtig so, Herr? Bekommen die Menschen ihre Liebe zurück?"
"Es gibt kein richtig und falsch, Aziraphale. Nur den freien Willen und das, was ihr daraus macht.". Dann erlosch das göttliche Licht. Wie immer kam und ging Gott, ohne dass man nun genau wusste, was sie eigentlich gewollt oder gesagt hatte. Unerfindlich eben.
Dann fiel sein Blick auf Crowley und er sog überrascht die Luft ein. Die Wunden des Rothaarigen waren verheilt, seine Flügel verschwunden und die Augen geschlossen. Außerdem fielen seine Haare lang und in sanften Wellen um seinen Kopf herum. Er legte eine Hand auf die glatte Wange und gab einen überraschten Laut von sich. Die Haut war warm und er atmete.
"Crowley!". Er rüttelte leicht an den schmalen Schultern. Der Andere stöhnte leise. "Crowley, Liebster, wach auf!".

In der Not frisst der Teufel die Liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt