Der Abendmarkt war brechend voll.
Selbst zu dieser Uhrzeit, es war um die kurz nach zwölf, hatten noch genügend Stände und Läden geöffnet um eine breite Maße an nächtlichen Spaziergängern anzuziehen.
Der Film hatte mich auf andere Gedanken bringen können, aber leider war ich wieder in der Realität angekommen und mein Kopf war voll.
Ich war immer noch enttäuscht dass ich ein weiteres Mal nicht genommen wurde, dass mir schon der achte, vielversprechende Arbeitgeber abgesagt hat. Ich machte mir Sorgen um Jungkook. Es war ja nicht so, dass er alleine weg war, da würde ich mir noch weniger Sorgen machen.
Was mir so am Gewissen nagte war, dass er mit Yoongi weg war.
Gut, wäre er mit Hoseok weg, wäre das alles vielleicht nochmal einen Ticken besorgniserregender, aber das ließ mir trotzdem keine Reihe.
Namjoon schien das zu bemerken.
„Du bist so ruhig, Jimin."
Ich sah zu ihm hoch. „Was? Ach so, ja. Ich denke nach."
Jin sah zu mir. „Du denkst an Jungkook, nicht wahr?"
Ich nickte.
„Ja", gestand ich und starrte auf meine Füße.
„Du bist nicht der Einzige der sich Sorgen macht.", sagte Jin und ließ seinen Blick über die Stände schweifen.
„Ich krieg allmählich echt richtig Hunger wenn ich das alles hier sehe.", murmelte ich um mich irgendwie abzulenken.
Namjoon zeigt auf einen Laden. „Können wir da mal kurz rein? Becca mochte den so und ich wollte sehen ob ich was für sie finde."
Wir nickten. An der Tür hing ein Schild das darauf verwies, dass an Abendmärkten bis ein Uhr geöffnet wäre.
Wir betraten den Laden. Er war randvoll gestopft mit allen möglichen Damenklamotten und Accessoires. Ich war noch nie hier drin gewesen.
Mit wem denn auch?
Ich hatte keine Freundin und ich ging sicher nicht mit meiner großen Schwester shoppen.
Ich wartete bis ich jemanden kennenlernen würde, in den ich mich wirklich verlieben würde.
Bis jetzt gab es niemanden. Ich glaubte, dass ich einfach nur noch nicht die Richtige gefunden hatte, bei der es wirklich geknistert hatte. Ich war mal in der Grundschule in ein Mädchen verknallt aber das war es auch. Seitdem hat es bei keiner mehr gefunkt.
Und wie Taehyung enden wollte ich auch nicht - ehrlich nicht. Da musste ich Namjoon einfach zustimmen, was er da neulich gesagt hatte.
Wir strichen durch den Laden.
„Ich bin etwas enttäuscht von euch", murmelte Namjoon als er ein paar Kleiderbügel zur Seite schob.
„Wie bitte?", fragte Jin.
„Wisst ihr", fing Namjoon an, ohne uns dabei anzusehen, „ich war am Anfang auch nicht dafür, dass Yoongi wirklich mit Jungkook losziehen sollte. Ich war ja selbst mal mit ihm weg. Aber ich vertraue ihm und glaube, dass er weiß, dass er ein bisschen auf Jungkook aufpassen sollte."
Er warf Jin einen Blick zu. „Und du solltest das auch wissen."
Ich sah zwischen den beiden hin und her. Hatte ich irgendwas verpasst?
„Er hat es Jungkook auch schon gesagt, oder?"
Jin nickte. „Ja, hat er. Er vertraut ihm."
Namjoon zog die Augenbrauen hoch.
Ich ging dazwischen. „Könntet ihr mich bitte mal involvieren?"
Namjoon schüttelt den Kopf. „Ist egal. Wenn Yoongi es dir nicht gesagt hat, ist es auch nur eine Sache zwischen ihm und Jungkook."
„Ich... Ich komm überhaupt nicht mehr mit. Was ist da mit Yoongi und Jungkook?"
Jin und Namjoon tauschten Blicke aus und schwiegen.
„Es ist egal, Jimin.", winkte der Älteste ab.
Ich sah ihm in die Augen.
Er bedeutete mir stumm, das Thema einfach fallen zu lassen.
Namjoon war schon weiter gegangen als Jin mich zur Seite nahm.
„Jungkook wird es dir wahrscheinlich eh sagen, es sei denn, Yoongi hat ihm gesagt, dass er es für sich behalten soll."
Ich sah ihn entgeistert an. „Seit wann hört er denn bitte auf ihn? Ich meine"
Jin schüttelte den Kopf und ging Namjoon hinterher.
Er ließ mich stehen. Und all meine Fragen mit mir.Vor ein paar Tagen...
„Jin-Hyung?"
Ich sah auf, als Jungkook mich rief.
„Im Wohnzimmer.", meldete ich mich.
Ich hörte wie der Jüngste zu mir kam.
„Hoseok hat mir seinen Schlüssel gegeben als ich ihn auf dem Weg getroffen habe. Er sagte, dass du vielleicht nicht da bist und jetzt soll ich noch sagen, dass ungefähr ab halb sieben jemand zuhause sein müsste, sonst würde er nicht mehr in die Wohnung kommen."
Jungkook setzte sich auf den Platz der Couch der meinem Sessel gegenüber war.
„Alles klar", nickte ich und legte mein Buch weg.
Jungkook setzte sich in den Schneidersitz und spielte mit seinen Pulliärmeln.
Ich sah ihm kurz dabei zu, sagte nichts und stand nach ein paar Sekunden auf.
„Möchtest du einen Tee?", fragte ich ihn im gehen und steuerte den Wasserkocher an.
Er sah auf.
„Ja, gerne."
Ich zog die Schachtel mit den Teebeuteln aus dem Vorratsschrank und holte uns zwei Tassen.
Jungkook redete nicht.
Entweder hatte er etwas ausgefressen oder wollte mir etwas sagen, wusste nur nicht, wie er anfangen sollte.
Ich wartete noch etwas, setzte ruhig das Wasser für den Tee auf und ließ die Beutel in die Tassen fallen bevor ich zu ihm zurückging.
„Zuhause alles in Ordnung?"
Er sah zu mir und nickte.
„Ja, alles ganz gut. Meine Mom ist im Moment auf einer Fortbildung und kommt deshalb erst relativ spät nach Hause. Mein Vater hat mich zu euch geschickt. Er sagt, dass ihr mir um einiges besser tun würdet, als Hausarrest."
Er lachte in sich hinein. „Und er sagte, dass ich so oder so abhauen würde, auch wenn ich Hausarrest habe. Da würde es keinen Unterschied machen."
Ich lächelte. „Da hat dein Vater nicht ganz Unrecht."
Jungkook nickte und verschwand wieder in seinen Gedanken.
Ich stand auf, als der Wasserkocher zu piepen anfing und goss das Teewasser ein.
Ich ging zurück ins Wohnzimmer, stellte uns die Tassen auf den Wohnzimmertisch und holte aus dem Snackschrank eine Packung Kekse.
Ich legte die Packung vor ihn hin und holte ihn damit aus den Gedanken.
„Lass es dir schmecken."
Er sah mich an, dann auf die Kekse. „Danke, Hyung."
Ich lächelte und setzte mich zurück in meinen Sessel.
Jungkook griff nach einem Keks.
„Weißt du", fing er an, „mich beschäftigt da was."
Ich hatte gewusst dass die Methode mit den Keksen ziehen würde. Sie funktionierte einfach immer.
Wenn ich wusste, dass Jungkook mir etwas erzählen wollte, aber nicht wusste wie er anfangen sollte, half es ihm oft wenn er irgendwas dabei aß.
Ich hatte das mal beobachtet.
Ich glaube, es fiel ihm selbst nicht mal ganz auf, dass das bei ihm eigentlich immer so war, geschweige denn, dass ich ihn durchschaut hatte.
Ich schwieg und ließ ihn erzählen.
„Yoongi hatte mir da neulich was erzählt von dem er meinte, dass nur noch du und Namjoon es wissen würden."
Bevor er weiter sprach sah er sich kurz um.
„Es ... sind nur du und ich zuhause, oder?"
Ich nickte.
Er sagte schon ‚zuhause'.
„Okay ... Yoongi hat mir erzählt, warum er halt den ganzen Scheiß macht und wie ihr beide euch kennengelernt habt. Und dass er halt zuhause so viel Scheiße erlebt hat und halt das mit dem Vertrauenskram. Und..."
Er holte Luft und nahm sich einen weiteren Keks den er sofort verputzte.
„Weißt du ... Ich würde ihn am liebsten von dem ganzen Scheiß wegholen. Er bedeutet mir viel."
„So viel wie Jimin?", fragte ich.
Jimin war einfach sein bester Freund. Sie sprachen nie darüber, das musste nicht gesagt werden. Sie wussten beide wie viel sie sich bedeuteten und dass der andere für ihn durchs Feuer gehen würde.
Jungkook stockte.
„Also ... weißt du... Ich kann dir das nicht genau sagen."
Ich zog eine Augenbraue hoch.
Er sprach weiter: „Es ist irgendwie so dass ich das Gefühl habe, das ich einfach ein Zuschauer bin, der einen Film sieht. Und ich will einfach nicht das Ende vom Film akzeptieren, aber ich weiß, dass ich es nicht ändern kann. Yoongi ist einfach so stur und würde doch nie auf mich hören, wenn ich ihm sagen würde, dass ich das nicht wollte. Er hört ja nicht mal auf dich, obwohl du älter als er bist. Auf meine Meinung wird er also garantiert verzichten können."
Jungkook drehte den Keks zwischen seinen Händen hin und her und betrachtete ihn von allen Seiten während er einfach weiter sprach.
„Das ist ... unfair. Ich hab ihn gefragt, was wäre, wenn er eine Freundin hätte, jemanden den er wirklich lieben würde, ob er das für diesen Jemanden aufgeben würde. Er sagte, dass es noch lange dauern würde, bis er jemanden wieder soweit vertrauen würde. Aber er hat mir nicht gesagt, warum. Ist das wirklich nur wegen seinen Eltern?"
Er sah mich verzweifelt an, als suche er die Antwort in meinem Gesicht.
Ich wusste sie.
Aber wenn Yoongi es ihm nicht sagte, tat ich es auch nicht.
„Hast du an irgendwen bestimmten gedacht, der ihn davon abbringen würde?", fragte ich und ignorierte seine letzte Frage.
Jungkook sah mich überrascht an. „Ich ... Nein. Also, nein. Echt nicht. Ich hab halt nur über diese Möglichkeit nachgedacht..."
Er steckte sich den Keks in den Mund und griff nach seinem Tee. Vorsichtig nahm er einen Schluck, merkte dann aber wahrscheinlich dass er noch zu heiß zum Trinken war und stellte die Tasse wieder auf den Tisch.
Yoongi schien Jungkook irgendwie wirklich zu vertrauen.
Dabei hatte ich immer das Gefühl, dass die beiden zwar immer ein wirklich gutes Verhältnis hatten, aber sich nie wirklich näher gekommen waren.
Woher kam das jetzt plötzlich?
„Ist dir klar, dass Yoongi nicht mit jedem darüber spricht?", fragte ich und nippte an meinem Tee.
Die Temperatur war ideal.
Jungkook nickte zögernd. „Na ja ... Also, ja. Dadurch dass es ja nur noch du und Namjoon wissen, scheint er da nicht gerne drüber zu reden."
Yoongi hatte nie was davon gesagt, dass er wirklich unbedingt zu viel mit Jungkook zu tun hatte. Nur halt, dass er ihn einfach mal mitnehmen würde, wenn die Zeit dafür gekommen wäre.
„Das heißt also ... dass du dich schlecht fühlst, weil du weißt, dass du nicht die Person sein wirst, die Yoongi ... auf eine bessere Schiene bringen wird."
Jungkook schwieg und starrte auf seine gefalteten Hände.
„Scheint so ... ja."
„Du wärst aber gerne diese Person."
Er zögerte, dann nickte er.
Auch wenn ich selbst nicht glaubte, dass er dieser Jemand sein würde, wünschte ich es Jungkook.
Ich hatte das Gefühl, dass er mir jedoch nicht alles erzählt hatte.
Und das auch nicht tun wird.
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Wer zuletzt lacht ... (BTS-FF)
FanficFünfte Etage eines Mehrfamilienhauses, dritte Tür links auf dem ersten Gang. Sie mögen vielleicht für ihre Umwelt wie ein Haufen Vollidioten aussehen, doch hinter jedem von ihnen steckte der Wunsch mit den Leuten zusammen zu leben, die für sie eine...