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Im Nightliner saßen wir im vorderen Bereich zusammen. Alle becherten ziemlich stark. Ich hielt mich etwas zurück. Auch wenn ich im Gegensatz zu den Anderen morgen nicht arbeiten muss, ich weiß nicht was mich erwartet. Da bin ich lieber mal vorsichtig. "Wenn er dir zuviel wird, sag Bescheid, wir retten dich." scherzte Stefan, der Tourmanager und deute auf Vincent der seinen Arm um mich gelegt hatte. "Hey... Ich habs auf der Party schon gesagt Ich will sie behalten" protestierte Vinnie. Jetzt sah Stefan mich an und wackelte mit den Augenbrauen. "Ich dachte du kannst nicht so mit Musiker" mischte sich Dag ein. Böse funkelte ich ihn an. "Vielleicht liegt es nur am Niveau der Musiker." sagte ich so cool wie möglich. "Diggi, die Kleine ist Zucker!" lachte Rapha und klatschte mit Stefan ab. "Ich dachte ihr Beide reißt euch am Riemen." zischte Vincent uns an. "Sorry!" entschuldigte ich mich bei ihm. Er hatte ja recht. Ich wollte nett sein. Dag nickte nur, nahm sich sein Bier und verzog sich in Richtung der Schlafbetten. "Das ist bullshit. Ihr seid seine Homies. Nicht meine" sagte ich während ich über Vincent kletterte. Fragend sahen mich die Jungs an. Ich ging nicht darauf ein. "Dag?" sagte ich leise. "Was?" kam weicher als erwartet zurück. Er zog den Vorhang vor seinem Bettchen zurseite. "Ich hätte nicht kommen sollen. Es sind deine Jungs. Dein Konzert." startete ich meine Entschuldigung. "Bullshit! Ich hab dich scheiße behandelt. Nicht erst einmal. Hör auf dich zu entschuldigen" unterband er meine Entschuldigung. Erstaunt sah ich ihn an. Dag hatte plötzlich was verletzliches an sich. Wie angewurzelt stand ich ihm Gegenüber. "Frieden?" machte ich ein Angebot. Er nickte. "Reden?" hackte ich nach. Er sah übel aus. Ich glaub es hatte einen Grund warum er so war. "Mir gehts nicht so gut aber das soll nicht dein Problem sein." seufzte er. Irgendwie konnte ich nicht anders. Er hat meine Trösterseite geweckt. Ihm ging es schlecht. Das konnte ich nicht ignorieren. "Fuck! Ich kann da nicht drüber reden. Aber danke." sagte er entschlossen. Ich lächelte leicht. Kann ich verstehen. Wir kennen uns ja kaum. Warum sollte er vor mir seine tiefsten Gefühle offenbaren. "Tascha?" Er hielt meine Hand fest. Erwartend sah ich ihn an. "Es tut mir leid" flüsterte er und zog mich in eine Umarmung. Ich ließ es geschehen. Tief atmete ich seinen Duft ein. Warum fühlte ich mich bei ihm so geborgen wie sonst nirgendwo. "Ich hoffe du weißt, dass wir dich gerne dabei haben." wisperte er. Ich sah ihm tief in die Augen. Der Moment war magisch. "Dag, wenn du reden willst... Ich bin da!" sagte ich bevor ich mich auf den Weg zum Rest der Truppe machte. "Alles gut?" fragte Vincent besorgt als ich vor ihm stand. Ich nickte grinsend und setzte mich dicht neben ihn. Dag musterte uns kurz aber ich konnte sein Gesicht nicht lesen. Zu viel pokerface. Aber er war lockerer. Die Stimmung war wieder super. Wir lachten so viel. Ein paar der Jungs waren schon pennen gegangen. Ich kämpfte auch schon mit der Müdigkeit aber ich wollte nichts verpassen. Da war wieder das fünf-jährige Mädchen in mir. Ich konnte nie vor den Anderen schlafen gehen. Man muss ja wissen was alles passiert. Ich gähnte und legte meinen Kopf auf Vinnies Schulter. "Willst du schlafen gehen?" fragte er sanft. Ich schüttelte wehement den Kopf. Alle lachten. Meine Augen waren mehr geschlossen als offen aber ich hörte ihre Stimmen. Das machte mich glücklich.

Durch Geplapper wurde ich wach. Wo bin ich? Ich tastete alles um mich herum ab. Ich hatte noch meine Klamotten von gestern Abend an. Moment! Warum hab ich mich nicht umgezogen? Ich riss meine Augen weit auf und schreckte nach oben. Ich muss gestern wohl doch eingeschlafen sein, denn ich konnte mich nicht erinnern wie ich ins Bett gekommen bin. Ich schlüpfte schnell in meine lange Jogginghose und in ein frisches Top. Ich betrachtete mich kurz in der Innenkamera meines Handys. Ach scheiß drauf! Einfach Haare zusammen knoten, etwas Puder und Mascara und fertig. Langsam kroch ich aus meiner Höhle raus und streckte mich. Die Jungs waren schon nicht mehr im Bus. Ich packte meine Zigaretten und stolperte nach draußen. "Guten Morgen Schlafmütze!" sagte Vinnie viel zu gut gelaunt. "Morgen" brummte ich. Vor meiner ersten Zigarette bin ich nicht zugebrauchen. "Fang!" rief Dag. Perplex schmiss ich meine Zigarettenschachtel weg um das entgegenkommende Ding zu fangen. Natürlich ein Feuerzeug. Ich musste schmunzeln. "Heute hätt ich selbst eins!" sagte ich und fummelte es aus meiner Schachtel. "Heute also nicht im Aufreissermodus?" Ich boxte Dag in die Schulter und setzte mich zu ihm auf die Bank. "Schön dass ihr euch wieder versteht" bemerkte Vince und setzte sich neben mich. Ich nickte und legte meinen Kopf auf seine Schulter. "Wie könnt ihr nach gestern so fit sein?" fragte ich. "Tja Kleine... Wir sind halt einfach krasse Maschinen." antwortete Vinnie. Ich verdrehte nur die Augen und genoss die paar Sonnenstrahlen. "Hast du hunger?" fragte ich Dag. Sein Magen hat gerade lautstark die Stille unterbrochen. Er grinsend nickte er. "Na dann auf zum Frühstück!" rief Vince und sprang von der Bank auf. Ich fiel fast mit von der Bank. "Vorsicht! Mach sie nicht kaputt, Diggi!" lachte Dag und half mir auf die Beine. "Ach sie ist doch nicht aus Glas" meinte Vinnie. "Sie hat vor allem einen Namen" mischte ich mich ein und folgte den Jungs zum Frühstück. Wow! Das Buffet bietet alles was das Herz begehrt. Mit dem Luxus hätte ich nie gerechnet. Dann ist das nicht mal ihre Tour sondern nur ein Festival. Wie krass ist das bitte?! Überfordert von dem Angebot beobachtete ich erst die Jungs. Vincent gab sich mit Brötchen und Nutella zufrieden. Dag wiederum schaufelte sich einiges an Obst auf sein Teller. Ich entschied mich dann ganz klassisch für ein Marmaladenbrötchen. "Sag mal Tascha was sagst du? Nutella mit oder ohne Butter?" stellte Vincent ganz ernst die Frage. "Geht das jetzt wieder los?" stöhnte Dag und alle anderen lachten. Anscheinend war das Nutellathema viel umstritten.

SDP - Feuerzeuggefühle (Teil I) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt