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"Jetzt sag schon! Über was zermaderst du dir deinen hübschen Kopf" bohrte Dag nach. "Ich... Ich hab gestern Nacht Tobi geküsst. Ich war betrunken. Ich wollte einfach wieder mal... Egal!" brach ich ab. Ich kann das nicht sagen. Was soll er denn nur von mir denken? "Du vertraust mir nicht mehr oder?" sagte Dag enttäuscht. "Bullshit! Das weißt du auch." "Warum bist du dann so... So distanziert und redest nie über dein Leben?" hackte Dag verletzt nach. "Ich bin halt nicht so redseelig." wehrte ich ab. "Du erzählst sogar wenn dir die Marmelade ausgeht... Verarsch mich nicht!" Dag wurde wütend. Seine Stimme wurde immer lauter. "Meine Fresse! Es liegt nicht an dir ok? Mein Leben ist meins und ich entscheide ob ich darüber rede!" fuhr ich ihn an. "Tascha du bist so selbstgerecht. Du drehst dir alles so damit es für dich bequem ist."sagte Dag abfällig. "Danke für die ausführliche Charakteranalyse aber wenn du jemanden therapieren willst geh zu deiner Flamme und lass mich gefälligst in Ruhe!" zischte ich ihn an. "Dein Ernst? Was ist falsch mit dir?" sah Dag mich erschrocken an. In seinen Augen spiegelte sich die Wut. Ich drückte ihm das Essen in die Hand. "Sag Vincent nen schönen Gruß." Ich drehte mich um und lief zornig davon. Fuck! Was ist los mit mir? Warum bringt Dag mich immer so zum ausrasten? Ich hasse mein Leben! Warum muss der Scheiß hier so kompliziert sein? Warum hab ich mich nicht unter Kontrolle. Zuerst die Sache mit Tobi und jetzt... Jetzt mach ich Dag so doof von der Seite an. Aber er hätte auch einfach sein Maul halten können. Zuhause warf ich mich in meine Sportklamotten und sprintete los. Das half doch immer. Einfach alles ausblenden. Laute Musik und den eigenen Körper spüren. Völlig außer Atem ließ ich mich auf eine Parkbank fallen. Die Sonne ging bereits unter und es wurde zunehmend kälter. Ich bin echt lange gelaufen. Ein kurzer Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich wohl vermisst wurde. Tausend entgangene Anrufe. Dag, Vincent, Sabina sogar Mama hat es versucht. Kann man nicht einmal seine Ruhe haben. Meine Mama musste ich wohl zurückrufen. "Mama du hast angerufen?" begann ich das Telefonat. Ich konnte mir eine Moralpredigt anhören. Aus dem Alter bin ich wohl immer noch nicht raus. Warum sind die alle so überbesorgt? Kann ich nicht mal einfach laufen, meine Gedanken sortieren. Obwohl das Chaos da oben immer noch nicht weniger geworden ist. Ich steckte mein Handy ein und machte die Musik wieder an. Na toll! Ein Lied von SDP. Warum genau jetzt? Ich kämpfte mit den Tränen. Aber ich wollte es auch nicht ausmachen. Mit nassen Augen stapfte ich die Treppe zu meiner Wohnung hoch. Vor meiner Tür saß ein schlafender Vincent. Warum ist er so verdammt süß? Vorsichtig stupste ich ihn mit meinem Fuß an. "Tascha!" seufzte er erleichtert. "Hast du wen anders erwartet?" grinste ich. "Wir haben uns Sorgen gemacht!" warf er mir vor während er sich aufrappelte. "Ich bin schon groß!" entgenete ich nur und sperrte die Wohnungstür auf. "Du bist eine zierliche Frau... Alleine in Berlin und außerdem was noch viel schlimmer ist... Dir gehts nicht gut! Da dürfen wir uns schon Sorgen um dich machen." "Wer ist wir? Wer macht sich Sorgen?" "Dag und ich... Sabina deine Mutter" zählte er alle auf. "Als ob!" sagte ich abfällig. "Dag intressiert sich doch nicht ernsthaft für mich und selbst wenn... Mein Leben geht ihn nichts an. Und überhaupt warum habt ihr meine Mama angerufen? Habt ihr noch alle Latten am Zaun? Ich war joggen! Ich... Ahhh" schrie ich ihn an. Sofort schossen mir die Tränen in die Augen. Anstatt zu kontern zog Vincent mich einfach in seine langen Arme. Weinend brach ich zusammen. Er hievte mich auf mein Sofa und wickelte mich in eine Decke ein. Nach einer Weile beruhigte ich mich wieder. "Sorry" flüsterte ich. Vinnie schenkte mir nur ein Lächeln. "Denkst du ich bin blind? Ich kenn dich! Du bist wie ich nur in weiblich. Wie meine kleine Schwester." Überrascht sah ich ihn an. "Dag... Du stehst total auf ihn und das fuckt dich ab aber noch viel mehr fuckt es dich an, dass du Jemanden brauchst. Dass du Zweisamkeit, Liebe und den ganzen Kram brauchst. Glaub mir ich kenn das." fuhr er fort. Wieso war ich für ihn ein offenes Buch. Wieso weiß er besser was in mir vorgeht als ich selbst. "Ich gönn es Dag. Wirklich und ja ok es nervt mich aber Dag hat keine Schuld daran wie ich drauf bin. Ich bin beziehungsunfähig aber das was ich am meisten vermisse ist eine Beziehung. Die Berührungen, das gemeinsame einschlafen, wissen wohin man gehört. Fuck! Ich fühl mich alleine, ungeliebt und oft ziemlich überflüssig. Schwach! Ich bin nicht mehr das starke Mädl!" stellte ich verzweifelt fest. Es tat gut das alles mal raus zu lassen. Nicht alles in mich reinzufressen. "Das macht dich doch nicht schwach! Jeder will geliebt werden." sagte er nachdenklich. "Wie hast du das gemeint? Ich bin wie du? Jeder will geliebt werden... Fühlst du dich wirklich so?" hackte ich nach. Er schloss die Augen und atmete tief ein und aus. "Ich tu zwar immer so cool und sag Liebe gibts nicht und wer braucht das schon. Das ist doch alles nur Gelaber. Ich hab das Gefühl ich werde alleine alt. Ich bin 37 und habe weder eine Freundin noch eine Familie. Ich wollte immer Kinder. Mindestens zwei." Ein verzweifeltes Lächeln huschte über seine Lippen. Überrascht sah ich ihn an. Er wirkte so verletztlich. "Ich dachte nie, dass dir etwas fehlt." flüsterte ich. "Tja ich hasse Mitleid aber es frisst mich auf." seufzte er. "Dann auch noch Sabi... Fuck! Es tut mir so leid" "Ja ich dachte mit Sabina könnte es mal was werden. Aber naja man sieht ja wo das hinführt mit mir." traurig senkte er den Kopf. Ich hatte keine Ahnung woe schlecht es ihm ging. Und ich Idiot zieh ihn auch noch ständig damit auf. Ich bin echt ein Arschloch geworden. "Ich hoffe du weißt, dass ich dich lieb hab." flüsterte ich und kuschelte meinen Kopf auf seinen Schoß. "Ich dich auch Kleine. Es zerbricht mir das Herz, dass du dich ausgerechnet in Dag verguckt hast." sagte Vinnie und strich mir die Haare aus dem Gesicht.
"Du bist mein bester Freund, Vinnie!" flüsterte ich und fiel ins Land der Träume.

SDP - Feuerzeuggefühle (Teil I) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt