Kapitel 4

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Die letzte Unterrichtsstunde wurde von der lauten Klingel unserer Schule beendet.

Ich begann meinen Collegeblock und mein Etui einzupacken.
Danach stand ich auf und schob meinen Stuhl an den Tisch. Lorna war bereits fertig un wartete auf mich.

Zusammen verließen wir den Raum, als sie fragte: "Wie geht es dir heute?"

Wir hatten vor einigen Jahren die Abmachung gemacht, dass wir erst nach der Schulen über den Unfall reden, damit nicht jeder davon mit bekommt und mich darauf ansprach, denn ich wollte weder Mitleid, noch Aufmerksamkeit dadurch bekommen.

"Könnte besser sein, aber ich komme klar" antwortete ich schließlich und lächelte sie leicht an.
"Ich hoffe, das ist nicht gelogen. Also, wenn du mich brauchst, sag einfach Bescheid" erklärte meine beste Freundin und ich nickte ihr zu.

Zwar hatten Viele - durch Nachrichtensendungen oder Zeitungsartikel - von dem Tod meiner Mutter und meines Bruders mitbekommen, aber niemand sprach mich darauf an.
Ich war wirklich froh darüber, denn es würde mir bestimmt wesentlich schwerer fallen, wenn ich dauernd daran erinnert werden würde.

Während Lorna und ich über den Flur und die Treppen herunter gingen, sprachen wir über unsere Pläne für die Ferien und tauschten uns über die neusten Gerüchte aus.

Wie jeden Tag, verließen wir das Schulgebäude fast als letztes, denn wir ließen uns viel Zeit. So konnten wir uns noch unterhalten und weil Lorna und ich meistens eh nach Hause liefen, ließen wir auch niemanden auf uns warten.

An jenem Tag schlenderten wir auf den Ausgang zu, als wir plötzlich Mason sahen, der zu Grinsen begann, als er uns sah.

Er trat einen Schritt nach vorn, bevor er uns begrüßte: "Na Ladies, wie war der Unterricht?"
"Was machst du denn hier?" gab ich mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck zurück.
"Warten."

Zwar hätte ich mir denken können, was die Antwort sein würde, aber ich fragte trotzdem nach: "Worauf?"
"Na auf dich!" sagte er, als wäre es selbstverständlich gewesen.
Von Lorna kam ein ironisches Lachen, woraufhin Mason erklärte: "Ich hab dich mit hin genommen, also nehme ich dich auch mit zurück."

Lorna sah mich mit einem Blick an, der so viel wie 'das würde er nicht ohne einen fiesen Hintergedanken machen' bedeutete und ich war mir auch ziemlich sicher, dass sie Recht hatte.

Dennoch nahm ich sein Angebot an. Neben mir schüttelte Lorna enttäuscht den Kopf.

Ich wusste selbst nicht genau, warum ich ihm schon wieder vertraute.
Vielleicht lag es einfach daran, dass ich bei dem kalten Wetter nicht nach Hause laufen wollte.

Mason schien ganz glücklich mit meiner Entscheidung zu sein, oder es war einfach nur Schadenfreude, die sein Grinsen widerspiegelte.
Schließlich folgten Lorna und ich Mason aus dem Gebäude.

Draußen schneite es schon wieder, aber diesmal tanzten die Schneeflocken ruhig und harmonisch den Himmel herunter. Mit schneebedeckten Bäumen und Häusern im Hintergrund war meine Aussicht mit dem Inneren einer Schneekugel zu vergleichen.

Einen Moment lang rührte ich mich nicht von der Stelle und beobachtete die Schneeflocken, wurde dann aber von Mason abgelenkt: "Hey, was ist los? Hast du noch nie Schneeflocken gesehen?"
Ich verdrehte die Augen und ging dann mit Mason zu seinem Auto.

Dort angekommen, öffnete er mir die Beifahrertür, was mich nur noch mehr verwirrte. Mit einem skeptischen Blick setzte ich mich hinein und er schloss die Tür.
Als er sich wenige Sekunden später auf den Fahrersitz setzte, bat er mich: "Kannst du bitte aufhören, so zu gucken, als wäre es ungewöhnlich, was ich mache?"
"Das ist es aber", entgegnete ich, "und ich verstehe immer noch nicht, warum du nett zu mir bist."
"Das habe ich dir doch schon erklärt."
"Ja, aber mit einer unlogischen Erklärung" gab ich leicht genervt zurück, woraufhin Mason scherzhaft  fragte: "Willst du aussteigen?"

nachdem die Welt erloschen warWo Geschichten leben. Entdecke jetzt