"No, I don't want much, but it's this that I so desire" - Anyone Else, Nick Ferretti
Es kündigt sich mit grauen Wolken und einem unangenehmen Wind ein Unwetter an, als ich das Haus verlasse und ich bereue schon nach wenigen Schritten, keine Jacke mitgenommen zu haben, doch weil ich ohnehin schon fast eine Viertelstunde zu spät bin, kehre ich nicht mehr um.
Meinem Stiefvater Daniel habe ich erzählt, dass ich bei Eleanor den Abend verbringen werde und der soll es dann meiner Mutter ausrichten, wenn sie nach Hause kommt. Mehr habe ich eigentlich nicht gemacht und ich hoffe, dass keiner der Nachbarn ihnen steckt, dass ich in ein fremdes Auto zu einem Mann eingestiegen bin, aber irgendeine glaubhafte Ausrede könnte ich mir diesbezüglich wahrscheinlich schon einfallen lassen.
Als ich endlich bei Harrys Honda ankomme, beginnt es bereits zu nieseln und ich bin überrascht, als er trotzdem aussteigt und mir die Beifahrertüre aufhält.
"Hast du einen Master in 'Gentleman-Benehmen' abgeschlossen?", frage ich und er grinst mir breit entgegen.
"Selbstverständlich, was denkst du denn?"
Als wir beide dann im Trockenen sitzen und er den Motor startet und zurück auf die Hauptstraße fährt, werden die Tropfen, die auf die Fronftscheibe klatschen, immer größer und zahlreicher.
"Scheiß Wetter", stelle ich leise fest und er bestätigt meine Aussage mit einem Nicken.
"Ja, leider. Eisessen war wohl doch keine so tolle Idee. Aber ich konnte ja nicht ahnen, dass es so ein Gewitter geben wird. Am Nachmittag war die Hitze kaum auszuhalten und jetzt können wir froh sein, wenn wir es heil in ein Gebäude schaffen." Er wirft mir einen kurzen Seitenblick zu und konzentriert sich dann wieder auf den Verkehr. "Es freut mich übrigens, dass du gekommen bist. Ich dachte schon, dass du es dir anders überlegt hast."
"Die Verspätung tut mir leid, aber meine Schwestern wollten mich einfach nicht gehen lassen", entschuldige ich mich und genau in diesem Augenblick beginnt das Handy in meiner Hosentasche zu vibrieren. "Oh, einen Moment."
Etwas umständlich befördere ich es ans Tageslicht und hebe mit einem unguten Gefühl ab, als ich sehe, dass der Anrufer meine Mutter ist, die wohl soeben nach Hause gekommen sein muss.
"Hey Mum, was ist los?"
"Hallo, mein Schatz. Wieso erfahre ich erst so kurzfristig, dass du zu Eleanor gehst? Ich dachte, wir könnten heute Abend vielleicht alle gemeinsam einen Film ansehen", sagt sie ein wenig bedrückt und ich höre im Hintergrund Daisy und Phoebe miteinander zanken.
"Tut mir leid, das wusste ich nicht, aber ich bin jetzt schon gleich bei ihr", erwidere ich und sehe zu Harry hinüber der fragend die Augenbrauen hochgezogen hat.
"Deine Regenjacke hängt noch im Flur, wieso hast du die nicht mitgenommen? Draußen herrscht Weltuntergangsstimmung, Louis."
"Ganz so schlimm ist es auch nicht", widerspreche ich, doch ein Blick aus dem Fenster zeigt deutlich, dass das Gewitter jetzt ordentlich Fahrt aufnimmt.
"Pass mir ja auf, dass du dich nicht erkältest!"
"Ich verspreche, alle Viren abzuwehren, so gut ich kann."
Harry neben mir gluckst amüsiert und ich grinse vor mich hin, einfach weil es mir solche Freude bereitet, bei ihm zu sein und ihn in gute Stimmung zu versetzen.
"Wann hast du denn vor, wieder daheim zu sein?"
"Ich weiß es noch nicht, Mum. Ich melde mich dann, okay?"
"In Ordnung, dann bis später. Grüß Eleanor von mir."
"Werde ich. Bis dann", verabschiede ich mich und lege schnell auf, bevor sie Fragen stellen kann und ich mich vielleicht doch noch irgendwie in Widersprüche verstricke.
"Was wollte sie?", möchte Harry wissen und sieht abermals zu mir herüber, während die Scheibenwischer ihr Bestmöglichstes tun, um die Windschutzscheibe vom herabprasselnden Wasser zu befreien.
"Ach, sie hat gefragt, wieso ich ihr nicht früher Bescheid gegeben habe, dass ich mich mit Eleanor... naja, mit dir treffe."
"Aha, bei ihr verbringst du also deinen Abend, gut zu wissen", feixt er, doch er scheint sich auch ein bisschen unwohl zu fühlen, was er mir mit seinem nächsten Satz bestätigt. "Ich komme mir irgendwie vor wie ein seltsamer Entführer, weil wir hier so ein Theater veranstalten. Aber ich habe einfach keine Lust, mich bei irgendwem dafür rechtfertigen zu müssen, dass ich mich mit dir treffe. Völlig egal, aus welchem Grund."
"Denkst du denn, dass jemand unbedingt Rechenschaft verlangen würde?", frage ich vorsichtig nach und er seufzt schulterzuckend.
"Deine Familie bestimmt. Und beim Training und im Schwimmbad würde es noch mehr blödes Gerede geben. Dann vögle ich nicht nur willkürlich herum, sondern stürze mich ganz spezifisch auf meine Schwimmschüler."
"Aber du weißt doch, was stimmt und was nicht. Vielleicht musst du da einfach drüberstehen..."
"Ja, das sagt sich so einfach, wenn man nicht selbst betroffen ist, Louis. Ich will einfach meine Ruhe haben und so wenig Aufsehen wie möglich erregen, damit ich mit niemandem in einen Konflikt gerate."
"Aber das ist doch auch nicht Sinn der Sache. Wie willst du dein Leben nach deinen Vorstellungen leben, wenn du ständig darauf bedacht bist, es allen recht zu machen und dich solange zu verbiegen, bis es jedem passt? Außerdem wird irgendwer immer etwas auszusetzen haben, das ist leider so."
Stumm manövriert er seinen Wagen um eine Kurve und lächelt mich dann flüchtig an. "Ja, da hast du vermutlich recht... Möchtest du jetzt noch in die Eisdiele gehen und dort ein Eis essen, oder fahren wir lieber zu mir? Vielleicht habe ich noch irgendetwas Brauchbares im Gefrierschrank."
"Wenn es dir nichts ausmacht, dann würde ich lieber zu dir nach Hause gehen."
"Ich hätte es nicht angeboten, wenn es mich stören würde", entgegnet er und hüllt sich dann den Rest der Fahrt in Schweigen, wobei er sehr nachdenklich aussieht. Was auch immer ihm zu schaffen macht, ich möchte ihn nicht dabei stören, weshalb auch ich den Mund halte und sobald wir in der Nähe seines Hauses geparkt haben, bricht er die Stille ohnehin wieder.
"Ich kann dir leider keinen Regenschirm anbieten, du musst also so schnell du kannst zur Eingangstür laufen", meint er entschuldigend und ich winke ab.
"Ich bin ja nicht aus Zucker, oder?"
"Aber mindestens so süß", scherzt er und auch wenn es nur ein Witz gewesen ist, werde ich rot und muss kichern.
"Das war kitschig."
"Ich weiß, das war furchtbar. Ich bitte um Verzeihung", lacht er und wirft probehalber einen Blick aus dem Fenster, bevor er seine Autotür öffnet. "Also auf drei. Eins, zwei... drei!"
Wie von der Tarantel gestochen reiße ich die Tür auf, knalle sie wieder zu und renne neben Harry durch den strömenden Regen, die Straße ein Stück hinauf und zu seinem Gartentor, an dem er, sobald wir davor stehen, fest rüttelt.
"Scheiße, ich habe abgesperrt und den Schlüssel im Auto vergessen", flucht er und ehe ich mich versehe ist er schon wieder losgelaufen und sprintet mit einem Affenzahn auf den Honda zu, während er mich wortwörtlich bibbernd im Regen stehen lässt.
Keine halbe Minute später ist er wieder zurück, schließt uns auf und wir stolpern durch matschige Erde und nasses Gras auf die Eingangstür zu.
Die dreckigen Schuhe ziehen wir noch aus, bevor wir den Flur betreten und dem Unwetter endlich entfliehen.
"Oh Gott, so war das nicht geplant ich bin klatschnass", klagt Harry, als er hinter uns wieder absperrt und seine Lackschuhe in ein Regal stellt.
"Du siehst aus, als würdest du gerade direkt aus dem Schwimmbad kommen", muss ich ihm recht geben, bin mir aber im Klaren darüber, dass ich vermutlich nicht viel besser aussehe. Das T-Shirt klebt mir am Oberkörper und meine Hose fühlt sich an wie eine labbrige zweite Haut.
"Möchtest du eine warme Dusche nehmen? So kann ich dich ja nicht weiter herumlaufen lassen. Ich gebe dir einfach wieder etwas von mir zum Anziehen."
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Ich wünsche euch einen schönen Donnerstag.
Bis bald
Maybe x[1277 Wörter]
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Fearless || larry stylinson fanfiction
FanfictionWieso schämt man sich für etwas, das absolut nicht peinlich ist? Wieso ist es schlecht, anders als die anderen zu sein? Weil uns die Gesellschaft suggeriert, dass gewisse Dinge "richtig" und andere "falsch" sind? Weil man schlank und hübsch sein m...