7. Kapitel - Kate

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Matt's Dad war ja mal gar nicht so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. In meiner Fantasie hatte er glatt zurückgekämmte Haare, einen perfekt sitzenden Anzug mit Weste und Taschenuhr und blitzeblank geputze Lederschuhe getragen.

Das echte Exemplar von Mr Rosh war um einiges anders. Er hatte ganz zerzauste Haare, (die wie bei Einstein vom Kopf abstanden), einen schwarzen Bademantel mit irgendeinem Logo auf der Tasche und trug darunter einen blau-weiß-gestreiften Schlafanzug.

Der Sanitäter der mit ihm irgendetwas besprochen hatte, drückte noch einmal kurz Matt's Schulter und warf uns ein kleines Lächeln zu, bevor er wieder davonbrauste. Vielleicht hätte ich ihn fragen sollen, ob er mich nach Hause fahren könnte... Nur war das jetzt ja wohl zu spät.

Um der Situation die Peinlichkeit zu entnehmen, (Matt starrte auf seine Füße, sein Vater abwechselnd auf ihn und mich, und ich sah den Mann an, der wahrscheinlich einer der Reichsten der Stadt war), streckte ich die Hand aus und versuchte so freundlich, wie möglich zu sagen: " Guten Abend, Mr Rosh. Freut mich, Sie kennenzulernen, ich bin Kate, Matt's ...," ich suchte noch nach den richtigen Worten, da kam Matt mir zur Hilfe:" Freundin. Sie ist meine Freundin."

Was?? Wieso war ich denn auf einmal seine Freundin? Vorher wollte er mir fast nichts über seinen Vater erzählen und jetzt war ich plötzlich seine Freundin? Ich starrte Matt verwirrt an. Der warf mir nur einen flehenden Blick zu, der wohl so viel heißen sollte, wie, Bitte, hilf mir.

Sofort wurde mein Herz weich. Na gut, dann spiele ich eben mit. Ich verschränkte meine Finger mit seinen und für einen Moment trat ein Funkeln in seine Augen. Ich wandte mich wieder Mr Rosh zu und sah für einen Moment die Emotionen über sein Gesicht huschen. Ungläubigkeit - Freude - Verärgerung - Bedauern - und wieder Verärgerung.

Er räusperte sich: " Deine Freundin also. Davon hast du mir gar nichts erzählt, mein Junge." Matt sah nun auch zu seinem Dad, nachdem er die ganze Zeit den Blick nicht von mir abgewandt hatte. Das Funkeln in seinen Augen war verschwunden. Ohne darauf einzugehen, nahm er meine Hand und zog mich ins Haus und zur Treppe. Dem schien es ja wieder prächtig zu gehen, kein Zeichen mehr davon, dass er vor einer halben Stunde noch zitternd in meinen Armen gelegen hatte. Ich schüttelte den Kopf - vor Bedauern. Dieser Junge hatte die größte Mauer der Welt um sich herumgebaut, die ihn vor den Blicken und vor allem den Worten der Anderen schützen sollte. Nur, dass es vielleicht das genaue Gegenteil bewirkte, denn obwohl wir uns erst so kurz kannten, wusste ich irgendwie, dass er sich damit nur noch tiefer in die Einsamkeit hineinmanövrierte.

Doch für den Moment war es vielleicht wirklich besser, wenn er erstmal Abstand zu seinem Dad bekam und ich mit ihm allein redete. Unwahrscheinlich war es zwar schon, aber vielleicht könnte ich sie besser aufeinander stimmen. Also sagte ich leise zu seinem Vater, damit Matt es nicht hören konnte: " Bitte entschuldigen Sie, Sir, aber ich glaube, es ist besser, wenn ich kurz mit ihm rede. Vielleicht kann ich ihn milder stimmen, damit Sie sich besser verstehen, aber versprechen kann ich leider nichts," ich sah in bittend an. Er saufzte kurz und nickte dann schließlich.

"Na gut. Tu das, aber schieb mir nicht die Schuld in die Schuhe, wenn er dich von sich stößt."

"Das werde ich nicht, Sir," ich sah ihm fest in die Augen.

"Danke," fügte er nach einem kurzen Zögern noch hinzu, als ich schon auf dem obersten Treppenabsatz angelangt war. Ich lächelte ihm noch kurz zu und ging dann in die offenstehende Tür hinein.

                                                                    ***

Huch! Wenn ich gaglaubt hatte, dass Matt's Zimmer genau wie der Rest des Hauses (zumindest das, was ich bis jetzt gesehen hatte) wie aus einer IKEA-Zeitschrift stammend aussah, hatte ich mich aber gründlich geirrt.

Wie kann jemand sein Zimmer nur so unpersönlich halten?


Seelenwandler - VertauschtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt