Krass. Also die letzten Male war es ja schon komisch, aber jetzt steht es fest: das konnte ich nicht geträumt haben.
Ich sah mir noch mal das Zimmer vor meinem inneren Auge an, denn ich hatte mir sofort alles eingeprägt: Ein Einzelbett mit bunter Blümchenbettwäsche, einen Schreibtisch mit Stuhl und Lampe, ein ziemlich kleiner Kleiderschrank, ein Bücherregal, eine Kommode und ein winziges abgenutztes Sofa. Über allem eine große Lampe, wie ein überdimensionaler Lampion. Wahrscheinlich von IKEA. Ein Spiegel und ein paar Bilder an der Wand. Beide umwickelt mit Lichterketten.
Eindeutig ein Mädchenzimmer. Warum wache ich in einem Mädchenzimmer auf? Ich war doch ein Junge und das Zimmer, das ich gesehen hatte, als ich beim Aufwachen vor Schreck fast aus dem Bett gefallen war, hatte nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit meinem.
Da mein Dad ziemlich viel Kohle hatte, war mein Zimmer eines dieser Sorte: „reicher-Sohn-dessen-Vater-nie-zuhause-ist-und-ihm-viel-kauft-um-sein-schlechtes-Gewissen-zu-beruhigen". So war mein Dad eben, er war selten zu Hause und kümmerte sich überhaupt nicht um mich. Jetzt störte mich das nicht besonders, weil ich sowieso meine eigenen Probleme (übernatürliches-Zeug-Alarm!)hatte.
Aber wir hatten da so einige unausgesprochene Wetten am Laufen. Eine war zum Beispiel, dass ich ziemlich viel teuren Kram bestellte, das ich mit seiner Kreditkarte bezahlte, um ihn zu ärgern.Und im Gegenzug schleppte er immer neue Frauen mit zu uns. Sie waren alle nur einmal da und als er sich danach nie bei ihnen meldete, riefen sie im Stundentakt bei uns an. Und weil Dad ja nie zuhause war, musste ich sie immer abwimmeln. Irgendwann hatte mich das so genervt, dass ich uns eine neue Telefonnummer besorgt hatte, die natürlich auch wieder auf seine Kreditkarte ging. Wahrscheinlichhatte er es nicht mal gemerkt und seine ganzen Eroberungen wählten stundenlang eine nicht mehr existierende Nummer.
Und meine Mutter? Tja, die hatte die Nase von meinem Vater irgendwannn so voll, dass sie ihn verlassen hatte und ausgewandert war. Wieso sie mich nicht mitgenommen hatte? Keine Ahnung. Ich war da ja noch ziemlich klein gewesen - sieben, um genau zu sein. Aber falls ich sie jemals wieder sehen sollte, würde ich ihr das schön unter die Nase reiben.
So, jetzt wisst ihr schon mal so einiges über mich. Findet ihr mich bemitleidenwert? (Also nicht wegen dem Geld, sondern wegen meinem beschissenem Familienleben.) Braucht ihr nicht, ich kam eigentlich ganz gut alleine klar. Na gut, in der Schule hätte ich vielleicht echt gern ein paar Kumpels. Aber so ist das, wenn der Vater viel Kohle hat, ist man entweder der beliebteste Typ an der Schule oderder totale Außenseiter. Und ich war definitiv nicht das Erste von Beidem.
***
„Matthew? Hast du kurz Zeit?" Nein, du siehst doch, dass Legolas gerade Orks abmurkst. Da habe ich jetzt echt keine Zeit für dich. Ich drückte auf Pause und seufzte. Musste er mich ausgerechnet bei Herr der Ringe unterbrechen? Seit ich dreizehn war, war das mein absoluter Lieblingsfilm gewesen. Ich schaute ihn mir immer an, wenn ich einfach mal wieder abschalten, und in einer nicht existierenden Welt versinken wollte. Denn egal, wie scheiße es mir ging, die Leute dadrin waren schlimmer dran als ich. Das gab mir ein besseres Gefühl. So, als wäre ich doch nicht der letzte Loser. Dann endlich sah ich zu meinem Vater.
„Klar, was gibt's?"
„Wie geht's dir?"
„Gut, was sonst?", ich verschränkte die Arme vor der Brust.
Jetzt seufzte er auch: „Matthew, ich sehe doch, dass irgendwas nicht stimmt..."
Ich lachte kurz spöttisch auf: „Als ob du wüsstest, wie es mir geht. Ich interessiere dich doch nicht mal! Für dich bin ich doch nur ein weiterer Fehler, den du im Leben begangen hast. Genauso wie Mom. Du bist doch nur aus Pflichtgefühl bei ihr geblieben!"
„Dass das ein Fehler war, habe ich nie gesagt. Das bildest du dir doch nur ein."
„ Ich bilde mir das ein ja? Bilde ich mir eure Telefonate auch nur ein? Bilde ich mir ein, wie du sie anschreist, sie wäre an allem Schuld und alles nur ein riesengroßer Fehler?" Meine Stimme bebte und ich sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
„Aber Matthew, das war doch gar nicht...", fing er an, doch ich schaltete auf Durchzug und seine Worte rauschten an mir vorbei.
Ichversuchte mich zu beherrschen, Matthew, so hatte er mich von dem Moment an genannt, als Mom uns verlassen hatte. Sie hatte mich immer Matt genannt.
Und mit diesem Gedanken rannte ich aus meinem Zimmer.
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Seelenwandler - Vertauscht
FantasySeit Kate sechzehn ist, häufen sich seltsame Vorkomnisse. Als sie an mehreren Morgen in einem anderen Bett aufwacht, weiß sie, dass irgendetwas nicht stimmen kann. Ist es etwa möglich, dass sie mit jemandem den Körper tauscht?! Was hat ihr, bislang...