Kapitel 16

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Als die Katzen sich bei Sonnenaufgang wieder auf den Weg machten, regnete es. Trotz des Regens war es warm und so entstand eine unangenehme Mischung, die allen zu schaffen machte.
In Fuchssprungs Kopf schwirrten die Gedanken nur so herum, wodurch er Mühe hatte, sich wirklich auf seine Umgebung zu konzentrieren. Deshalb hatte er auch Calima die Führung überlassen und lief hinten in der Gruppe.
Die Katzen wanderten schweigend durch ein hügeliges Land. Die Felle hatten sie als Schutz vor der Nässe aufgeplustert, doch das half nicht viel. Einmal, als sie auf ihrem Weg eine grosse Linde kreutzten, machten sie darunter eine kurze Pause, um wenigstens kurz dem Regen zu entkommen.
Dann liefen sie weiter. Fuchssprung war sich zwar wegen den Patrouillen früher das weite Laufen gewöhnt und er kannte es ja auch bereits, da er vor einiger Zeit gemeinsam mit ein paar Clankameraden in die Bergen zum Stamm des eilenden Wassers gewandert war, dennoch spürte er, dass sein Körper immer erschöpfter wurde. Was ihm aber noch mehr zu schaffen machte, war, dass er kein wirkliches Ziel hatte. Klar, er wusste, er musste seine neuen Freunde an den grünen Ort bringen, aber anders als damals bei den Bergen, wo er gewusst hatte, wann sie etwa ankommen würden, wusste er dieses Mal gar nichts. Und das kostete ihn einiges an Kraft.

Gegen Sonnenhoch wurde der Regen noch stärker. Mit einem Mal hob Calima den Schwanz, um den anderen zu zeigen, dass sie anhalten sollen. Augenblicklich hielten auch alle an, denn Calima würde sie nicht stoppen, wenn es keine mögliche Gefahr geben würde. Fuchssprung lief rasch nach vorne zu Calima. Auch Efeu und Nessel waren bereits bei Calima und starrten wie die Kätzin nach vorne. Als Fuchssprung ihren Blicken folgte, spürte er, wie seine Stimmung noch mehr sank.
Vor ihnen lagen durch den Regenschleier hindurch Umrisse eines Zweibeinerorts. Doch er hatte etwas seltsames an sich; man roch keine Zweibeiner und keine Monster, auch hörte man überhaupt nichts.
"Was machen wir jetzt?", fragte Efeu unsicher. Fuchssprung spürte Calimas Blick und erwiderte ihn nachdenklich. Schliesslich antwortete Calima: "Wir müssen weiter. Hier draussen gibt es keinen Schutz und wenn wir noch etwas für die Nacht suchen, dann brauchen wir insgesamt nur noch länger, um wieder in die richtige Richtung zu gehen". Fuchssprung nickte. "Sie hat recht. Gerade heute, wo man den Sonnenaufgang nicht wirklich sah, dürfen wir nicht riskieren, vom Weg abzukommen".
Da erklang Flockes besorgte Stimme von hinten. "Aber bei dem Regen kann man kaum was erkennen, das ist doch viel zu gefährlich". Da schaltete sich Jamal in das Gespräch ein. "Was mich stört, ist, dass ich keine Zweibeiner riechen kann". Er sah angestrengt zum Zweibeinerort und hielt seine Nase in den leichten Wind. Fuchssprung sagte: "Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Vielleicht haben wir ja Glück und dieser Ort hier ist verlassen. Jedenfalls müssen wir sowieso durch und wer weiss, wie lange der Regen anhalten wird".
Das sahen die anderen nun auch ein und nach ein paar Einwendungen, die aber geklärt werden konnte, liefen sie weiter.
Wenig später erreichten sie den kaputten Zaun, der um den ersten Bau herumstand. Fuchssprung betrachtete den Bau misstrauisch. Er wirkte tatsächlich verlassen, denn das Dach war an einigen Stellen eingefallen und die Wände hatten auch undichte Stellen. Hier würde definitiv kein Zweibeiner freiwillig leben.
Als sie allerdings weiter in den Ort hineinliefen, nahm Fuchssprung einen anderen Geruch wahr. "Katzen", murmelte er zu Calima, die neben ihm vorneweg lief. Die Kätzin nickte. "Ja, ich kann es auch riechen. Es riecht nach vielen Katzen. Meinst du, hier leben Streuner?"
Fuchssprung wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. "Kann schon gut sein, schliesslich scheint dieser Ort wirklich frei von Zweibeinern und Monstern zu sein. Wir sollten vorsichtig sein, bei Streunern kann man nie wissen.."
Unwillkürlich rückten die Katzen noch enger zusammen. Zum Glück war Calima ein Hauskätzchen gewesen und kannte sich mit Zweibeinerorten aus, denn die anderen hätten sich ohne ihre Zielsicherheit bestimmt schon längst verlaufen.
Der Regen wurde immer stärker und irgendwann konnte Fuchssprung selbst die dicht neben ihm gehende Calima kaum mehr erkennen. Er rief: "Das bringt nichts, wir müssen warten, bis der Regen nachlässt!"
Calima sah sich um, dann deutete sie auf einen Bau, der nach allen Seiten offen war. Und nur dank dieser Tatsache folgten ihr die anderen unter das Dach. Energisch schüttelten sie alle ihre Felle aus, wodurch der Boden gleich nass war. Doch das machte keinem etwas aus, denn alle waren einfach froh, dem strömenden Regen zu entkommen. Sie kauerten sich dicht aneinandergedrängt nieder und warteten.

Dann endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, liess der Regen nach. Fuchssprung hatte die ganze Zeit über nach draussen gestarrt und bemerkte den Wechsel so. Anfangs hatte er nämlich nur die Umrisse um ihn herum gesehen, doch nun sah er die Baue um sich herum wieder klarer.
Plötzlich bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Er fuhr alamiert hoch und sah sich um. Etwas weisses balancierte über eine Mauer vor dem Bau, in dem Fuchssprung und seine Freunde sassen. Da der Regen ja noch immer stark war, brauchte Fuchssprung eine Weile, bis er die Gestalt als weisse Katze erkannte. Diese sprang nun von der Mauer und starrte zu den fremden Katzen hinüber.
Sie war schlank und es war deutlich, dass sie kein Hauskätzchen war. Da Fuchssprung vorhin aufgesprungen war, hatten auch die anderen die fremde Katze bemerkt. Eine ganze Weile starrten sie die weisse Katze an, bis diese sich ihnen zögernd näherte. Sofort erhoben sich alle und Kralle stellte sich knurrend vor seine Gefährtin und Jungen.
Doch Fuchssprung war seltsam ruhig. Er spürte keine Gefahr von der Katze ausgehen, was er vor allem am ruhigen Gang und dem neugierigen Blick erkannte. Schliesslich blieb die Katze kurz vor ihnen stehen und nun konnte Fuchssprung auch den Geruch wahrnehmen, der eindeutig nach einer Kätzin roch.
"Wer seid ihr und was macht ihr hier?", fragte diese nun. Zwar klang ihre Stimme ruhig, dennoch erkannte man auch deutlich die Warnung.
Fuchssprung antwortete rasch: "Wir sind nur auf der Durchreise. Wir wollen keinen Ärger!" Die Kätzin entspannte sich ein wenig. "Und wer seid ihr?", fragte sie erneut. Bevor Fuchssprung antworten konnte, sagte Calima mit belustigtem Unterton in der eigentlich ernsten Stimme: "Sollen wir uns jetzt wirklich einzeln vorstellen? Mal so viel; wir sind Freunde und suchen einen bestimmten Ort, den wir allerdings noch nicht kennen".
Bei ihren Worten zuckte die Kätzin deutlich belustigt mit den Ohren und auch Fuchssprung entspannte sich wieder. Calima hatte einfach eine Art an sich, die einem ruhiger machte, bemerkte er mal wieder.
"Nein, du hast Recht, das würde zu lange dauern", erwiderte die Kätzin und fügte dann hinzu: "Ich bin Schneeball und lebe hier gemeinsam mit einigen Freunden".
Fuchssprung horchte auf. "Schneeball? Das klingt wie ein Clanname". Die Kätzin sah ihn verwundert an. "Du kennst die Clans?" Fuchssprung nickte und bevor er mehr sagen konnte, fragte Schneeball mit grossen Augen: "Kennst du auch Feuerstern und Sandsturm?"
Bei dieser Frage erstarrte Fuchssprung voller Überraschung.

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Na, wer kennt alles noch Schneeball?😇 Für die, die sie nicht kennen: Sie kommt in "Feuersterns Mission" vor. Ich dachte, ich bringe sie einfach noch mit ein😊
Und nochmals; Danke für die vielen Leser!🥰😱

Fuchssprungs ProphezeiungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt