John

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Kaum hat die Musik gestartet fangen die Pärchen an sich zu bewegen.
Aber ich habe nur Augen für Tina und Jackson. Sie stehen sehr nah beieinander und bewegen ihre Körper in schlängelnden, fast sinnlichen Bewegungen. Sie haben ihre Kokosnuss schon bis zu Tinas Brust befördert und Jackson geht in die Knie um die Kokosnuss mit seinem Mund zu Tinas zu schieben.
Sein Gesicht so nah an Tinas Brüsten und die Vorstellung, dass ihre Lippen bald nur noch von einer Kokosnuss voneinander getrennt sein werden, bringt das Fass zum Überlaufen.

Ich schubse johlende Menschen beiseite die mir im Weg stehen. Dabei ist es mir ganz egal ob jemand wegen mir sein Trinken verschüttet oder gegen einen anderen Besucher fällt.
Ich sehe nur noch rot.
Wütend stürme ich zu meinem Auto. Das Gewinner Team wird bekannt gegeben doch ich höre nichts außer dem Rauschen meines Blutes in meinen Ohren.
Ich bin so wütend, das ich das Zündschloss einige Male verfehle bevor ich heulend den Motor starte und wütend davon fahre.

Automatisch geht das Radio an und ein fröhlicher Moderator berichtet von der Wohltätigkeitsveranstaltung die das örtliche Fitnessstudio heute ausrichtet. Das kann doch nicht wahr sein? Gibt es denn heute kein anderes Thema?
Zornig schalte ich das Radio aus. Wo soll ich hinfahren? Nach Hause ist keine Option.
Dort würde mich meine perfekte Mutter fragen wie es war und ob ich schon Collegepläne hätte, dann würde sie ihren perfekten Kuchen, ihren perfekten Hackbraten oder was auch immer für ein perfekt zubereitetes Essen aus dem Ofen holen und anfangen von meiner perfekten Schwester zu reden.
Und würde ich ihr sagen, dass ich am liebsten bei meinem Onkel in der Autowerkstatt arbeiten würde und überhaupt nicht aufs College gehen will, würde sie mich mit zusammengepressten Zähnen und schmalen Lippen anlächeln, ihre Perlenkette richten und sagen "Ach Schätzchen, das ist wirklich nicht das Leben das du führen willst. So kannst du Tina keine schöne Zukunft bieten."
Meine Mutter ist besessen von Tina. Sie findet, dass Tina mit ihren guten Noten, ihren vielen außerschulischen und ehrenamtlichen Aktivitäten und ihren blonden Haaren perfekt in unsere perfekte Familie passt. Meine Mutter weiß so wenig.

Also fahre in einfach drauf los. Ich biege auf den Highway und fahre viel zu schnell. Ich fahre seit knapp einer Stunde und langsam geht die Sonne unter. Meine Wut wird durch ein dumpfes Betäubtheitsgefühl ersetzt.
Wie konnte Tina nur zulassen, dass Jackson ihr Partner wurde?
Sie weiß schließlich, dass ich den Kerl nicht ausstehen kann. Ich fahre immer schneller und sehe die Lichter der anderen Autos an mir vorbei ziehen. Manche hupen, aber das kriege ich entweder nicht mit oder es ist mir egal und ich strecke den Mittelfinger aus dem Fenster. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich schon fast fünf Stunden fahre und die Tankleuchte blinkt schon seit fast 20 Meilen.

Seufzend fahre ich bei der nächsten Tankstelle ab. Erst als ich den Zapfhahn einrasten höre frage ich mich wo ich überhaupt bin. Eine Werbetafel verrät es mir: Massachusetts.
Ich hatte drei Bundesstaaten durchquert ohne es zu merken, aber wenigstens wusste ich jetzt wo ich hinwollte: In das Ferienhaus in den Hamptons. Da wäre ich in ein paar Tagen sowieso gewesen da machen zwei Tage mehr oder weniger auch keinen Unterschied mehr.
Die letzte Stunde fahrt vergeht genauso schnell wie die letzten fünf und als ich endlich da bin wird mir klar, dass ich den Hausschlüssel gar nicht dabei habe.
Zum Glück habe ich mit 14 einen Ersatzschlüssel unter dem Rosenbusch der Nachbarn versteckt. Damals schloss ich mich aus und bekam riesen Ärger mit meinem Vater. Leise schleiche ich zu den Nachbarn, wobei es nicht so aussieht als ob sie Zuhause wären, und hole den Schlüssel.

In unserem Haus sieht es so aus wie immer und Lydia, unsere Haushälterin, war sogar schon einkaufen und hat den Kühlschrank aufgefüllt. Hungrig mache ich mir ein Sandwich und mache mich auf den Weg in das Apartment über der Garage.
Damals mit 14 hatte ich eine äußerst rebellische Phase und meine Mutter ertrug mich nicht länger in ihrem Haus, weshalb das obere Stockwerk der Garage zu einem Apartment mit Bad umgebaut wurde.
Nach fast sieben Stunden Fahrt lasse ich mich müde auf mein Bett fallen und schlafe sofort ein.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, weiß ich erst gar nicht wo ich bin. Als es mir wieder einfällt schaue ich auf mein Handy und sehe, wie ich erwartet habe, neun verpasste Anrufe und siebzehn Nachrichten. Die Nachrichten meiner Eltern und meiner Schwester lese ich gar nicht erst ich schicke allen den gleichen Text:

Bin in den Hamptons. Mir geht's gut. Bis in ein paar Tagen,

Die Nachrichten von Tina hingegen lese ich.

Wo bist du?
Hast du unsere Show gesehen?
Hallooo? John??
Ich wollte nicht mit Jackson tanzen es tut mir leid!
Bist du wirklich sauer deswegen?
John?
Antworte mir bitte ich mach mir Sorgen.

Soll sie sich doch Sorgen machen. Sie hätte ja Jackson als Tanzpartner ablehnen können. Ich spüre wie ich wieder wütend werde und knalle das Handy, ohne Tina zu antworten, auf den Schreibtisch.

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