Tina

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Eine weitere Erinnerung flutet über mich herein.

Wir waren noch nicht lange zusammen und waren an diesem Abend sehr rebellisch drauf. Ein Schüler aus der Oberstufe, hatte uns gefälschte Ausweise besorgt und die probierten wir in der erstbesten Bar aus, an der wir vorbei kamen. Ich ging einige Minuten vor John rein, setzte mich an die Bar und bestellte einen Dry Martini.
Der Barkeeper musterte mich skeptisch und mein Herz schlug mir bis zum Hals, aber ich hatte so viel Make up aufgelegt und meine Augen so verrucht geschminkt, dass ich locker als 21 durchging. Schließlich nickte er und stellte kurze Zeit später ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit vor mich hin. Vorsichtig nippte ich und verzog den Mund. Ich war Alkohol nicht gewöhnt und er schmeckte furchtbar und brannte im Hals.

Die Tür ging auf und John kam herein. Er setzte sich ein paar Hocker von mir entfernt und bestellte Selbstsicher einen Whisky auf Eis. Der Barkeeper machte sich wieder nicht die Mühe nach dem Ausweis zu fragen und stellte wortlos ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit vor John ab. "Schlechten Tag gehabt?" fragte ich John, denn ich wollte, dass es so aussah als würden wir uns nicht kennen. Er nickte stumm und schwenkte sein Glas. "Ich habe heute zwei Patienten verloren" antwortete er mit tiefer Stimme und in deprimiertem Tonfall.

Ich versuchte mir ein kichern zu verkneifen, dass machte wirklich Spaß. "Und du?" fragte er "Mein Mann hat mich und meine zwei kleinen Kinder verlassen. Also ja ich hatte auch einen scheiß Tag." antwortete ich hinter hervorgehaltener Hand, da sonst jeder mein breites Grinsen gesehen hätte. John rückte näher an mich heran, legte die Hand auf meinen unteren Rücken und sagte lauter als nötig: "Du bist die schönste Frau die ich je gesehen habe." Daraufhin küsste ich ihn stürmisch, wir leerten unsere Gläser in einem Zug, John schmiss achtlos einige Scheine auf den Tisch und wild knutschend verliesen wir die Bar. Viele Leute waren nicht dort gewesen, aber die, die da waren, sahen uns mit offenem Mund ungläubig hinterher.

Draußen angekommen konnten wir uns das Lachen nicht mehr verkneifen. Wir lachten laut los und spazierten durch die Stadt. Wir waren beide keinen Alkohol gewöhnt und waren durch das schnelle Trinken gut angeheitert. Im Lichtkegel einer Straßenlaterne blieb ich stehen, streckte die Arme aus und fing an mich zu drehen. "
Komm schon John, tanz mit mir!" rief ich ihm zu, doch er stand nur da und sah mir mit verschränkten Armen lächelnd zu. Irgendwann kam er doch zu mir, doch nicht um mit mir zu tanzen sondern, um mich gegen die nächste Hauswand zu pressen und leidenschaftlich zu küssen. Ich vergrub meine Finger in seinen dunklen Haaren und seine Hände wandertne unter mein Shirt.
Wir waren so mit uns selbst beschäftigt, dass wir die alte Dame, die die letzte Runde mit ihrem Hund drehte gar nicht bemerkten. Laut räusperte sie sich neben uns und riss uns so aus unserer Zweisamkeit. Lachend liefen wir weg und als ich einen Blick über die Schulter warf, sah ich wie sie kopfschüttelnd weiter ging.

Das war nur einer der unzähligen Tage und Momente,wo John und ich Spaß hatten. Wir machten eine Menge Quatsch zusammen und hattenoft minutenlange Lachanfälle. Bei ihm fühlte ich mich auch bei der dümmstenIdee sicher und geborgen. Und auch an Tagen, an denen ich schlechte Laune hatteoder traurig war und mich wertlos fühlte, war John derjenige der michaufmunterte und der mir versicherte, dass ich wichtig war.

Drei SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt