Loreley

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Ich habe keine Ahnung wie spät es ist als ich aufwache. John sitzt mit dem Rücken zu mir und wird von der Sonne angestrahlt. Ich wünschte er würde bei mir bleiben aber das ist natürlich unmöglich, schließlich hat er eine Freundin und wohnt eine Tagesfahrt entfernt. Ob wir wenigstens in Kontakt bleiben wenn die Schule wieder losgeht?

Ich gehe zu ihm und streichle ihm über den Rücken. "Himmel! Du kannst dich doch nicht einfach so an mich anschleichen!" blafft John mich an und ich ziehe sofort meine Hand zurück. "Es tut mir leid." entschuldige ich mich, auch wenn ich nicht wirklich weiß wofür. "Ich wollte ohnehin gehen." sagt John, zieht sich an und verlässt ohne ein weiteres Wort mein Zimmer. Was war das denn?  Bevor ich noch länger über sein komisches Verhalten nachdenken kann klingelt mein Handy.

"Ich bin wieder zu Hause!" ruft Michelle mir durch das Telefon glücklich entgegen. "Dir auch Hallo" lache ich. "Wie wars bei deinen Großeltern?" "Ach wie es bei alten Menschen halt so ist. Langweilig. Aber reden wir nicht über mich. Wann hast du wieder Zeit? Hast du Lust morgen shoppen zu gehen?" Ich würde wirklich gerne aber was, wenn John sich meldet? Er war vorhin zwar komisch aber er kriegt sich bestimmt wieder ein.
"Tut mir leid morgen kann ich nicht" erwidere ich wage. "Ok wie wär's dann mit übermorgen oder am Wochenende?" "Da kann ich leider auch nicht" antworte zerknirscht und schaue auf meine Füße. "Ist alles in Ordnung bei dir Loreley?" jetzt klingt Michelle besorgt. "Jaja alles gut ich ..." eigentlich will ich ihr gar nicht von John erzählen aber wie ich sie kenne wird sie nicht locker lassen, bis ich es ihr erzählt habe "... ich hab wen kennengelernt." Michelle kreischt so laut, dass ich das Handy von meinem Ohr weghalten muss um nicht taub zu werden. "Ich hoffe es ist nicht so ein Trottel wie Christian. Du musst mir alles erzählen!"
Plötzlich bin ich richtig müde und ich will mit Michelle nicht darüber reden, dass ich eine Affäre mit einem Typ habe, der ein paar Staaten weiter eine Freundin hat. Sie wäre wahrscheinlich sauer und würde mich nicht verstehen. "Hey tut mir leid mein Vater ruft mich. Ich ruf dich zurück." Ich lege auf ohne auf eine Antwort zu warten.

Die nächsten paar Tage höre ich nichts von John. Er ignoriert meine Nachrichten und antwortet nicht auf meine Anrufe. Michelle hat mich ein paar Mal angerufen und wollte shoppen oder ans Meer aber ich habe jedes Mal abgesagt, in der Hoffnung John würde sich melden und mich wieder hinter der Mall treffen. Ich glaube es ist meine Schuld dass er sich nicht meldet, schließlich habe ich ihn dazu gedrängt in die Öffentlichkeit zu gehen obwohl er das ganz eindeutig nicht wollte.

An einem Abend, an demJohn sich wieder nicht gemeldet hat, setzte ich mich in mein Auto und fahreziellos durch die Gegend. Ich fahre bestimmt schon eine Stunde rum, da sehe icheine vertraute Gestallt den Gehweg entlang laufen. John. Ich fahre näher zumRandstein und lasse das Fenster runter. John scheint ganz in Gedanken zu seinund bemerkt mich gar nicht. "John, wir müssen reden. Steig ein."Eigentlich bin ich ein ruhiger Mensch der viel toleriert aber jetzt reicht'smir. Ich will nicht mehr ignoriert werden. An meinem Tonfall muss John bemerkthaben, dass ich es ernst meine denn er steigt ein.


"Was soll das Ganze?" frage ich gerade heraus "Ich weiß, dassdas mit uns nur eine Sommer Affäre ist aber deswegen brauchst du mich nochlange nicht wie Luft behandeln. Ich dachte wir wären auch Freunde."Beschämt senkt John den Blick. "Es tut mir leid. Es ist nur ... Tina weißvon uns und ich kann einfach nicht aufhören an sie zu denken, selbst wenn ichbei dir bin ist sie immer in meinem Kopf." Mit so viel Ehrlichkeit hatteich nicht gerechnet. "Das ist sicher hart für dich. Aber bitte lass esnicht an mir aus." John nickt "Ich versuche es."

Vor seinem Haus halte ich und fühle mich dank unseres offenen Gesprächsbefreit. Ich rechne gar nicht damit, als er sich zu mir beugt und mich küsst.

Drei SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt