Loreley

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Mutiggehe ich auf die Person zu die da so einsam am Strand sitzt und setzte michdaneben. "Harten Tag gehabt?" frage ich den Jungen der sehr verlorenaussieht.
Er antwortet nicht und so sitzen wir eine Weile nebeneinander undschauen stumm aufs Meer hinaus. Es hat etwas tröstliches nicht allein hier zusitzen.

Für Anfang Juni ist das Wetter ungewöhnlich trüb und über dem Wasser ziehen dunkle Wolken zu uns herüber. Ich will ihm sagen, dass es bald zu regnenanfängt aber andererseits will ich ihn nicht stören oder seine Gedanken unterbrechen.
Verstohlen mustere ich sein Profil. Er hat kurze dunkelbraune,fast schwarze Haare, ein scharf geschnittenes Kinn und geschwungene Lippen.
Bevor ich weiter über seine Lippen nachdenken kann trifft mich schon der erste Regentropfen.

Mein erster Reflex ist es, aufzustehen und zum Auto zurück zurennen aber der Junge neben mir bleibt einfach sitzen, als bemerkt er dieTropfen nicht die jetzt immer schneller und größer zu fallen beginnen.
Mir wirdes jetzt aber doch zu nass und ich stehe auf und will zu meinem Autozurückgehen. Da scheint dem Jungen erst aufzufallen, dass er schon fast vollständig durchnässt ist. Er schaut zu mir und zuckt zusammen. "Wie lang bist du denn schon hier? Ich hab gar nicht gemerkt, dass jemand gekommen ist." "Das erkläre ich dir wenn wir beim Auto sind. Komm ich glaube bald fängt es zu gewittern an."
Ohne lange zu überlegen, nehme ich seine Hand und wir laufen zum Auto. Meins steht am nächsten bei uns und sobald wirdort sind, reißen wir die Türen auf und flüchten ins Trockene. Mittlerweile ist der Regen so stark geworden, dass man gar nichts mehr sieht und in der Ferne hört man schon den Donner. "Wir müssen irgendwo hin wo wir ein anständiges Dach über dem Kopf haben" sage ich, denn ich wohne schon mein ganzes Leben hier und weiß wie schlimm so ein Gewitter in dieser Gegend werden kann.

"Fahren wir zu mir, da ist sowieso keiner" sagt der Junge und tipptseine Adresse in mein Navi ein. Ich kenne die Gegend wo er wohnt und bin ein bisschen neidisch. Dort stehen herrschaftliche Villen die dreimal so groß sindwie die Häuser in meiner Nachbarschaft.
Ich kann nur langsam fahren, dennobwohl die Scheibenwischer auf die höchste Stufe eingestellt sind, sehe ich so gutwie nichts. Die Fahrt verbringen wir so schweigend wie auch schon die Zeit amStrand.
"Ich bin übrigens Loreley" sage ich in die Stille und versuche so ein Gespräch zu starten. "Ich bin John" antwortet John. Er ist dabei nicht unfreundlich nur sehr in seine Gedanken vertieft, nehme ich an. Leider sagt er auch sonst nichts mehr und so ist auch dieser Versuch eine Unterhaltung zu beginnen, fehlgeschlagen. Endlich halte ich vor seinem Haus.

"Komm mit rein. Bei dem Wetter kann ich dich unmöglich alleine draußen lassen." Ich steige aus und wir rennen zur Garage und die kleine Wendeltreppe nach oben. Oben angekommen schließt John die Tür auf und wir stolpern keuchend hinein.
Die Tür ist noch nicht ganz ins Schloss gefallen, dazieht John sein T-Shirt aus. "Was machst du denn da?" frage ich schockiert und drehe mich anstandshalber um. "Ich will nicht meine ganze Wohnung unter Wasser setzten." Ich glaube ich höre ein Grinsen aus seiner Stimme und den platschenden Geräuschen zu urteilen, hat er auch seine Jeans undseine Schuhe ausgezogen.
Da ich ihm immer noch mit dem Rücken zu ihm stehe kannich nicht sehen was er tut, aber ich vermute er geht Richtung Badezimmer.
Verstohlen drehe ich mich um. Ich hatte Recht. Bis auf seine wirklich engsitzende Unterhose hat er nichts mehr an. "Ich bring dir ein Handtuch undein trockenes T-Shirt, dann kannst du dir auch was Trockenes anziehen."
Schnell drehe ich mich wieder um und hoffe, dass er nicht gesehen hat, wie ich ihm hinterher geschaut habe.

"Du kannst dich wieder umdrehen Loreley." Mit einem jungenhaften Grinsen steht John vor mir und hält mirwie versprochen, Handtuch und T-Shirt unter die Nase.
Dankbar nehme ich beides entgegen, denn unter meinen Schuhen, hat sich tatsächlich schon ein kleiner See gebildet. Wartend schaut John mich an.
"Kannst du dich bitte umdrehen?" frage ich schüchtern und ich bilde mir ein einen kurzen Funken Enttäuschung in Johns Augen aufblitzen zu sehen. Aber das kann nicht sein, schließlich kennt er mich ja nicht und hübsch findet er mich bestimmt auch nicht. "Oh klar. Sorry" peinlich berührt, geht zum Fenster auf deranderen Seite des Zimmers und schaut hinaus.
"Das Wetter spielt echt verrückt, was?" Während ich meine langen Haare so gut es geht trocken tupfe ohne dabei auszusehen als hätte ich in die Steckdose gefasst muss ich lächeln, er versucht tatsächlich Small Talk. "Ja. Komisch das es im Juni so regnet. Solche Gewitter gibt es sonst nur im Herbst."

"Wohnst du hier?" fragt er erstaunt. "Ja. Naja nicht hier sondern drüben in der Nähe der Mall." Ich bin fertig mit abtrocknen und umziehen. John hat mirnur ein T-Shirt gegeben aber keine Hose aber zum Glück ist John fast 1,90m großund so versinke ich mit meinen knapp 1,60m fast darin. "Fertig. Du kannst dich wieder umdrehen." "Krass. Ich komme jeden Sommer hier her und habe noch nie jemanden kennen gelernt der wirklich hier wohnt" sagt John und kommt auf mich zu.
"Machs dir bequem. Ich würde dich ja fragen ob du Hunger hast, aber da geh ich nicht mehr raus." lächelt er und zeigt ausdem Fenster.
Inzwischen ist das Gewitter richtig heftig geworden. Es blitzt und donnert im Sekundentakt und der Regen trommelt laut auf das Dach und gegen die Fenster.

Drei SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt