Loreley

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Am nächsten Morgen wache ich auf weil ich mich so in der Bettdecke verknotet habe, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. John schläft noch neben mir. Das Unwetter von gestern ist verschwunden, und als ich vorsichtig den Vorhang zurückschiebe begrüßt mich ein strahlend blauer Himmel und Sonnenschein.
Ich wollte John nicht wecken aber das Sonnenlicht trifft genau auf sein Gesicht. Er will sich von den Sonnenstrahlen wegdrehen doch er ist genauso in die Decke verschlungen wie ich es war. Gähnend öffnet er die Augen und schaut mich an.

Erst habe ich Angst, dass er unsere gemeinsame Nacht für einen Fehler hält und mich auf der Stelle rausschmeißt, doch dann richtet er die Decke und hebt sie auf der einen Seite hoch, sodass ich darunter schlüpfen kann. Ich kuschle mich an seinen warmen Körper und schließe glücklich die Augen.
"Was willst du heute machen?" fragt er mit rauer Stimme. "Wie wäre es mit einem Tag am Strand?" schlage ich vor und freue mich sofort darauf.
John scheint meine Vorfreude zu bemerken und küsst meinen Hals während er zustimmend murmelt: "Dann machen wir das."

Wir fahren mit meinem Auto weil Johns ja noch am Strand steht und weil das Wetter gestern so schlecht war hatten wir Badesachen, Handtücher und Sonnencreme noch auf der Rückbank liegen.
Wie erwartet sind wir die einzigen, weil keiner außer uns diese kleine Bucht kennt. Übermütig streife ich mein Kleid ab unter dem ich vorsorglich schon meinen Bikini trage, und laufe so schnell ich kann aufs Wasser zu. "Wo bleibst du John?" rufe ich ihm über die Schulter zu aber da sehe ich ihn schon auf mich zu laufen.

Seine Badehose sitzt tief auf seinen Hüften und ich bin so abgelenkt von seinen Bauchmuskeln, dass ich die große Welle übersehe die unaufhaltsam auf mich zurollt.
Mit gurgelnden Geräuschen gehe ich unter und tauche kurze Zeit später luftschnappend und mit brennenden Augen wieder auf. John hält sich vor Lachen den Bauch und übersieht dabei selbst eine Welle, die ihn ebenso gnadenlos umhaut wie mich.
Jetzt bin ich es die sich vor Lachen kaum halten kann aber diesmal behalte ich die Wellen im Auge damit ich nicht wieder umgerissen werde. Ich warte, dass John wieder auftaucht aber das passiert nicht. Langsam beginne ich mir Sorgen zu machen aber dann spüre ich eine Hand ein meinem Bein und kann gerade noch rechtzeitig die Luft anhalten bevor John mich unter Wasser zieht. Lachend tauchen wir wieder auf und ich pfeffere ihm erst mal eine Ladung Salzwasser als Rache entgegen.

Wir blödeln noch eine Weile rum bis John sagt: "Wir haben ganz vergessen zu Frühstücken. Hast du Hunger?" Mein knurrender Bauch ist Antwort genug.
Nachdem wir halbwegs trocken sind gehen wir zu Fuß in das kleine Café das nur zwei Straßen entfernt liegt.
Wir bestellen Bacon, Toast, Spiegelei und Pancakes mit Ahornsirup und als der Kellner unser Frühstück, oder viel mehr unser Mittagessen bringt, beugt John sich über den Tisch und haucht mir einen Kuss auf die Wange. Gerade als ich mir eine riesige Gabel mit Pancakes in den Mund schieben will kommt jemand an unseren Tisch und klopft John fest auf die Schulter.

"Hey John! Ich dachte du kommst erst in ein paar Tagen." Mit starrer Miene lässt John klappernd die Gabel auf seinen Teller fallen. "Hallo Greg" sagt er steif. "Ja wollte ich aber es hat sich anders ergeben." "Und wer ist deine hübsche Freundin?" fragt Greg, der offensichtlich nicht bemerkt, dass er unerwünscht ist. "Sie ist nicht meine Freundin sondern meine..." John überlegt kurz "...Cousine." Gekränkt schaue ich auf meine Pancakes.
Ich weiß das John von Anfang an mit offenen Karten gespielt hat aber nach letzter Nacht dachte ich wir wären mehr als nur Bekannte. Und ein hypothetisches Familienmitglied wollte ich ganz bestimmt nicht sein.
"Ich bin Loreley" sage ich und ringe mir ein verkniffenes Lächeln ab. "Soso deine Cousine" zwinkert Greg wissend und betont das Wort "Cousine" sehr anzüglich. "Keine Sorge, Mann. Ich werde Tina nichts verraten." Mit einem erneuten Klopfen auf Johns Schulter verlässt Greg endlich unseren Tisch.
"Wer war das denn?" frage ich ein bisschen überfordert. "Greg. Er ist bei mir im Football Team." antwortet John mürrisch und ich habe eigentlich keinen Hunger mehr. Greg hat mir, und so wie es aussieht auch John, ordentlich die Stimmung vermiest. Ich kann Johns schlechte Laune allerdings gut verstehen, er hat bestimmt Angst das Greg Tina doch von mir erzählt, denn Greg hat mit Sicherheit den Kuss gesehen. Hoffentlich interpretiert er ihn als freundschaftlichen Kuss.

Drei SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt