2. Alte Freunde

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Draco Malfoy verschlief den ganzen Tag. Erst gegen fünf Uhr nachmittags erwachte er in einer angenehmen Dunkelheit auf dem Sofa, auf das er sich heute Morgen fallen hat lassen. Die Vorhänge waren bis auf einen kleinen Spalt zugezogen und nur das späte Abendrot erhellte den Raum ein wenig.

Komisch. Er konnte sich nicht daran erinnern, sie zugezogen zu haben. Oder daran, dass er seine Schuhe und sein Jackett ausgezogen oder geschweige denn sich mit einer weichen Decke zugedeckt hatte.

Er hatte einen komischen Geschmack auf der Zunge, den er für gewöhnlich immer bekam, wenn er tagsüber schlief. Außerdem brummte sein Magen und machte auf seinen Hunger aufmerksam.

Bis zum Abendessen würde es noch mindestens eine Stunde dauern, doch er konnte sich daran erinnern wie Granger eine Minibar erwähnt hatte, die sicherlich nicht nur mit Alkohol befüllt war.

Draco streckte sich und fühlte sich wie neugeboren, als er sich langsam aufraffte und zum Fenster ging, um die Vorhänge noch etwas zur Seite zu ziehen.

Die abertausend verschiedenen und höchst interessant aussehenden Häuschen und Gebäude der Winkelstraße und Londons funkelten golden, glitzerten in der dicken Schneedecke und zogen sich wie ein Wurzelsystem unendlich in die Weite. Es war ein so hoheitlicher Anblick und gab Draco das Gefühl zumindest für einen Moment der König der Welt zu sein. Schon lange hatte er sich nicht mehr so gut gefühlt oder so gut geschlafen wie heute.

Gut gelaunt schlurfte er zu einer Bernsteintheke hinüber, hinter der er auf den Tresen verschiedenste Marken von Feuerwhiskey fand und zu seinem Glück auch einen weißen Kasten mit einem Türchen entdeckte. Kühlschränke hatte er schon oft in Büchern über Muggelkunde gesehen, doch noch nie einen Einzigen mit eigenen Augen erlebt.

Zuerst zögerte er, doch riss dann doch beherzt an der Tür. Grelles Licht schien ihm entgegen und er hielt erstaunt die Luft an. Der Schrank leuchtete innen und ein Schwall an Kühle drang ihm in sein verschlafenes Gesicht. Noch dazu surrte er so komisch.

„Clever, Granger. Verdammt clever.", murmelte er, als er nach einer eiskalten Flasche Butterbier griff und grinsend die fein verpackten Kürbispasteten, Macarons, Kesselkuchen und sogar Schokofrösche ordentlich gestapelt in einem Fach liegen sah. Alles natürlich aus hauseigener Herstellung. Auf jeder Verpackung war das goldene Siegel des Hotels mit den umrankenden Pfingstrosen zu entdecken.

Draco griff nach einem Schokofrosch und einem Kesselkuchen, die beide in blassrosa Minikartons verpackt und mit einer roten Schleife umbunden waren.

Mitsamt seiner Ausbeute steuerte er auf den Korridor seiner Suite zu und lauschte dem Knarzen des Mahagonibodens unter seinen Füßen und dem roten Teppichläufer. Ein wenig zu schnell öffnete er die hohe, weiße Doppeltür mit den goldenen Türknäufen und stieß einen zufriedenen Seufzer aus, als er das große weiße Bett mit den vielen Kissen sah. Am Himmel schwebten brennende Kerzen, wie sie Draco schon aus der großen Halle in Hogwarts kannte. Hinter der Kopflehne des Bettes hatte man einen Vorhang festgebunden, den Draco bloß lösen musste, um sich in ein gemütliches Himmelbett zu legen. Über dem Bett hing ein echter Monet und langsam begann sich der Blondschopf zu fragen, ob Hermine nicht Kunstmuseen ausraubte, um ihr Hotel zu dekorieren. Denkbar war es bestimmt.

Alles war perfekt bis ins Detail verziert und ausgeschmückt, als hätte sich Granger bei jeder noch so kleinen Ecke in diesem riesigen Hotel ihre Gedanken gemacht.

„Ein Bett für Könige.", murmelte Draco, als er seine Flasche Butterbier und die Süßigkeiten auf einen Sekretär stellte und begann seine Krawatte zu lösen und sie über den dabeistehenden Stuhl zu hängen. Hier war wohl der Ort, an dem sich sein Vater vergnügte und vergessen konnte, was zuhause im Malfoy Manor los war. Oder um sich expliziter ausdrücken, mit seiner Frau Narcissa, Dracos Mutter, los war. Sogar Draco bemerkte es, wie Lucius Herz zerbrach, wenn er seine Frau nur ansah. Mittlerweile gab es Tage, an denen sie nicht mehr wusste wie sein Name war und dass sie verheiratet waren. Obwohl man sicher von den Beiden erwartet hatte, dass sie während des Terror Voldemorts mit einer zerbröckelten Ehe zu kämpfen hatten, waren sie jeden Tag aufs Neue ineinander verliebt gewesen. Hatten sich morgens am Frühstückstisch mit einem Kuss begrüßt und waren generell wie Pech und Schwefel und ineinander vernarrt gewesen. Sie waren Dracos Fels in der Brandung gewesen, doch nun drohte der Fels zu zerbrechen und auf dem Boden unter ihnen zu zerschellen. Gerade jetzt, wo er sie am Dringendsten brauchte.

Mea culpa | Deutsche Dramione FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt