13. Hinterhofgespräche (1/3)

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Der Schock saß immer noch tief, als Draco das Manor verließ und hin und hergerissen in der Dunkelheit des späten Abends wieder dorthin marschierte, wo er apperiert war. Heute hätte er einen Besuch bei seiner Mutter gebraucht und vor allem war es ihre sanfte Stimme, die er gerne hören hätte wollen. Auch wenn sie von wirrem Zeug sprach und hin und wieder Selbstgespräche führte, war sie für ihn einfach immer noch die Frau, die ihm früher an kalten Wintertagen vor dem Kaminfeuer aus uralten Märchenbüchern vorgelesen hatte. Dass sie nun irgendwo ganz allein in einer Anstalt war, machte ihn rasend vor Wut und Verzweiflung. Klar, er konnte noch heute nach Lundenheim reisen, vermutlich per Portschlüssel, aber man würde ihn nicht einmal zu ihr lassen. Allein Lucius war dazu befugt und hatte auch das Recht zu bestimmen, wer sie besuchen durfte und wer nicht. Dumm nur, dass dieser in Frankreich war und sich eine schöne Zeit machte.

Draco warf noch einen letzten Blick über die Schulter und betrachtete das riesige Manor, wo in nur wenigen Fenstern ein Licht brannte. Dass er es einmal als Zuhause angesehen hatte, war ihm jetzt ein Rätsel. Er war gerade einmal ein paar Wochen im Grand London Hotel, doch die heutige Rückkehr ins Manor ließ ihn feststellen, dass irgendetwas anders war. Es fühlte sich nicht wie der sichere, viel zu große Ort an, wo er gerne jede Nacht schlief und dort an die Zeiten seiner Kindheit zurückdachte. Selbst wenn er völlig erblinden würde, könnte er sich zurecht finden und wüsste, wie viele Stufen die verschiedenen Treppen hatten, welche Lamellen in den verschiedenen Fensterläden wieder nachgestrichen werden mussten und welche alte Marmorfliese in aller Hastigkeit eine Stolperfalle war. Doch es war nicht das Manor und dessen Opulenz, das ihm ein Zuhause war. Es waren die Leute, die darin lebten. Seine Eltern, die Hauselfen, Cavendish und andere Bedienstete. Alle, die dort wohnten, arbeiten und atmeten, waren sein Zuhause. Bis auf Astoria, die sich wie Motten im Kleiderschrank überall breit machte. Oder wie Kakerlaken, welche sich im Staub oder den Holzbalken hielten. Generell jede Art von Ungeziefer war ihm in Verbindung mit dieser Frau recht, die ihm vorhin nur wortlos nachgesehen hatte, als er einfach nach dem Gespräch gegangen war. Sie hatte ihn nur angestarrt und einen Gesichtsausdruck gemacht, als hätte sie auf etwas Bitteres gebissen.

Draco wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als schließlich das letzte Licht erlosch und er seinen Zauberstab zückte, um zurück ins Hotel zu apperieren.

Doch seine Landung nach dem Knall war alles Andere als sanft und zeugte nicht von großer Erfahrung, die er mittlerweile damit haben sollte. Alle Knochen knacksten, als er fluchend im tiefen Schnee landete. Doch anstatt des beleuchteten, von Passanten überfüllten Phönixplatzes landete er zwischen Mülltonnen in einem Hinterhof. Die Sterne funkelten bereits hell am Horizont, als er einen Blick auf die blassrosane Fassade vor ihm warf, die sich ewig zu Himmel erstreckte. Tatsächlich war er dort, wo er hinwollte, aber nur auf der anderen Seite. Trotz des späten Abends vernahm er viele Stimmen und klapperndes Geschirr aus der offenen, schmalen Tür dröhnen, in dessen Rahmen eine Gestalt mit Pelzmantel saß und die Beine auf eine kleine Treppe darunter ausgestreckt hatte.

„Wo bleibt das Filet, Michael?", hörte er jemanden entrüstet schreien, und daraufhin einen Teller klirrend laut am Boden zerschellen. Ächzend vom Aufprallschmerz erhob er sich mit verbissener Miene vom Boden und stapfte an einem großen Turm aus Kartoffelkisten zu der kleinen Tür vorbei, aus dessen Türrahmen grelles, weißes Licht strömte, was ihn die Augen etwas zukneifen ließ.

„Der Eingang ist auf der anderen Seite. Solltest du mittlerweile wissen."

Grinsend hielt er am Fuße der kleinen, schmalen Treppe und amüsierte sich stillschweigend über den Anblick der Gryffindor, deren Lippen schon ganz blau vom Rotwein waren, von dem eine Flasche neben ihr stand. Im Mundwinkel steckte ihre Zigarette, wahrscheinlich die Erste an diesem Tag. Sie hatte ihm heute Morgen erzählt, dass Anni es nicht mochte, wenn sie rauchte. Und da das Kind nun um diese Zeit schon im Bett war, nutze Hermine offensichtlich die Gelegenheit und verzog sich irgendwohin, wo sie ungestört rauchen konnte. „Ich gebe mein Bestes die richtige Tür zu finden. Aber Hintertüren führen bekanntlich auch immer dahin, wo man hinmöchte.

Mea culpa | Deutsche Dramione FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt