Prolog

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Die Betten waren gemacht, die Frühstückstische mit feinstem Silber und Gold angerichtet und ein Duft von Kuchen, Erbeermarmelade und frischen gepresstem Orangensaft erfüllte das Grand  London Hotel an einem frühen Morgen, als Hermine vom Portier in die Lobbyhalle geführt wurde.

Ihre Absätze klapperten über den Marmorboden, als sie in der Mitte der Halle stehen blieb und zu dem großen Kronleuchter über ihr hinaufsah.

Es war diese Art von Hotel, in dem nur die Oberschicht der Zauberwelt verkehrte und alles im größten Prunk und Pomp ausgestattet war. Von verschiedenen Salons, bis Ballsälen und den feinsten Zimmersuites war hier alles zu finden, was ein Herz doch begehren konnte. Ein ganzes Angebot voller Patisserieköstlichkeiten, die beste Gourmetküche, die man im ganzen Land finden konnte und vor allem das überaus diskrete Verhalten der Angestellten des Hotels, das von jedem geschätzt wurde.

Vor Jahren noch war es eine heruntergekommene Bruchbude gewesen, doch Hermine hatte schon immer das Talent gehabt die wahre, verborgene Schönheit hinter derartigen Dingen zu erkennen.
Innerhalb kürzester Zeit verkehrten dort hohe Minister und Adelige, die sich in das feine Hotel am großen Phönixplatz verliebten. Gleich gegenüber lag das Ministerium, dessen Türme in die Wolken des kristallblauen Horizonts ragten und dessen goldenen Dächer im Sonnenlicht funkelten.
Beide Gebäude standen sich rein aus dem Auge eines Betrachters in einem respektablen Konkurrenzkampf um das höhere Ansehen, doch jeder Passant verliebte sich immerzu in die zartrosanen, antiken Fassaden und die weißen Barockfenster der alten Schönheit.
„Der Kronleuchter ist nicht abgestaubt, Mr Henrie.", brummte sie nur kopfschüttelnd und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Der pummelige, kleine Portier mit der langen Nase und dem schwarzen Stresemann watschelte zu ihr und seufzte.
„Stephan hat ihn bereits vorgestern abgestaubt. Aber das Ding ist einfach ein schrecklicher Staubfänger. Ich könnte ihn heute Abend während des Dinners abstauben lassen. Das ginge aber nur innerhalb von zwanzig Minuten und- ach Mrs, das- ich weiß nicht wie ich das noch unterbringen soll.", jammerte er und sah beschämt zu Boden.
„Nein, wir stauben auf keinen Fall heute Abend während des Dinners ab. Das wäre den Gästen gegenüber dermaßen taktlos.", entgegnete Hermine und sah auf ihn hinab. Der Portier ging ihr gerade einmal bis kurz unter die Achsel. Er war schrecklich klein und hatte einen runden Kopf mit kleinen, tiefliegenden Augen und eine unglaublich schmale, aber lange Nase.
Seine Haarlinie ging bereits schon etwas zurück und die mit viel Sleakeasys zurückgegelte, schwarze Haarmähne machte seine unvorteilhafte Erscheinung nicht gerade besser. Das Hemd spannte um seinen Bauch und sein Doppelkinn litt unter dem hohen, engen Kragen. Generell machte er den Eindruck aus allen Nähten zu platzen, doch er war die gute Seele des Hauses.

Er war schon an die siebzig Jahre alt und sorgte sich um Hermine, als wäre sie seine eigene Tochter. Sogar als Arthur gestorben war, hatte er sich um sie gekümmert und die Beerdigung organisiert, weil Hermine nicht dazu imstande gewesen war.

Drei Jahre war sie nun Witwe und wenn sie sich mittlerweile nachmittags zu einer Tasse Kaffee in den Salon saß und an ihren verstorbenen Ehemann dachte, wunderte sie sich wie gut doch alles bisher gelaufen war.
„Lass uns das Abstauben auf Mittwochabend verschieben. Da sind die meisten bei der Oper und werden erst gegen Mitternacht zurück sein. Und, ach bitte wären Sie so nett und bringen Madame Clafoutis ein Glas Meistertraum zu ihrem Frühstück aufs Zimmer. Sie kam gestern Abend sturzbetrunken zurück und heute Mittag reist ihr Mann aus Liverpool an, der sie nicht so sehen soll.", wies sie an und schlenderte hinüber zu dem neuen Lobbyboy Peter, der gerade ganz verwirrt eine Kiste voller alter Zimmerschlüssel an der Rezeptionstheke aus Rosenquarz sortierte.
„M-Mrs Alistair. G- guten Morgen.", stotterte er nur und sah wie Mr Henrie zu Boden. Er war fast zwei Meter groß, mager und das schüchterne Gesicht eines Zwölfjährigen. Alles an einem war er unpassend für einen Lobbyboy, doch Hermine hatte bei seinem Bewerbungsgespräch Mitleid empfunden und ihn eingestellt. Nach seinem Abschluss in Hogwarts hatte er eine Aurorenausbildung begonnen und wieder abgebrochen, weil er dafür zu sensibel und ängstlich gewesen war.
„Lassen Sie diese Arbeit, Peter. Kochen Sie mir lieber Kaffee, ich hatte eine lange Nacht und bei aller Liebe fünf Uhr morgens ist zu früh für Schlüsselsortieren.", sagte sie und stellte die Kiste in ein Regal unter den Tresen.
„Kann ich noch schnell in mein Dienstbuch schreiben?", fragte er zaghaft.
„Aber sicher doch."
Sie kramte noch eine Weile in dem Regal herum ehe Peter sie darauf hinwies, dass ein riesiger Stapel voller privater Briefe bei ihr eingegangen war.
Und tatsächlich war mit einer gelben Schnur umbunden ein großer Stapel voller Briefe bei ihrem Aktenfach. Viele kamen von Ginny, die ihr oft und wegen jeder Kleinigkeit schrieb, da bald ihre Hochzeit mit Harry anstand. Einer kam von Ron, der ihr wegen Muggelangelegenheiten schrieb, weil er seit einem Jahr mit einer Muggelgeborenen zusammen war und so viele Dinge nicht verstand. Und der letzte kam von Anny, Arthurs zwölfjähriger Tochter.

Mea culpa | Deutsche Dramione FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt