17|Unterkunft

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Die Signorina öffnete die große Tür des Hotels und trat in eine Lobby ein, in der weiße Tische mit schwarzen oder weiß-braunen Stühle an den Wänden standen und pinke Vorhänge vor den Fenstern hingen. Auf der rechten Seite im Eingangsbereich befand sich der Empfangstresen der Rezeption, welche mit einer Plexiglasscheibe und einer mit einem Schloss versehenen Tür deutlich sichtbar vom Rest abgetrennt wurde. Langsamen Schrittes bewegte sich Luziana in Richtung der Anmeldung, um sich ein Zimmer für eine Woche zu buchen.

An der transparenten Abtrennung klebte eine Klingel, die Signorina Esposito betätigte eben diese mit ihren zarten Fingern und schwelgte dabei in Erinnerung an ihren letzten Aufenthalt in diesem Hause. Die Familie Millers war ihr so ans Herz gewachsen und ihr Fortgang stimmte sie etwas traurig, doch eine Stimme hinter dem Tresen riss Luziana aus ihren Gedanken. „Guten Tag junges Fräulein, was kann ich für sie tun?", ertönte die freundliche Stimme einer etwas älteren Frau.

„Guten Tag, ich würde gerne ein Zimmer buchen für eine Woche", entgegnete Luziana ihr. „Wir haben Einzel- und Doppelzimmer. Haben sie bestimmte Wünsche?", fragte die Dame freundlich. „Ja etwas, was nicht so teuer ist. Ich bin nämlich gerade erst frisch nach Deutschland gereist und bin noch auf der Suche nach einer Wohnung", teilte Signorina Esposito ihr mit. „Dann empfehle ich Ihnen ein Doppelzimmer, dort gibt es eine Dusche, einen Schreibtisch und unten befindet sich ein Gemeinschaftsbad, welches all unsere Gäste nutzen können.

Für sieben Nächte macht das 245€, dann benötigen wir noch einen Ausweis zum Überprüfen Ihres Alters und eine Unterschrift", sprach die Empfangsdame mit einem wohlwollend freundlichem Gesichtsausdruck. Luzianas Mundwinkel formten daraufhin auch ein zärtliches Lächeln, während sie in ihrer Tasche nach ihrem Portemonnaie suchte.

Aus dem einen Fach zog sie das Geld und aus einem anderen ihren Ausweis. Nach dem Unterschreiben, führte die freundliche Dame Luziana zu ihrem Zimmer und gab ihr noch einen Zettel mit den Hausregeln und einer kleinen Karte. Dankend verabschiedete sich die Teufelsdiva von der Empfangsdame und trat in ihr Gemach ein.

Im Inneren befanden sich zwei Betten, die ungefähr einen halben Meter Abstand zwischen sich hatten. Links und rechts davon standen Nachttischschränke, jeweils bestückt mit einer kleinen gelbschirmigen Lampe. Der ganze Raum an sich war weiß gestrichen, damit auch alles andere schön zur Geltung kam. Der kleine weiße Tisch, der vor dem Fenster mit den hellblauen Vorhängen stand, war mit einer Vase dekoriert, in der kleine frische Rosen für einen angenehmen Raumduft sorgten. Der Schreibtisch sowie ein kleiner Schrank, der in zwei Hälften aufgeteilt war, hatten eine helle bräunliche Farbe in Holzoptik.

Den Kram, den la ragazza del Diavolo¹ dabei hatte, wurde im Schrank verstaut und danach ruhte sie sich erst einmal auf einem der weichen Betten aus. Die Wochen und Jahre machten sich nun erst richtig bemerkbar, als sie in einen tiefen Schlaf fiel und erst nach zehn Stunden wieder aufwachte. Hungrig und schläfrig zugleich, wanderte die Teufelsdiva in den Essenssaal. Ihre müden Augen erkannten kaum etwas und deshalb lief die aufstrebende Hexe direkt in einen Buffettisch. Die daraufstehende heiße Kanne Kaffee, fiel um und lief ihr über die Schienbeine nach unten.

Ihre Füße müssten eigentlich brennen von dem Schmerz den die heiße Flüssigkeit verursachte, doch hörte man Luziana nicht schreien. Im Gegenteil, der vermeintliche Engel entschuldigte sich bei den Gästen und dem Haus und bestellte unberührt einen neuen Kaffee. Mit nassen Schuhen und Socken lief der diabolische Engel in Richtung Tisch, wo sie sich auf einen der Stühle fallen ließ. Einer der netten Herren an ihrem Tisch, hatte ihr wohlwollend einen Kaffee eingeschüttet und überreichte ihn ihr. Mit Mühe und Not entgegnete die wunderschöne junge Dame ein kleines schwaches Lächeln. „Trink erst einmal einen Kaffee, damit du zu Kräften kommst", hallte es in ihren Ohren, als alles um sie herum verschwamm.

Ihr Körper sackte in sich zusammen und die Gäste sorgten sich um die junge Frau. Ein Rettungswagen mit zwei Sanitätern traf kurze Zeit später ein, um das junge Fräulein einmal zu untersuchen, stellten jedoch außer einen möglichen Mangel an Eisen nichts weiter fest. Zumindest war es seine Einschätzung laut den Zeugenaussagen. Einige der Gäste erzählten ihm, dass das junge Fräulein blass im Gesicht war und nur so vor sich hin taumelte und sogar in den Buffettisch lief. Der Rettungssanitäter verlangte daher, dass das Fräulein sich einmal beim Arzt auf Krankheiten oder Mangel an Vitaminen zu testen.

Die Hausbesitzerin begleitete Luziana im Rettungswagen und fuhren geradewegs ins Krankenhaus. Dort meldete man die junge schwache Frau als Patientin an und dann nahmen die Hausbesitzerin und Luziana auf den schwarz-silbernen Stühlen im Warteraum Platz. Wenige Minuten später gingen die beiden mit einer Krankenschwester in einen Raum, dort nahm die Schwester der Patientin Blut ab und füllte es in ein Blutentnahmeröhrchen. Das Blut floss so langsam aber doch stetig durch den dünnen Schlauch in das Reagenzglas ähnliche Gefäß aus Kunststoff und die Hausbesitzerin bemerkte, dass Luzianas Augen glasig schimmerten.

Um die schwache junge Dame weiter untersuchen zu können, legte die Krankenschwester das Teufelsmädchen auf die Liege und funkte per Knopf den Arzt an, der wenige Minuten später im Behandlungsraum eintraf. Das Blut gab die Schwester unten im Labor ab, um es testen zu lassen. Zur Überwachung ließ der Arzt den diabolischen Engel für ein paar Stunden stationär im Krankenhaus unterbringen, zumindest solange bis das Ergebnis feststand. In der Zeit wo der engelsgleiche Mensch wartete, aß und trank sie etwas und schlief danach wieder erschöpft ein. Frau Wagner durfte während des Wartens bei ihr in dem Krankenhauszimmer bleiben, um auf die schwache Signorina aufzupassen. Die Wunden an ihrem Körper schienen sehr schnell verheilt zu sein, denn man sah nicht einmal eine Kruste oder gar eine Narbe.

Schockiert über diese Beobachtung und Erkenntnis saß Frau Wagner auf dem Stuhl, als hätte sie einen Geist gesehen. Ihre Hände zitterten unerbittlich und sie stellte sich gedanklich die Frage, was nur mit diesem Fräulein nicht stimmte. Ob die Hausbesitzerin irgendwelche Vermutungen hatte, was Luziana war? Kannte sie vielleicht übernatürliche Wesen? Die Tür öffnete sich und Frau Wagner zuckte zusammen, da sie zuvor wie in Trance da saß und durch das Geräusch schlagartig aus ihren Gedanken gerissen wurde.

Es war der Arzt, der das Ergebnis mitgebracht hatte und somit mitteilte, dass es sich wirklich um mangelndes Eisen handelte. Mit einem Rezept für entsprechende Eisentabletten hatte er Luziana entlassen. Direkt nach dem Aufenthalt schlenderten die Hausbesitzerin und die schwache Signorina zu einer Apotheke, um das Rezept einzulösen. Außergewöhnlich fand frau Wagner es, dass Luzianas Wunden trotz Eisenmangel so schnell verheilt waren. Vom Krankenhaus dauerte es nur fünf Minuten bis zur Apotheke und von dort aus fuhren sie mit einem Taxi zurück zum Gasthaus. Dort angekommen veranlasste sie noch eine Weile Bettruhe für die kränkliche, schwächelnde junge Frau.

Luziana - DämonenkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt