Die Stunde der Wahrheit

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Wo bin ich?
Was ist das für ein nervendes piepen?
Langsam öffnete ich die Augen und sah eine weiße Decke über mir.
Bin ich zu Hause?
Nein.
Ich war im Krankenhaus.
Blitzschnell kam mir Han wieder in den Sinnen.
Ich muss aufstehen und Han kontaktieren!
Sobald ich mich aufgerichtet hatte, wurde mir dermaßen schwindelig.
Mein Kopf. Wieso pocht der so?
Was ist das für ein grauenvoller Schmerz?
Mein Hals kratze und ich fing an zu husten.
Wieso trug ich ein Verband um den Kopf?
Ach ja, stimmt..
Ich schlug ja mit dem Kopf an die Veranda.

„Guten Abend.", ein überglücklicher Arzt tritt in mein Zimmer ein.
Sein glückliches Gesicht konnte ich in dem Moment ernsthaft nicht abkriegen.
„Endlich erfreuen Sie uns nach acht vollen Tagen."
„A-acht Tagen?"
„Naja, genauer gesagt, nach neun Tagen.", er zeigte auf die Wanduhr, die Mitternacht schlug.
„Was ist mit mir passiert?"
„Sie hatten einen leichten aber so gleich auch einen schweren ‚Unfall'. Ein schwerer Asthmaanfall und eine kleine Gehirnerschütterung. Zum Glück hat man Sie noch rechtzeitig hergebracht, sonst hätte es schwer für Sie ausgehen können."
Ich schaute nur den Arzt an.
„Eh? Koreanisch verstehen Sie doch, etwa nicht?"
„D-doch. Natürlich. Doch. Tut mir leid. Meine Gedanken waren nur nicht bei mir. Dankeschön für die Aufklärung."
„Gut."
„Und, wann darf ich nach Hause?"
„Jetzt gleich.", wieder ein zu glückliches Gesicht.
„Auf Wiedersehen. Was?? Haha. Natürlich NICHT auf Wiedersehen, sondern gute Besserung. Tut mir leid, mein Fehler.", was ein lustiger Arzt..

Mir war es immer noch schwindelig, aber sonst ging es mir gut.
Langsam aber sicher zog ich mich um.
Mein Trainingsanzug roch nach frischem Blütenwasser.
Sie haben wohl das Blut weggewaschen, wie nett von ihnen.
Ein leichtes Lächeln umfasste meine Mundwinkel, jedoch schlug die Realität wieder zu.
Ich musste schnell raus aus diesem Krankenhaus und nach Han sehen.
Wohin könnte er geflogen sein? Nach Malaysia? Aber wieso? Wozu? Ohne etwas zu sagen?

Eine Menschenmenge hatte sich auf dem Flur versammelt.
Sie standen alle vor einem großen Plasmafernseher.
Koreas Nummer eins Nachrichtensender lief an und von weitem hörte ich wie die Menschen „aegyo, aegyo" riefen.
Am Bildschirm erkannte ich ein sehr bekanntes Gesicht, von dem die Nachrichten erzählten.
Sofort näherte ich mich der Menschenmenge.
Mein Atem stockte wieder an.
„Er soll den Mann, Anfang 40, tödlich verletzt haben. Nun liegt er im Koma. Die Familie des Opfers will den Jungen Superstar, noch keine 20, mit allen Mitteln anzeigen. Jedoch sagen einige Netizen, er habe das Land direkt nachdem Vorfall verlassen.
Auch weiß die Familie des Opfers, dass sie keine Chance gegen einen Globalstar haben werden, dennoch wollen sie der ganzen Welt zeigen, was für eine grauenvolle Tat Stray Kids' Han Jisung erbracht hat.
Das wars heute mit der Nachrichtensendung. Wir wünschen Ihnen eine gute Nacht und auf Wiedersehen."

Wenn ich denke, es kann nicht schlimmer kommen, kommt es zehnmal so schlimm.
Das.. das stimmt nicht.
Das ist nur ein mieser Scherz.
Han Jisung..? Soll was gemacht haben?
Haha. Nein. Das ich nicht lache!
W-wer wird mir jetzt die Wahrheit sagen können?
Bang Chan! Ich muss sofort zu ihm. Ja!

Auf dem Weg nach draußen überrumpelte ich ausersehen mehrere Patienten.
Fürs entschuldigen hatte ich keine Zeit.
Ich musste sofort zu Bang Chan.
Draußen fühlte sich die Kälte bedrohlich an.
Aber mir war es nicht wegen der Kälte so kalt, sondern, weil mich eine überraschende Angst überschüttet hatte.
Ich zitterte am ganzen Leib. Selbst im warmen Taxi wurde es mir nicht warm.
Ganz im Gegenteil, ich fror mehr.
Mit zitternder Hand zog ich das Handy aus meiner Hosentasche heraus und suchte in den Kontakten nach Bang Chan.
Nach fünf mal klingeln ging er endlich ran.
„Hallo?"
Ich konnte es nicht mehr zurück halten und fragte weinend, was los war.
„WAS ZUR HÖLLE GEHT HIER AB??!"
Er atmete tief aus, bevor er weiter sprach.
„Du hast die Nachrichten gesehen, stimmt's?"
„BITTE! Bitte. Sag mir was los ist. Ich flehe dich an.", ich versuchte mich zu beruhigen, was aber ein Fehlschlag war.
„Wo bist du gerade? Noch im Krankenhaus?"
„Wurde gerade eben entlassen. Bin jetzt im Taxi, auf dem Weg zu dir."
„Okay. Hör mir jetzt zu. Erst hörst du auf zu weinen. Okay? Lass dich zu meinem Studio fahren. Dort werde ich auf dich warten und dich aufklären.
Als dein großer Bruder bitte ich dich nur um folgendes. Egal was gleich auf dich zukommen wird, du wirst stark bleiben okay?"
„W-was meinst du damit??"
„Wir reden gleich darüber. Bis gleich."

Noch 6 Minuten bis zum Studio.
Das Verkehr kam mir länger vor als sonst.
„Dankeschön. Ab hier laufe ich."
Länger konnte ich es im Taxi nicht aushalten.
Ich rannte die letzten paar Meter durch den Schnee, Richtung Studio.
Angekommen umfasste mich wieder eine frostige Angst.
Was wenn er mir die Wahrheit nicht sagen wird?
Was wenn er es doch tut, aber ich die Wahrheit nicht verkraften werde?
Wir werden es sehen..

„Oppa?"
„Hier bin ich."
Sofort brach ich in Geheule aus, als ich Bang Chan mit weit ausgebreiteten Armen auf mich warten sah.
Schnell ließ ich mich in seine Arme fallen und weinte mir den Leib raus.
„Ich flehe dich an Oppa. Sag mir bitte die Wahrheit. Mach das es aufhört. Es tut so weh. Das ist alles zu viel für mich. Alles tut mir weh. Mein Herz ist zu schwach für sowas. Länger kann ich es nicht mehr aushalten, geschweige denn, verkraften."
„Schttt scht scht schtttt. Ganz ruhig. Erstmal tief ein- und ausatmen.", er streichelte mir hastig über den Kopf.
Nachdem ich mich von ihm abgelöst hatte, brachte er mich zum sitzen.
„Also..", die Stunde der Wahrheit.
„Wie du es bestimmt schon mitbekommen hast, Han hat einen Mann ungewollt verletzt.
Erinnerst du dich noch an den Taxifahrer, der dich entführt hat? Han habe an dem Abend seine Kontrolle verloren und ist einwenig zu weit gegangen. Und du weißt, sobald du Thema bist, kann Han nichts aufhalten.."
„Wie meinst du, er ist zu weit gegangen?"
„Han trug einen Messer bei sich, den er an dem Abend eingesetzt haben soll.. Er meinte zu uns, dass er eigentlich nicht vorgehabt hätte, soweit zu gehen, aber er tat dies, um sich zu währen und dich zu beschützen."
„Also hat Han den Mann fast umgebracht??"
„Er stach ihm ins Bein, weil er dachte, dass sei nicht lebensbedrohlich, aber er hat nicht miteinberechnen können, dass der Mann durch Blutverlust sterben kann.
Die Polizei konnte anhand Hans Fingerabdrucks, auf dem Messer, Hans Identität feststellen."
„Und jetzt?! Wo ist er jetzt?! Etwa im Gefängnis?"
„Nun.. Du weißt.. JYP ist ein großer Mann hier in Korea.
Han muss nicht ins Gefängnis. Park Jinyoung hat das geregelt. Du musst wissen, Han ist JYPs secret weapon. Deswegen würde er niemals Han verlieren wollen und alles dafür geben, ihm den Weg frei und sauber zu räumen."
„Also ist er doch im Land?"
„Ne. Dazu komme ich jetzt. Es ist nicht so, dass Han frei davon rauskommen wird. Er muss trotzdem für seine Tat büßen. Aber auf JYPs Weise. Das heißt, er musste Korea verlassen und wurde in den USA geschickt, um dort Tanzübungen zu nehmen und ‚abzuschalten'. Und bevor er das Land verlassen musste, musste er JYP mit allem ein Versprechen geben."
„Was für ein Versprechen?"
„Dass er mit dir nichts anfangen darf. Dass er dich auf der Stelle vergessen soll und, dass er zu dir das Kontakt abbrechen muss."
Mein Herz.
„U-und.. was sagte Han dazu..?"
„Er war mit allem einverstanden."
Mein armes schwaches Herz..
„O-ohne zu zögern..?"
„Ohne zu zögern."
„Ok. Danke. Ich.. gehe jetzt.."
„Das ist das beste für Han. Das ist auch das beste für dich. Glaub mir. Es wird alles wieder so sein, wie früher."
Wie früher? Wie meinte er das mit ‚früher'?
Wusste er denn nicht, dass ‚früher' Han von Kopf bis Fuß in mich verknallt war?
Es gab kein ‚früher', wo Han KEINE Gefühle für mich hatte.
Es verging ‚früher' auch kein Tag ohne Han.
Es gab nie ein Tag ohne Han.
Oder es gab sie, nur ich wusste es nicht..

Mein Trainee LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt