Kate träumte schon immer vom Fußballspielen. Ihre Schüchternheit und kaum vorhandenes Selbstbewusstsein standen ihr aber immer im Weg, ihren Traum tatsächlich zu leben. In diesem Sommer jedoch schien ihr Leben eine Kehrtwende der feinsten Art zu vol...
Zunächst war da ein großgewachsener, blonder Mann. Er trug, trotz der Hitze und der Tatsache, dass er sich in einem Freibad befand, einen dunkelblauen Anzug mit einem weißen Hemd und einer roten Krawatte. Die Frau neben ihm war ebenfalls groß, hatte schwarze, gelockte Haare und trug auch sonst nur schwarze Sachen. Die beiden Erwachsenen musterten das Freibad mit hochgezogenen Augenbrauen und warfen sich vielsagende Blicke zu. Dann waren da noch die zwei Jungen, die das Bild erst so wirklich komisch machten. Den Kleineren schätzte ich auf dreizehn. Er trug ausschließlich schwarze Sportsachen, auf denen hier und da das Logo eines schwarzen Monsters mit oranger Umrandung zu finden war. Außerdem sahen die Sachen so aus, als ob sie seit Jahren nicht gewaschen wurden. Der Größere hatte braune Haare, so wie der Andere. Ihn schätzte ich auf siebzehn, also zwei Jahre älter als mich. Er trug eine knielange Stoffhose und Turnschuhe, sein Oberteil hingegen war ein weißes Hemd, dessen oberste Knöpfe lieblos offen gelassen waren. Sein Anblick trieb mir ein breites Grinsen auf die Lippen.
"Mensch ist das ein bunter Haufen da drüben!", meinte Julius ziemlich laut, stieß mir seinen Ellenbogen an den Arm und zeigte auf die Familie. Ich verschüttete fast meine Limonade, doch stimmte ihm kichernd zu. "Hemd und kurze Hose, das kann ja nichts werden", meinte Jenny und schaute über ihre Sonnenbrille mit skeptischem Blick abwechselnd zwischen uns und der Familie hin und her. Ich zuckte nur mit den Schultern und erwiderte: "Wenn du das sagst,". Sie seufzte nur typisch, was mir zeigen sollte, dass ich ja keine Ahnung habe. Wir legten uns also alle weiter in die Sonne und genossen sie.
Schon sehr bald würden wir auch gehen müssen, um uns für den Abend fertig zu machen. Bei diesem Gedanken begannen meine Finger freudig zu kribbeln. Irgendwann verkündete Julius, dass er ein letztes Mal ins Wasser gehen würde, da noch etwas Zeit war. Jenny wollte nicht noch einmal ihre Haare nass machen, doch mir waren meine Haare ziemlich egal. "Ich würde auch nochmal mitkommen", meinte ich nur und lächelte Julius an. Gemeinsam liefen wir also wieder zum Wasser und hatten unseren kleinen Wasserball dabei, den Julius erst gegen Mittag noch in seiner Tasche gefunden hatte. Im Wasser warfen wir uns den Ball hin und her oder machten andere Späßchen.
Vom Beckenrand hinter mir hörte ich es plötzlich rufen: "Jetzt weiß ich, was wir vergessen haben! Maxi! Warum haben wir den Fußball nicht mitgenommen?" Als ich mich umdrehte, erkannte ich den kleineren Braunhaarigen, der zu der Familie von vorhin gehörte. Etwas weiter entfernt sah ich den anderen Jungen, der kurz von seinem Handy aufsah und nur gelangweilt mit den Schultern zuckte. Das war anscheinend Maxi. Ich wandte mich wieder zu Julius und ehe ich mich versah, landete der Wasserball auch schon an meinem Kopf und flog von dannen. Perplex sah ich zu Julius. Er konnte sich anscheinend nicht entscheiden, ob er lachen oder erschrocken sein sollte. "Ist alles in Ordnung?", rief er mir dann zu und musste im nächsten Moment losprusten. "Passt schon", meinte ich nur, aber musste auch lächeln, als er auf mich zukam. "Hey ihr Zwei! Ihr habt da was verloren. Kann ich mitspielen, wenn ich es euch wieder gebe?" Der Dreizehnjährige stand nun auf etwa unserer Höhe am Beckenrand und hielt den Ball in der Hand. "Klar kannst du das!", fing Julius an, "Dein Bruder kann auch mitmachen, wenn er mag." Ich nickte zustimmend und fügte hinzu: "Mit mehreren Leuten macht es eh mehr Spaß."
Schon wandte sich der Junge zu seinem Bruder um und rief: "Komm ins Wasser Maxi! Ich habe uns einen Ball organisiert!" Im nächsten Moment platschte es auch schon neben Julius und mir und der Junge samt Ball waren im Wasser und er kam auf uns zu. "Ich bin Nerv und das da," meinte er und zeigte auf den Älteren am Rand, "ist mein Bruder Maxi." "Nerv also? Interessanter Name," überlegte Julius neben mir laut. Meine Faust landete gut platziert auf seinem Oberarm und ich sah ihn strafend an. Er zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Entschuldige bitte meinen Freund," fing ich stattdessen an zu sprechen, "Julius ist manchmal einfach unmöglich. Ich bin Kate." Der Kleine nickte grinsend. Dann wurde ich schon wieder durch jemandes Sprung vom Beckenrand nass gespritzt. Es war Nervs Bruder, der nun auch zu uns kam. "Leute, das ist Maxi," sagte Nerv zu uns gewandt. Dann drehte er sich zu Maxi, der inzwischen bei uns stand und stellte Julius und mich vor: "Maxi, das sind Kate und ihr Freund Julius." Maxis Blick wanderte zwischen Julius und mir hin und her, dann nickte er. Ich lächelte ihn an und Julius musste Maxi unbedingt mit einem Handschlag begrüßen.
Nach kurzem Umsehen hatte Nerv die Idee, mit der Leine, die den Nichtschwimmerbereich markierte und ungefähr anderthalb Meter über der Wasseroberfläche hing, Ball über die Leine zu spielen. Außerdem einigte er sich mit seinem Bruder, in getrennten Teams zu sein. Julius und ich losten mit Schere-Stein-Papier aus, mit wem wir spielen würden. Nerv wurde mein Partner. Warum die Brüder nicht in einem Team sein wollten, war mir noch schleierhaft.
Wir begannen das erste Spiel und schnell wurde mir klar, dass die beiden Fußballer waren. Selbst im Wasser - auch wenn es nur ungefähr hüfthoch war - erkannte ich einige Sachen wieder, die ich beim Training mit Moritz gesehen hatte. Anscheinend wollten sie Julius und mir eine Chance geben, indem sie nicht miteinander spielten.
Nach einigen Runden - ich verstand mich super mit Nerv - schulg dieser vor, dass Julius und ich doch mal die Teams tauschen sollten; gesagt, getan. Als ich neben Maxi stand fiel mir auf, dass er fast einen ganzen Kopf größer war als ich und dass er tatsächlich gut trainiert war. Ich lächelte ihm schüchtern zu. "Nimmst du die rechte Seite vom Feld? Ich kümmere mich um die Linke," sagte er kurz angebunden und wartete auf meine Zustimmung. "Geht klar." Kaum hatte ich das gesagt, warf Nerv auch schon den Ball auf unsere Seite. Er flog in die linke Hälfte und Maxi erwischte ihn gerade noch so mit seinem Kopf und beförderte den Ball über die Leine. Der Braunhaarige landete platschend im Wasser. Viel Zeit blieb mir wiederum auch nicht, da Julius den Ball ziemlich schnell wieder in unser Feld spielte. Und so ging es immer hin und her, bis wir alle ziemlich fertig waren. Wir setzten uns an den Beckenrand, ließen die Beine im Wasser baumeln und unterhielten uns. "Ihr seid nicht von hier oder?", fragte Julius irgendwann Maxi und Nerv. "Wir sind nur hier um Ferien zu machen. Heute war die Anreise. Unsere Eltern haben irgendein todschickes Hotel in der Stadt ausgesucht und da bleiben wir die nächsten Tage," antwortete Maxi und sah wenig begeistert aus. Ich wollte schon fragen, in welchem Hotel sie denn waren, doch dazu kam ich nicht mehr. Jemand tippte mir auf die Schulter. Es war Jenny, die Julius und mich böse ansah. Danach ging alles ganz schnell wir verabschiedeten uns von den Brüdern, packten unsere Sachen zusammen und verließen das Bad.
Schade eigentlich, ich hätte gern noch weiter mit ihnen geredet. Besonders mit Maxi.
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