3. Kapitel ✅

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Ich hatte mir meine Hochzeit immer in den schönsten Farben ausgemalt. Viele Blumen, schöne Kleider und einen Mann, den ich unendlich liebte. Stattdessen saß ich in einer unbequemen Kutsche und kämpfte gegen die Übelkeit an. Selbst die Sache mit den Mann den ich liebte konnte mir das Schicksal nicht erfüllen.
Nun musste ich ein herzloses Monster heiraten. Eines, was Kinder skrupellos umbrachte und Menschen folterte bis sie tot waren. Schlimmer konnte es nicht kommen. Im Moment hatte mein Leben das absolute Tief erreicht, auf das wahrscheinlich kein Hoch mehr folgen würde, eine sehr zermürbende Tatsache. Und trotzdem wollte ich dennoch leben.

Wer kämpft der kann verlieren, wer aufgibt hat schon verloren, richtig?

Als die Kutsche ruckelte zu stehen kam stöhnte ich laut auf. Wahrscheinlich habe ich morgen ganz viele Blaue Flecke am Hintern und außerdem hatte ich noch immer das Gefühl, dass mein Frühstück unbedingt wieder oben raus möchte.
Draußen hörte ich wie ein Mann verkündete, dass die Prinzessin von Xeron eingetroffen sei. Das war mein Stichwort.

Die Tür wurde geöffnet und ich stieg aus wobei ich fast über den langen Schleier, der sich um meine Beine gewickelt hatte, gestolpert wäre. Meine Güte wer hatte sich den diesen langen Schleier einfallen lassen, der sah meiner Meinung nicht Mal ansatzweise schön aus.
Nachdem ich mich schließlich endlich befreit hatte, lief ich los.

Im ersten Moment blendete mich die Sonne, doch dann sah ich die vielen hundert Menschen, die alle meinen großen Tag miterleben wollten. Komm schon du schaffst das, sprach ich mir selbst Mut zu, wankte zu meinem Vater, der neben der Kutsche stand, und legte meinen Arm um seinen, den er mir entgegen hielt.

Auch wenn ich ihn verachtete so war ich zu betäubt von der Angst vor meinem Verlobten, um meinen Vater auch nur im geringsten zu registrieren. In gewisser Weise gab er mir sogar ein wenig Halt.
Zusammen gingen wir, ich mit gesenktem Kopf, zum Trauungspavillon, wo ich gleich heiraten würde.
Während des Laufens zog mein ganzes Leben noch Mal an meinem geistigen Auge vorüber.
Meine Kindheit mit all den vergleichsweise geringen Problemen, die man eben als Kind so hatte. Blöde Freunde, kaputtes Spielzeug oder ekeliges Essen. Wahrscheinlich wussten alle was ich meinte.
Danach meine Pubertät mit ihren zahlreichen Schwärmereien und den nervenden Elter bzw. eher den nervenden Zofen und Dienern.

Wie ich mein erstes Tuch bestickte und wie ich den ersten Ausritt mit meiner weißen Stute Blanca genoss.
Doch alle diese Erinnerungen wurden von den verschiedenen Dingen überschattet, die Vater mir angetan hatte.
Einmal war es besonders schlimm gewesen.
In meinem zwölften Lebensjahr hatte ich die Wertung des Schiedsrichters bei einem wichtigen Tunier in Frage gestellt als dieser offensichtlich einen Spieler ohne Grund vom Platz verwiesen hatte.
Mein nicht biologischer Vater hatte mich dann am Abend darauf mit zwanzig Peitschenhieben auf den Rücken bestraft. Ich hatte nicht Mal verstanden was ich falsch gemacht hatte. So ganz wusste ich nicht was damals gewesen war, doch meine Vermutung, dass mein Stiefvater den Richter bestochen hatte damit sein Champion gewann, war für mich am plausibelsten. Oder er wollte nur Befriedigung für seine Sadistische Seite.

Es heißt ja immer, wenn man stirbt zieht das ganze Leben an einem vorbei. Vielleicht war Ehe sowas wie Sterben? Vielleicht war der ganze Hochzeitsprozess wie ein Todesprozess und man zerfiel ganz langsam? Nur dass man den Todesprozess wenigstens nicht mitbekam. Heute hatte ich anscheinend einen meiner philosophischen Tage, denn meine Sentimentalität hatte einen neuen Höchststand erreicht. Hoffentlich war die Zeremonie schnell vorbei, denn ich wollte mich einfach nur verkriechen und heulen.

Endlich am Pavillon angekommen ließ mein Vater mich direkt vor meinen Zukünftigen (dem Monster aller Monster) stehen. Angeekelt sah ich auf und... blickte in ein perfekt geformtes Gesicht.
Ich hätte mit vielem gerechnet, außer mit dem hier. Er hatte ziemlich hohe Wangenknochen, die bei anderen Männern gestört hätten, ihm allerdings standen sie.

Der Thron der Lilien ~abgebrochen~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt