Acht

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Obwohl meine Hoffnung nur noch ein winzig kleiner Funke am Horizont war, führte mich mein Weg nach der Arbeit in den Wald. Vor dem Feld stellte ich mein Fahrrad ab, um den Rest zu Fuß hinter mich zu legen. Am Waldrand bei dem Baumstamm, in dem ich gestern meine Schuhe versteckt hatte, machte ich Halt. Doch wie zu erwarten gewesen war, fehlte von meiner kleinen Silberkette jede Spur.

Mein Blick glitt zum Himmel. Die Sonne war bereits im Begriff, hinter dem Horizont zu verschwinden und sandte in einer verzweifelten Geste ihre letzten goldenen Strahlen auf die Welt. Ich musste mich beeilen, wenn ich auch nur den Hauch einer Chance haben wollte, die Kette zu finden, bevor die Nacht der Helligkeit Einhalt gebieten würde.

Den Weg, den ich gestern genommen hatte, fand ich recht schnell wieder. Unterbewusst hatte ich mir einige auffällige Bäume oder Baumstümpfe gemerkt, die jetzt gemeinsam eine Art Pfad für mich ergaben. Fast die ganze Zeit über hielt ich den Blick zu Boden gerichtet, schob Laub mit den Schuhen auseinander und bückte mich, wenn ich aus dem Augenwinkel ein Glitzern bemerkte. Jedes Mal war es nur ein Stück Alufolie, in dem sich ein letzter verzweifelter Sonnenstrahl spiegelte, der durch das spärliche Blätterdach fiel.

Kurz vor den Bäumen, an denen ich Duncan gestern vorgefunden hatte, blieb ich stehen und schnupperte. Fast meinte ich, den zitronig-schokoladigen Duft noch immer riechen zu können. Als hinge er in den Ästen und Blättern fest wie klebriges Hartz. Während ich meinen Weg fortsetzte, wurde der Geruch intensiver, bis ich keinen Zweifel mehr daran hegte, dass er wirklich da und ich nicht verrückt war.

Obwohl ich damit hätte rechnen müssen, erschrak ich mich fast zu Tode, als ich hinter der nächsten Baumgruppe hervortrat. An einen Baum gelehnt saß eine mir nur allzu bekannte Gestalt auf dem Boden.

»Da bist du ja schon wieder«, begrüßte er mich. Duncans Stirn lag in Falten, sie ließ keinen Zweifel daran, dass er noch immer schlechte Laune hatte. Eine halbe Stunde vor Ende meiner Schicht war er griesgrämig grummelnd verschwunden. Er hatte sich mit keinem Wort über den Zustand der Kaffeemaschine geäußert, aber ich hatte den Teufel getan und getestet, ob sie wieder funktionierte. Bei meiner Geschicklichkeit hätte ich alles nur noch schlimmer gemacht.

»Überraschung!«, rief ich freudlos und kam langsam näher, während ich den Boden unter mir inspizierte.

Jetzt umspielte ein belustigter Zug seinen Mund. »Ich scheine so viel Charme zu versprühen, dass du dich doch nicht von mir fernhalten kannst.« Jetzt hörte ich das Schmunzeln eindeutig heraus, allerdings war da noch etwas anderes. Ironie? Sarkasmus? Ich konnte seinen Tonfall nicht so recht einordnen.

»Haha. Träum weiter«, schnaubte ich, ohne aufzuschauen. Erst als ich vor ihm stehen blieb, hob ich den Kopf. »Ich bin nur hier, weil ich etwas verloren habe. Und wenn du ein so unglaublich charmanter Typ bist, kannst du mir doch bestimmt sagen, ob du hier ein kleines silbernes Armband gesehen hast.«

»Ein Armband?« Duncan hob skeptisch eine Augenbraue. »Hast du denn nichts Besseres zu tun?«

Vor Empörung blieb mir der Mund offen stehen. »Was soll das denn jetzt schon wieder heißen?«

Er schien sich gar nicht darüber bewusst zu sein, wie unhöflich er geklungen hatte, denn in seinem Gesichtsausdruck las ich nur Verständnislosigkeit. Keine verurteilenden Blicke, keine zusammengezogenen Augenbrauen. Sein Taktgefühl war wirklich etwas, an dem er noch arbeiten konnte.

»Glaubst du denn wirklich, dass du deinen Schmuck hier wiederfinden wirst? Ich muss dir wohl nicht erklären, wie das in einem Wald läuft mit den ganzen Tieren – Elstern zum Beispiel – oder dem Wind.«

Ich grunzte missmutig und nicht sehr damenhaft. »Nein, das musst du mir nicht erklären. Aber das Armband ist mir wichtig. Und ich hatte die Hoffnung...«

The Curse - Das Spiel um Hass und LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt