Confrontation

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Meine Gedanken fanden sich wieder in meinem Zimmer, das immer noch nur von meiner Nachttischlampe erhellt wurde. Kopfschüttelnd strich ich erneut mit den Fingern über die eingravierten Buchstaben. Es erstaunte mich immer wieder, wie er es damals geschafft hatte, mein Innerstes zu öffnen, obwohl wir uns gerade mal eine halbe Stunde kannten. Nichts desto trotz seufzte ich, als sich schon die ersten Sonnenstrahlen durch meine Jalousien drückten und ich Maximilian recht geben musste. Es war wohl Zeit für das Frühstück und für einen neuen Tag, in dem ich wieder versichern musste, dass es mir gut ginge. Meine Beine schwangen sich aus dem Bett und ich war heil froh, dass mittlerweile der Schmerz des Bruchs, dank der guten Reha, nicht mehr zu spüren war und meine Muskeln in den letzten sechs Monaten wieder bei alter Stärke waren. Es war für mich kein Spaziergang, da mein Körper sehr zierlich war, dennoch fand ich die Kraft nicht aufzugeben, immer wieder in dem Armband. Immer wieder an dem Gedanken ihn irgendwann vielleicht doch noch einmal in Dortmund in einem Café oder auf der Straße zu treffen. Meine Gedankengänge glitten öfters ab als gewollt, wie so ein Treffen mit ihm wohl stattfinden würde, aber meistens strich ich diesen absurden Gedanken aus meinem Kopf. In einer Großstadt müsste das schon einer der größten Zufälle sein. Somit öffnete ich meine Kommode und zog meinen XXL Pulli raus inklusive frischer Jogginghose und Unterwäsche. Wahrscheinlich würden das Sofa und ich uns an diesem Samstag sehr gut verstehen, sowie eigentlich jedes Wochenende. Meine sozialen Kontakte hatten sich stark verringert. Die meisten wussten nicht mehr, was sie mit mir sprechen sollten. Sie hatten alle Angst, dass sie was falsches sagen könnten und somit brach der Kontakt, worüber ich mir auch tagtäglich Vorwürfe machte, wenn ich einfach ehrlich zu den Leuten sein könnte. Ich wollte nicht in Watte gepackt werden, das auf keinen Fall, aber diesen Unfall betrachtete jeder als ein Unglück. Nicht als Glück, dass ich noch lebte und jeder wollte es mit mir aufarbeiten und drüber reden, wenn ich es ausschlug, wurde es still im Raum. Somit sahen die meisten wohl nicht mehr viel Gesprächsbedarf. Aber es hatte auch was für sich, das Verhältnis zu meinem Bruder wurde von Tag zu Tag noch enger, als wir es vorher schon waren. Meine Mutter bezeichnete uns mittlerweile schon als Zwillinge, die an verschiedenen Tagen in verschiedenen Jahren zur Welt kamen. Ein leichtes Lächeln huschte mir übers Gesicht, als ich im Bad verschwand, während unten schon die Teller klapperten.

Die Dusche tat mir gut. Das lauwarme Wasser wusch den Angstschweiß der Nacht ab und somit auch die daraus entstandenen Sorgen. Ich mochte es mittlerweile viel lieber als Baden. Ich fühlte mich wie in einem Wasserfall, der meine Albträume einfach in einen Abfluss spülte und mich komplett gesäubert in einen neuen, hoffentlich besseren Tag starten ließ. Ich benutzte wie immer mein Lieblingsduschgel, das nach japanischer Kirschblüte roch und im Anschluss wusch ich mir noch meine langen braunen Haare. Sobald ich mit meiner morgendlichen Prozedur fertig war, schlüpfte ich in meine Klamotten und ging die Treppe hinab nach unten. Wir wohnten in einer Doppelhaushälfte. Oben befanden sich die Schlafzimmer und ein Bad und unten fand man Küche, Wohnzimmer, Abstellkammer und ein Arbeitszimmer, was auch als Gästezimmer fungierte, woran an kleineres Bad grenzte. Somit schlenderte ich nach unten, wo schon der Duft von frischen Brötchen und Rührei in meine Nase stieg, als ich Maximilian am Herd stehen sah. Neben ihm saß Chiko, der hoffnungsvoll mit seinen großen Augen darauf wartete, dass vielleicht irgendwas runterfallen würde. Normalerweise wusste er, dass er nicht betteln sollte und auch nichts für ihn abfiel, aber mein Bruder und ich waren immer sehr nachsichtig mit dem Fellknäuel gewesen, dass er oftmals Sachen vom Tisch bekommen hatte, die wir nicht sonderlich mochten, wobei der Hund dem Gemüse Brokkoli auch nichts abgewinnen konnte.

„Kann ich noch was tun?" Ich blickte über die Schulter meines Bruders hinweg so gut es ging, als ich das leckere Rührei in Betracht nahm. Maximilian, kurz Maxi, hatte mal eine Lehre zum Koch angefangen, brach aber ab, als ich mit dem Stock Car anfing und er somit den Berufsweg als KFZ Mechatroniker einschlug, um an meinem Auto zuschrauben.

Herzrasen (Julian Brandt x OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt