𝚂𝚎𝚟𝚎𝚗

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𝚂𝚊𝚏𝚎 𝙿𝚕𝚊𝚌𝚎

Point of View
Jimin

Ich wusste es war ein Fehler. Nicht weil Yoongi und Hoseok schlechte Menschen waren, sondern weil ich einer war. Vielleicht war ich auch kein schlechter Mensch, aber definitiv ein kaputter. Warum hatte ich mich nur auf die beiden eingelassen? Ich wusste doch dass ich einen der beiden verletzen würde, jetzt war es Taehyung aber es lief auf das gleiche hinaus. Ich wusste dass ich es nicht ertrug, anderen weh zu tun. Dass es mein Gesicht war, das sie verachteten, wovor sie Angst hatten, wovon ihnen übel wurde wenn sie es sahen und dass ich genau das hasste. Dass ich genau das nicht vertrug.

In diesem Moment brauchte ich Zeit für mich. Und zwar nur für mich und dafür existierte nur ein einziger Ort. Ein Ort, an dem nicht mal ChimChim in meinem Kopf herum spukte. Genau das war es, was ich nun brauchte. Also lief ich durch den Schnee. Mit dem Bus fahren konnte ich gerade nicht, weswegen ich heim lief. Die Kälte spürte ich an meinem ganzen Körper, trotz meines Mantels und meines Schals. In meinen Ohren steckten die Hörer meiner Kopfhörer, aus denen meine Musik kam, die in meinem Kopf hallte. Von vielen Liedern kannte ich den Text, den ich in Gedanken mit murmelte. Die Acoustic-Version von Faint Resemblance von Rise Against lief als nächstes. Bei der Ukulele schlich sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen und ich holte mein Handy aus meiner Manteltasche um auf Repeat zu schalten. Nun lief das Lied in Dauerschleife auf meinen Ohren, während ich durch die weiß graue Landschaft der Stadt spazierte. Meine Gedanken waren dennoch nicht schön. Die ganze Zeit sah ich den missbilligenden Blick von Taehyung vor mir. Wie rot und verquollen seine Augen waren, weil ich ihn zu tiefst verletzt hatte. Ich sah wie Yoongi zögerte mir die Wahrheit zu sagen, weil er mich nicht verletzen wollte und wie er sagte dass es nicht ich war sondern ChimChim. Wie ich ihm sagte dass es egal sei, weil es immer noch mein Gesicht war und wie er sagte er könnte uns unterscheiden. Er könnte es in meinen Augen sehen. Ich hatte die Worte genau im Kopf, als er mir sagte was ich getan hatte. Doch das schlimmste war sein Blick als ich sagte es sei ein Fehler gewesen. Ich hoffte nur dass er wusste dass es nicht an ihnen lag. Ich hoffte, er wusste dass es meinetwegen war.

Manchmal dachte ich es wäre für alle besser wenn ich zu meiner Schwester gehen würde. Und zwar richtig. Doch ich wollte nicht, dass Namjoon das gleiche durchmachen musste wie ich. Ich kannte ihn gut genug, er würde sich selbst die Schuld an meinem Tod geben. Deshalb tat ich es nicht, sonst würde er mir auch noch folgen. Dann hätten unsere Eltern zwei weitere Kinder verloren, die sie nicht ersetzen konnten. Ich würde den Menschen den ich liebe nur noch mehr schaden. Dann blieb ich doch lieber am Leben und leidete, Hauptsache Namjoon ging es gut. 

So in Gedanken versunken merkte ich kaum, wie ich schon am Stadtrand ankam. Schon immer lebte ich hier an Seouls Stadtrand. Deshalb kannte ich diese Umgebung wie meine Westentasche. Nur kurz musste ich noch laufen bis ich bei meinem Ziel ankam. Vor mir erstreckte sich ein riesiges Gelände. Auf dem Grundstück standen eine große Halle und große Stallungen. Hinter den beiden 'Behausungen' erstreckte sich eine riesige Koppel, die den größten Teil des Geländes belegte, wo einige der Pferde dieses Gestüts standen. Daneber lag ein großer Reitplatz, der im Winter jedoch nicht so oft genutzt wurde. Am Rand stand ein kleines Haus, wo die Leute die hier herkamen ihre Sachen hin taten. So auch ich. Damals war ich nur hergekommen, weil Sumi unbedingt reiten wollte. Wir hatten ein Spind gemietet, den ich übernahm nachdem sie starb. Sie ritt damals auf einem der Ponys die hier untergekommen waren. Gekümmert hat sie sich jedoch um einen Wallach, einen wunderschönen schwarzen Andalusier. Auch das hatte ich übernommen. Hellfire und die Kette waren alles was ich von Sumi noch hatte.

Ich betrat die Hütte und packte meine Sachen in den Spind. Aus dem oberen Fach holte ich die Boots raus die ich hier immer trug und nahm den Strick für Hellfire von dem Haken an der Tür. Mein Handy schaltete ich auf lautlos, Anrufe könnte ich jetzt sowieso nicht annehmen. Danach ging ich zur Koppel, da die Pferde zu dieser Zeit meistens draußen waren. Schnell durch das Tor geschlüpft lief ich über die, stellenweise ziemlich abgegraste, Wiese. Einige der Pferde sahen mich komisch an, andere kamen auf mich zu und schnupperten kurz an mir, ehe sie wieder verschwanden. Wieder andere ignorierten mich komplett und fraßen einfach weiter. Schon von weitem konnte ich Hellfire erkennen und ich fing an, die ersten Töne von Way back Home zu pfeifen. Sumi sang es immer wenn sie bei ihm war. Seitdem wurde der Andalusier immer auf mich aufmerksam wenn ich es pfiff. Genauso wie jetzt. Er hob seinen Kopf und wieherte als er mich sah und kam auf mich zu getrabt. Lächelnd strich ich dem rappen über seine Stirn und seine Nüstern. "Hey Jiog (Jiog Bul - koreanisch für Hellfire).", sagte ich leise und streichelte ihn weiter. Sein Kopf blieb jedoch nicht lange mit mir auf Augenhöhe, sondern wanderte an meine Manteltasche. Dort zog ich den Apfel heraus, den ich vorher noch eingepackt hatte und gab ihn Hellfire. "Du kennst mich auch zu gut, nicht wahr?", fragte ich leise und streichelte ihn weiter, während er den Apfel genüsslich verputzte.

ᑭˢ𝚢ꏳh̶Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt