Kapitel 21

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*3 Monate später*

Ich laufe wieder die Straße entlang und bin auf dem Weg zur Praxis. Ich bin froh überlebt zu haben aber einer musste dafür sterben. Und ich vermisse ihn schrecklich. Ich hätte alles getan das wir da heile raus kommen aber nur ich kam da heile raus. Nur noch ein paar Schritte und ich bin da. Ich öffne die schwere Tür und bewege mich in meinen Raum. Ich öffne die Tür und da sitzt schon Frau Miller. Ich setze mich einfach auf das graue Sofa und begrüße sie nicht mal. Ich habe keine Lust zu reden.

,,Guten Morgen Amber, wie geht es dir?" fragt mich diese Frau.

Ich lache innerlich auf. Sieht man es mir nicht an wie scheiße es mir geht? Soll es mir super gehen, weil ich gesehen habe wie jemand brutal vor meinen Augen ermordet wurde. Diese Fragen sind lächerlich. Kann sie nicht einfach zum Punkt kommen?

Ich seufze laut auf und starre die Decke an. Was soll ich ihr Antworten? Meine Lügen durchschaut sie. ,,Körperlich gut und seelisch Tod."

,,Amber wie war ihre Woche? Haben Sie wenigstens schlafen können oder haben sie gegessen?" fragt sie mich und hält ihren Stift bereit.

Ich verdrehe meine Augen. In diesen Sitzungen drehe ich meine Augen gefühlt tausend mal.

,,Meine Woche? Pff, scheiße wie immer. Und schlafen kann ich nicht das habe ich aber auch die letzten Sitzungen gesagt. Ich möchte nicht schlafen, damit ich das wieder vor meinen Augen habe. Und essen habe ich versucht aber es kommt alles wieder hoch."

,,Amber du musst schlafen oder essen. Ich weiß es ist schwer aber so langsam merkt man dir an, wie dünner und schwächer du wirst. Wenn das so weiter geht wird dein Körper irgendwann nicht mehr mitmachen. Ich gebe dir mal einen Tipp. Versuch zu schlafen und wenn du wieder Albträume hast dann schreibst du dir die auf und wir schreiben sie um. Damit du dann schlaf bekommen kannst. Und mit dem essen, fang langsam an wie Babys und jede neue Woche versuchst du mehr. " sie macht sich dazu wieder Notizen.

Kapiert sie nicht das ich für mich allein sein möchte? Ich möchte das auf meine Art und Weise bearbeiten. Und wenn es nur aus weinen besteht. Das ist normal das man am Boden ist wenn man eine geliebte Person verliert. Und du noch bei dem Tod zusehen musstest. Ein Kloß bildet sich wieder im Hals, wenn ich an die Schreie von ihm denke. Bis heute höre ich sie noch. Er musste so leiden, er hatte schlimme Schmerzen. Und während er starb hat er in meine Augen geschaut und in diesen Augen habe ich gesehen das es ihm leid tut. Ich habe nur zu ihm gesagt es sei okay und er soll los lassen. Ich konnte nicht mehr sehen wie er leidet. Er hat nur noch ein schwaches ,,Ich liebe dich" geflüstert und hat seine Augen geschlossen.

,,Amber alles gut? Du weinst." riss mich Frau Miller aus den Gedanken.

Ich schaue sie nur stumm an und nicke als Antwort.

,,Ich weiß sie vermissen ihn und  diese Therapie ist ein harter Weg um das zu verarbeiten. Ich weiß es fällt dir schwer darüber zu reden aber versuch mal deine Gefühle und Gedanken auf ein Blatt zu verfassen und bringst sie mir nächste Woche wieder. Dann kann ich dir weiter helfen. Unsere Stunde ist jetzt vorbei. Bis nächste Woche."

Ich stehe auf und renne förmlich raus. Ich kann einfach nicht darüber reden. Und will es erst mal nicht. Meine Beine bringen mich automatisch zum Friedhof. Vor seinem Grab bleibe ich stehen. Als ich sein Bild sehe fange ich an zu schluchzen und falle auf die Knie. Es ist mir egal das die Hose dreckig wird. Es ist mir egal das wir Winter haben und es Arschkalt ist mit Schnee. Ich fahre über sein Gesicht mit meinem Finger. Wenn er gelacht hat, hat jeder mit gelacht. Sein Lächeln war immer ansteckend. Ich vermisse ihn so. Ich lege meine Hände vor meine Augen und fange an richtig zu weinen. Ich bekomme noch nicht mal mit das jemand gekommen ist und mich in die Arme genommen hat.

,,Hey, komm es wird langsam kalt. Ich fahr uns zu mir und mache dir deinen Lieblingstee und wir gucken deinen Lieblingsfilm."

Er geht so vorsichtig mit mir um. Alle behandeln mich so als ob ich aus Glas wäre und man aufpassen muss was man sagt oder macht, damit das Glas nicht zerspringt.

Ich stehe auf und schaue noch mal zum Grab und gehe mit ihm zum Auto. Während der Autofahrt ist es Still. Irgendein Weihnachtslied läuft im Radio. In ein paar Tagen ist Weihnachten und ich bin nicht in Stimmung. Am 24.12 ist er 3 Monate schon von uns gegangen. 3 Monate wird es her sein das ich ihn gesehen habe, das er gelacht hat, das er Witze gemacht hat, das er mich getröstet hat, das er geredet hat und das er da war.

Ich vermisse ihn so sehr und verliere unendliche Tränen.

Only One LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt