19 - Beförderung zum Privatclown

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Genervt lies ich die Arme sinken. Ich hatte keine Chance aus diesem Kleid zu kommen ohne mir den Arm auszukugeln. Wäre ich doch nur öfters mit El zum Yoga gegangen statt zuhause auf dem Sofa zu hocken. Ich verfluchte mich für meine vergangene Faulheit.
Erneut drehte ich den Rücken zum Spiegel und betrachtete den vermaledeiten Reißverschluss der sich um keinen Preis öffnen lassen wollte. Das Ding hatte irgendwo einen Sicherheitsverschluss den ich nicht fand und ich war wirklich nicht scharf darauf einen Riss in dieses Kleid zu machen. Vermutlich kostete es so viel wie mein Zimmer. Ich stöhnte frustriert auf und stützte mich auf dem breiten Waschbecken ab. 

Nach einigen Sekunden tiefen Durchatmens sah ich mich selbst im Spiegel an. Die noch immer perfekt sitzende Wimperntusche passte überhaupt nicht zu meiner Misere. Ich sah mir in die Augen. Braun wie immer starrten sie mir entgegen und ich wusste dass ich eigentlich keine Wahl hatte. Die ganze Courage zusammenkratzend stieß ich mich vom Waschbecken ab, nahm die Schultern zurück und schenkte mir selbst ein aufmunterndes Nicken. Ohne weiter darüber nachzudenken öffnete ich die Badezimmertür und trat auf den Flur hinaus. Keine Sekunde dachte ich weiter darüber nach was ich gerade tun musste.
„Josh?", fragte ich zaghaft als ich den leeren Wohnraum betrat. Ich erhielt keine Antwort. „Josh?!", fragte ich etwas lauter und ging weiter in den Raum hinein.
„Jane?", kam dann doch die Antwort aus einem Nebenraum, als ich bereits Luft holte um ein drittes Mal nach ihm zu rufen. „Ist alles in Ordnung?", fuhr Josh weiter und seine Stimme näherte sich. Ich drehte mich in die Richtung und stockte in der Bewegung. Josh war sein Hemd bereits teilweise losgeworden und hatte die Ärmel sowie die Knöpfe auf der Brust geöffnet. Außerdem war er sich durch die Haare gefahren was ihm zusammen mit dem offenen Hemd ein viel zu verwegenes Aussehen verlieh. „Fehlt dir was?", fragte Josh und ich blinzelte. Das hier war gerade noch viel schwieriger geworden als eben schon.
„Ich-", fing ich an und unterbrach mich da ich keine Sätze mehr in meinem Kopf formen konnte. Josh rollte gerade die Ärmel seines Hemdes hoch. Reiß dich zusammen Jane! – Ermahnte ich mich selbst. Es war weder angebracht noch Vertragsorientiert was sich gerade in meinem Kopf abspielte.
„Mir fehlt nichts", begann ich meinen Satz neu und sah Josh in die Augen. Das war zwar nur wenig besser, hielt mich aber vom starren auf seinen halbnackten Oberkörper und Arme ab. Verdammt woher hatte ein Computertyp solche Muskeln her!
„Das heißt mir fehlt doch etwas", machte ich erneut einen Schwenker und war mir bewusst das ich nicht wusste was ich sagen wollte. Josh blieb ein paar Schritte von mir stehen und sah mich mit leicht gerunzelter Stirn an. Ich riss mich zusammen.
„Ich könnte ein paar längere Arme gebrauchen." Ich deutete halbherzig auf mein Kleid. Meine Wangen waren heiß. Joshs Verstehen zeichnete sich deutlich ab und ein amüsiertes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
„Die Kleider sind nicht ganz einfach", hielt er fest und kam die letzten Schritte auf mich zu. Plötzlich konnte ich seine Körperwärme auf der Haut spüren und musste den Kopf in den Nacken legen um ihn anzusehen. Holziger Duft stieg mir in die Nase und unbewusst atmete ich etwas tiefer ein. Einen Moment standen wir so da und sahen uns an.
„Du solltest dich umdrehen wenn ich dir aus dem Kleid helfen soll", unterbrach Josh die Stille. Verzögert nickte ich und drehte mich zu ihm um. Josh schob meine Haare zur Seite und eine Gänsehaut überzog meinen Körper. „Die Verschlüsse sind etwas knifflig", sagte er hinter mir und nestelte an meinem Rücken. Im nächsten Moment fühlte ich wie die Zähnchen des Reißverschlusses auseinanderglitten.
„Anscheinend sind sie nur für mich knifflig, du scheinst damit ganz gut klarzukommen", versuchte ich zu überspielen das Josh gerade einen guten Blick auf meinen nackten Rücken hatte. Ich hielt das Kleid vorne fest und drehte mich zu ihm um. Er trat zurück und räusperte sich. „Vermutlich", sagte er und ging nicht auf meinen Auflockerungsversuch ein.
Er sah mich nicht mehr an sondern musterte die Fensterfront. Hatte ich etwas Falsches gesagt? „Dann- Danke", beendete ich die Situation und machte mich daran so rasch ich konnte zurück ins Badezimmer zu kommen ohne seine Antwort abzuwarten- oder mein Kleid dabei zu verlieren.

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