•Journey 76•

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Schweigend stand Jeongin auf einer Brücke und blickte in die Ferne, mit seinen Gedanken vollkommen woanders. Seit dem Vorfall mit der Frau waren bereits zwei Wochen vergangen und heute durften sie endlich ihre Katze wieder abholen. Sie hatte sich erholt, ihre Wunden waren verheilt und auch ihre Psyche wurde wieder einigermaßen gerichtet. Es lag nun nur noch an Chan und Jeongin, dass ihr kleines Baby wieder vertrauen zu Menschen fassen konnte, auch wenn der Rosahaarige das ungern wollte. Denn Menschen sollte man nicht vertrauen, – zumindest nur den aller wenigsten. Jeongin zum Beispiel vertraute nur Chan und seiner Familie. Obwohl er Felix und Hyunjin mochte, wusste er genau, dass er ihnen niemals richtiges Vertrauen schenken konnte.

Das war nun einmal so und er wusste, dass daran auch nichts falsch war.

,,Worüber denkt mein Baby nach?" Chan hatte sich nach draußen hinter ihm gestellt, schlang seine Arme um den Bauch von Jeongin und drückte sich ein wenig an dessen warmen Rücken heran. Leicht blickte er über dessen Schulter, damit er auch den Ausblick genießen konnte, während er geduldig auf eine Antwort wartete. Seine Eltern waren noch beim Tierarzt und sprachen über die Medikamente, die ihre Katze für zwei weitere Wochen zu sich nehmen musste, damit es ihr auch vollständig gut gehen konnte. Dabei war ihm aufgefallen, dass die wichtigste Person in seinem Leben fehlte und wie einsam er sich fühlte, wenn Jeongin nicht bei ihm war. Niemals hätte Chan gedacht, dass er jemals solche Gefühle verspüren würde.

Aber mit Jeongin war nun einmal alles anders.

,,Über nichts", erwiderte der Rosahaarige schließlich leise und legte seine Hand auf die seines Freundes. Sie waren seit knapp einer Woche endlich ein Paar und hatten bereits auch ein Date zusammen gehabt. Nur zu gern erinnerte sich der Koreaner daran, wie Chan ihm ein Liebesgeständnis unter einem Mistelzweig gemacht hatte. Die warmen Monate waren nun vorbei und langsam kam die kalten Jahreszeiten, wodurch es draußen auch immer kälter wurde. Aber dagegen hatte der Jüngere nichts, denn er mochte den Herbst ziemlich sehr. Viele verbanden diese Jahreszeit immer mit dem Tod, aber Jeongin sah das ganz anders. Für ihn war es eine Chance zum Neuanfang. Er würde die alten Blätter seines Lebens verlieren und nach wenigen Monaten würden viel schönere entstehen.

Und das dank Chan.

Dieser streichelte mit seinen Fingern leicht über Jeongins Bauch und drückte sich ein wenig mehr an ihn heran, legte sein Kinn auf dessen Schulter ab und schloss dann einen Moment. Der kalte Wind wehte ihm ins Gesicht und stach auf ihn ein wie kleine Messerspitzen. Das nahm er jedoch in Kauf, Hauptsache, er war mit Jeongin zusammen und musste nicht getrennt von seinem Baby sein. Natürlich gab es auch ab und zu Momente, in denen er alleine sein wollte, aber die dauerten höchstens zehn Minuten an und schon klammerte er sich wieder an dem Rosahaarigen fest, dem das auf Dauer ziemlich auf die Nerven ging. Erst gestern hatte er Chan aus dem Schlafzimmer geworfen und dann ganz alleine 'Among us' gespielt. Die Nähe des Australiers lenkte ihn ab.

Dafür konnte er doch nichts.

,,Ich liebe dich", hauchte Chan leise in Jeongins Ohr und küsste dann sanft seine Schläfe, streichelte weiterhin ununterbrochen über seinen weichen Bauch und seufzte anschließend auf. Er konnte nicht von ihm genug bekommen und wusste genau, dass es lange anhalten würde. Wie konnte jemand auch Jeongin widerstehen? In den letzten Tagen war ihm aufgefallen, dass andere Jungs ihm nachsahen und auch wenn Chan dagegen nichts unternehmen konnte, hasste er es, wenn jemand sein Baby anstarrte. Er war schließlich keine Puppe in einem Schaufenster, sondern war ein eigenständiger Mensch. Nur Chan allein durfte ihn ansehen, ihn anfassen oder ihn küssen. Das zeigten auch die dunklen Knutschflecken, die an Jeongins Hals deutlich zu sehen waren. Und sie würden auch immer dort bleiben.

Dafür würde Chan sorgen.

,,Ich liebe dich auch, Channie... Sehr sogar."

𝐇𝐚𝐯𝐞𝐧 ✦ 𝖩𝖤𝖮𝖭𝖦𝖢𝖧𝖠𝖭Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt