𝐇𝐚𝐯𝐞𝐧 ✦ 𝖩𝖤𝖮𝖭𝖦𝖢𝖧𝖠𝖭

•Journey 5•

,,M-Meine... E-Eltern..."

Verunsichert spielte Jeongin mit seinen Fingern, wodurch sein Alpaka auf den hölzernen Boden fiel. Sofort zuckte dieser leicht zusammen und senkte leicht seinen Kopf, während er rasch sein Alpaka in die Hände nahm. Etwas anderes gab ihm gerade keinen Schutz, und er wusste genau, dass er eigentlich mit diesem Chan – oder – Chris nicht sprechen sollte. Wenn seine Eltern sie dabei erwischten, dann wäre es vorbei mit ihm. Nicht nur, dass er mit einem Fremden sprach, gleichzeitig vernachlässigte er auch noch seine Hausaufgaben, die er in zwei Stunden beendet haben sollte. Noch dazu wusste er nicht, ob er Chan wegschicken sollte oder nicht... Sein Nachbar hatte schließlich keinen Grund, hier aufzutauchen.

Immerhin kannten sie sich nicht.

,,Hm? Deine Eltern?" Fragend legte Chan leicht seinen Kopf etwas zur Seite und musterte den hübschen Jungen vor sich, den er gerade nicht sonderlich gut erkennen konnte. Dennoch hatte er ihn kennenlernen wollen und sofort gemerkt, dass das Haus ihm gehörte und er darin wohnte. Nur die Stäbe verwirrten ihn, zeigte ihm, dass die Eltern des Schwarzhaarigen wohl mehr als nur streng sein mussten. Leise seufzend schloss Chan für einen Augenblick seine Augen, als gewisse Bilder vor ihm auftauchen. So etwas hatte er bereits einmal mitansehen müssen und es ging nicht gut aus, überhaupt nicht. Vielleicht war auch das der Grund, wieso er ihn kennenlernen musste. Oder ihn zumindest retten.

,,J-Ja... S-Sie... wollten... das...", stammelte Jeongin, sichtlich eingeschüchtert, und hielt seinen Blick einfach nur gesenkt. Unruhig atmete er einfach nur durch und drückte sein Alpaka ganz fest an sich, streichelte über dessen weichen Kopf und versuchte, sich so etwas zu beruhigen. Genau deshalb brauchte er auch seine Kuscheltiere – sie gaben ihm einen gewissen Halt, den er sonst von keinem bekommen würde. Dabei hätte er gerne wenigstens eine Bezugsperson. Eine Person, die ihm zuhören würde, ihm zeigen würde, was der richtige Weg sein könnte. Jeongin fühlte sich einfach wie ein verlorener Vogel, der nicht wusste, in welche Richtung er fliegen sollte, um seine wahre Freiheit zu finden. Es war schwer, auch nur einen Atemzug zu tätigen, und deshalb konnte er auch leider nicht mit Chan sprechen.

Oder zumindest nicht so, wie er es wollte.

,,Sie wollten das so, damit du keinerlei Verbindung zur Außenwelt hast und sie dich immer mehr benutzen können, richtig?" Chan legte seine Hand an den kühlen, metallischen Stab und legte anschließend seinen Kopf etwas schief. Kaum hatte er ausgesprochen, zuckte der Jüngere sofort zusammen und riss dabei seine Augen ungläubig auf, da er nicht ganz verstehen konnte, wie sein Nachbar das so schnell herausfinden konnte. Unsicher spielte Jeongin weiterhin mit seinen Fingern und schluckte einmal schwer, bis er schließlich schwach nickte. Es war sowieso kein Geheimnis mehr, da er schließlich, anhand der Reaktion von Jeongin, bereits alles wusste. Seine Frage wurde somit beantwortet und leise seufzte der Ältere auf, nickte einmal verstehend, bis er wieder in die hübschen, dunklen Augen des Jüngeren blickte. Er wirkte wie ein Kind. Wie ein kleines Kind, dem noch immer etwas fehlte.

Etwas, was man ihm nicht schenken konnte.

,,Wow, Eltern denken auch, dass sie einem alles wegnehmen können", lachte Chan nur rau auf und schüttelte anschließend einmal leicht seinen Kopf, während er sich etwas vom Fenster entfernte. ,,Ich komme heute Nacht wieder. Es wäre nett, wenn du da noch wach bist und dein Fenster für mich öffnest, damit wir weiterhin reden können." Ein letztes Mal lächelte er Jeongin noch einmal an, bis er die Regenrinne herunterkletterte. Mit großen Augen verfolgte Jeongin das, während seine Augen ein kleines Stück größer wurden und er beinahe fasziniert war. Noch nie hatte er so eine Person getroffen... Oder überhaupt jemanden. Alle aus seiner Klasse waren ganz anders. Sie ignorierten ihn oder wollten ihn ausnutzen, nur, wegen dem Geld seiner Eltern.

Aber so wirkte sein neuer Nachbar nicht. Er wirkte wie ein ehrlicher Mensch und irgendwie freute es Jeongin... Mehr, als es sollte.