Kapitel 24

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Unzufrieden lief Nils im Wohnzimmer auf und ab. Er hasste das Gefühl, nichts unternehmen zu können und nur passiv den nächsten Zug ihrer Gegner abzuwarten. Daneben machte er sich Vorwürfe, dass er Ed und die Werwölfe in Gefahr brachte. Alle Beschwichtigungen von Rico und Nathan änderten daran nichts. Er hatte sich das Hirn zermartert, aber seine Gedanken drehten sich nur im Kreis.

»Nils, das bringt nichts. Komm mit uns nach draußen, Nathan holt gerade den Mutterkuchen von Aaron, dann pflanzen wir den Baum für unsere Lena.«

»Mappi, wieso habe ich keinen Baum?«, fragte Leon nachdenklich.

Rico strich ihm lächelnd übers Haar.

»Ach Wölfchen, du hast doch einen ganzen Wald, schau dich nur um. Und weil alle Bäume dir gehören, pflanzen wir jetzt für Lena einen eigenen.«

»Na gut, einen kann sie haben.«

Sie gingen nach draußen, wo sie auf Nathan trafen, der einen abgedeckten Plastikbehälter in der Hand hielt. Auf der freien Fläche neben dem Gebäude blieben sie stehen.

»Schau mal, Schatz, ich denke, das ist der ideale Platz. Nicht zu nahe am Haus, aber wenn sie einmal größer wird, kann sie von ihrem Zimmer aus immer den Baum sehen.«

»Ja, das gefällt mir.«

»Dann hole ich mal einen Spaten.«

»Soll ich dir behilflich sein, Nathan?«

»Nein danke, Nils. Versteh mich bitte nicht falsch, ich habe schon die Geburt verpasst, dann will ich wenigstens das hier ganz alleine machen.«

Er grub ein tiefes Loch und ließ den Mutterkuchen vorsichtig aus der Plastikschale hineingleiten. Er gab eine Schicht Erde darauf, dann pflanzte er die Magnolie. Leon bekam den Auftrag, Wasser zu holen, und durfte das Bäumchen gießen. Nathan stellte sich zu Rico, der das Baby auf dem Arm hatte, und gemeinsam betrachteten sie lächelnd den Baum. So idyllisch dieser Moment für die beiden war, Nils kam sich noch mehr als Eindringling vor, der das Glück dieser kleinen Familie bedrohte.

Pünktlich nach Sonnenuntergang kam Ed aus dem Keller.

»Ed, hast du vorhin mitbekommen, was heute passiert ist?«

»Ja, ich habe euch zugehört. Eine Frage hätte ich noch an dich, Nils: Hattest du den Eindruck, dass der Kerl den Gesichtslosen nur benutzt hat, um sein Gesicht zu zeigen, oder steuerte er ihn?«

Nils dachte nach und rief sich die Bilder vom Überfall in der Gärtnerei in Erinnerung.

»Schwer zu sagen, aber ich hatte das Gefühl, er steuerte ihn.«

»Worauf willst du hinaus, Ed?«, fragte Nathan dazwischen.

»Es könnte wichtig sein. Irgendetwas stört mich an der ganzen Geschichte, aber ich komme nicht drauf. Wir übersehen etwas. Im Moment bleibt uns wohl nur abzuwarten, was Aaron herausfindet.«

»Das sehe ich auch so«, brummte Nathan unzufrieden.

Rico kam mit einem leeren Fläschchen die Treppe herunter.

»So, endlich schläft Lena. Die ganze Aufregung hat auf sie abgefärbt.«

»Wo treibt sich Leon rum?«

»Der ist in seinem Zimmer und bastelt was. Pavel und er haben beschlossen, Geheimwaffen gegen diese Gesichtslosen zu konstruieren. Jedenfalls hat er mich förmlich rausgeschmissen, als ich nach ihm sehen wollte.«

»Schatz, lass ihn in den nächsten Tagen nicht draußen spielen. Ich möchte kein Risiko eingehen. Das werde ich auch noch dem Rudel sagen.«

Nils zeigte keine Reaktion auf diese Aussage, aber sein schlechtes Gewissen meldete sich wieder heftig zu Wort und er machte sich Vorwürfe. Konnte er wirklich zulassen, dass seine neuen Freunde und die, die ihnen wichtig waren, nur wegen ihm in Gefahr waren? Das wollte er nicht und traf einen Entschluss.

Gejagt!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt