Nachts in fremden Betten

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Wie immer hatte Aidan alles haarklein recherchiert und durchgeplant. Schließlich war es doch schon ein wenig mehr als ein Kavaliersdelikt und bedeutete richtig Ärger, wenn sie denn erwischt wurden. Aber das war natürlich erstens nicht vorgesehen und zweitens, wäre der Kick auch nicht derselbe, ganz ohne Risiko. Darauf gekommen waren sie rein zufällig. Sein Süßer, Justus, arbeitete für den Tierschutz und da waren sie nachts in einer dieser noblen Gegenden mit dem Auto unterwegs, weil dort jemand einen streunenden Hund gemeldet hatte. Sie fuhren also durch die hübsch gepflegten Alleen, vorbei an meterhohen Mauern, hinter denen sich große Gärten erstreckten in denen teure Villen lagen und ihnen fiel auf, dass zwei oder drei davon kein Licht hatten. Wie beiläufig meinte sein Freund damals, es sei eine Schande, dass so große Häuser leer stünden, während andere Menschen auf der Straße lebten. Aidan stimmte ihm zu. Und noch während sie den Hund einfingen, um ihn in Sicherheit zu bringen, kam ihm selbst die Idee: was, wenn man diese leeren Luxuskästen in Abwesenheit ihrer stinkreichen Besitzer „benutzen" würde?

Auf der Fahrt nachhause schlug er es Justus vor, noch während der den Streuner hinten im Wagen in einer Box beruhigte und streichelte.

„Wie stellst du dir das vor? Willst du da einbrechen?", hatte er halb im Scherz gefragt, doch Aidan war es ernst damit.

„Warum denn nicht? Stell dir vor, diese reichen Pinkel kommen nachhause, so wie die nichtsahnenden sieben Zwerge und dann war Schneewittchen da und hat von ihrem Tellerchen gegessen oder in ihrem Bettchen geschlafen."

„In ihrem Bettchen geschlafen?", hatte sein Freund neugierig aufgehorcht und klang dabei, als hätte er bereits Feuer gefangen. „Das klingt geil. Red weiter."

Und Aidan redete weiter, während er fuhr und Justus sich liebevoll um den Hund kümmerte. Als sie schließlich am Tierheim ankamen, war die Idee schon nicht mehr auszublenden. Es fehlte nur ein konkreter Plan. Aber sie wollten es wirklich tun. In diese viel zu großen Bonzen-Villen einbrechen, wenn keiner da war und es in fremden Betten treiben.

Das Objekt dieser Nacht stand in einem riesigen Garten, den man getrost schon als Park bezeichnen konnte und Aidan hatte es nicht zufällig ausgesucht. Es war das Domizil von so einem alten Geldsack, auf den er aufmerksam geworden war, als in der Zeitung sein Leserbrief stand, wo er die Stadtverwaltung von Berlin aufforderte, mit Giftködern gegen Füchse in den Villengärten von Dahlem vorzugehen. Es würde seinem Süßen ganz besonders gefallen, wenn sie auf den frischen Laken von so einem Idioten ihren Spaß hätten.

Im Autoradio lief "Fat Bottomed Girls" von Queen, als sie mit dem Wagen unter einem Baum in einer Seitenstraße parkten, wo er kaum zu sehen war.

„Bist du soweit?", fragte Aidan.

„Aber immer doch. Geh vor, du kennst dich aus!"

Damit zogen sich beide jungen Männer eine Skimaske über das Gesicht, schnappten sich ihre Daypacks und huschten im Schatten der Allee hinüber zur Gartenmauer. Im Nu hatten sie diese mit Räuberleiter überwunden und steuerten zügig über den gepflegten Rasen zum Haus und auf dessen Rückseite, wo sich eine Treppe befand, die in früheren Zeiten wohl zum Dienstboteneingang, jetzt aber in den Keller führte. Üblicherweise war genau an so einem Zugang eine Schwachstelle, das wusste Aidan nur zu genau. Er hatte lange genug in seiner Studentenzeit Hausmeisterjobs gemacht. Also war es auch kein großes Problem, die Videokamera dort mit einem Kaugummi zu verkleben, dann mit einem hochfrequenten Pfeifton vom Handy den Alarm außer Gefecht zu setzen und schließlich einfach ein kleines Scheibchen in der Tür einzuschlagen, hindurchzufassen und sie von innen zu öffnen.

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