o n e.
Vielleicht müssen wir nicht versuchen, die Verrückten zu verstehen, sondern nur, sie zu akzeptieren. Denn vielleicht ist jeder auf seine Art und Weise verrückt.
Ein Blick aus dem Fenster lässt mich wissen, dass er auf dem Spielplatz sitzt. Wieder einmal.
Ich weiß nicht, wie lange er schon jeden Nachmittag dort verbringt. Vielleicht erst seit der letzten Woche. Vielleicht ist es mir aber auch erst während der letzten Woche aufgefallen, weil ich nichts Besseres zu tun gehabt habe.
Eigentlich ist es auch egal.
Viel mehr interessiert es mich, warum er sich dort auf dem Spielplatz, der sich direkt gegenüber von unserem Haus befindet, aufhält.
Neugierig schiebe ich mir meinen Schreibtischstuhl so zurecht, dass ich bequem aus dem Fenster sehen kann, ohne große Verrenkungen machen zu müssen.
Er rührt sich kaum. Hockt nur auf der Schaukel und starrt geradeaus. Versucht nicht einmal Anschwung zu nehmen.
Und doch war es gerade dieses Nichtstun seinerseits, was meine Aufmerksamkeit erweckt hatte. Es hat mich in einen Bann gezogen und ich kann nicht aufhören, meine Gedanken an diesen Jungen zu verschwenden, aus dem ich einfach nicht schlau werde.
Der Wind weht ihm seine blonden Haare ins Gesicht und er hebt keine Hand, um sich die Haare aus dem Gesicht zu streichen. Er dreht noch nicht einmal seinen Kopf.
Sieht man ihn so, so könnte man vermuten, dass er längst gestorben wäre.
Ich muss leise lachen, über diese Ironie.
Nicht mehr lange und ich würde genauso so erstarrt sein wie er. Nur dass dies bei mir im Gegensatz zu ihm dann für immer so sein würde. Denn hat der Tod einen einmal in seinen Fängen, lässt er einen nicht mehr los.
Der Junge hebt seinen Kopf an. Leicht. Nur um einige Zentimeter. Aber doch so sehr, dass ich es bemerke.
Es ist eine Sache von Sekunden. In dem Moment ahne ich es noch nicht und dennoch ist dies der Augenblick, in dem sich mein Leben vollkommen verändert. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche.
Ich beschließe, dass ich ihn lange genug von meinem Zimmer aus beobachtet habe und genauso gut zu ihm gehen kann.
Ich bin neugierig auf seine Geschichte. Ich dränge nahezu danach, seine Geschichte zu erfahren. Zu wissen, warum er seit einer Woche grundsätzlich genau um Punkt 12 auf diesem Spielplatz erscheint.
Und - auch dass muss ich zugeben - ich bin froh, wenn mich irgendetwas von meinem eigenen Leben ablenkt. Wenn ich, selbst wenn es sich nur um Sekunden handelt, aus meinem Leben entfliehen kann.
Also erhebe ich mich und ziehe mich an. Die letzten Tage hatte ich mir die Mühe nicht einmal gemacht, da ich wusste, dass ich den ganzen Tag im Haus verbringen würde. Warum sich also die unnötige Mühe machen und seinen gemütlichen Schlafanzug ausziehen?
Ich muss zugeben, dass es sich gut anfühlt, endlich einmal wieder straßentaugliche Kleidung zu tragen. Es gibt mir irgendwie ein gutes Gefühl.
Leise öffne ich meine Zimmertür und schleiche mich dann zur Haustür, darauf bedacht, dass meine Mutter, die in der Küche das Mittagessen vorbereitet, nicht mitbekommt, dass ich das Haus verlasse.
Sie würde einen Schock fürs Leben bekommen und mir einen Vortrag darüber halten, dass es für meine Gesundheit am besten war, wenn ich den Tag im Bett verbringen und mich kurieren würde, so wie sie es mir auch geraten hätte, wenn ich eine Grippe hätte.
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losing control || a.i. ✓
Fanfiction❝I don't want you to die.❞ 12 Minuten. Das ist alles, was es braucht, um dein Leben komplett durcheinander zu bringen. Dies habe ich schweren Herzens erfahren müssen. 12 Minuten. Keine Sekunde länger. Und mein Leben war von einem Moment auf den ande...