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Ich erinnere mich noch gut, an die erste Begegnung mit Taylor. Es war in der zweiten Klasse. Ihre Eltern waren mit ihr aus Seattle hierher gezogen. Sie war die einzige aus der Klasse mit dunkler Haut und schwarzen Haaren. Als siebenjährige findet man das natürlich total interessant und fragt nach. Daher waren meine ersten Worte an Taylor "Warum bist du so dunkel?" Unsere damalige Lehrerin Mrs O'Neil hörte die Frage und ermahnte mich. Doch Taylor fing zu lachen an und erzählte mir, dass ihre Familie ursprünglich aus Südafrika kam, dann aber nach Seattle auswanderte und jetzt hier in Boston wohnte. Ich war total fasziniert von ihrer Geschichte und es wurde schnell klar, dass wir beste Freundinnen werden würden. Auch alle anderen bemerkten das. Und so arbeiteten wir im Unterricht immer zusammen und trafen uns nach der Schule. Sie wurde mir sehr wichtig.
Dann gingen wir zusammen auf die High-School und dort lernte ich Jay kennen. Am Anfang der Beziehung entfernten Taylor und ich uns immer mehr voneinander und, obwohl es bis dahin noch nie einen gab, stritten wir uns oft. Doch irgendwann (ich weiß gar nicht mehr, wann genau das war) wurden wir wieder Freundinnen. Sie war immer für mich da und ich für sie.
Es war immer lustig bei ihr.
Doch das war jetzt vorbei.
Sie war weg.

Ich stand auf der Straße und weinte. Leise. Ich glaubte es noch nicht. Seit diesem Unfall war mir nicht bewusst, dass sie ihre Drohungen so war machten. Mir war nicht bewusst, dass sie Taylor einfach mitnehmen konnten oder diese Fotos verbreiten würden. Mir war nicht klar, was ich alles zu verlieren hatte. Doch in diesem Moment wusste ich es. Aber damit würden sie nicht durchkommen.
Es hatte alles gerade erst angefangen.
"Okay! Was wollt ihr?! Na kommt schon! Ich weiß, dass ihr hier seid! Die ganze Zeit seid ihr da, obwohl ich es nicht will! Jetzt will ich es und ihr seid nicht da! Kommt schon ihr Feiglinge! Zeigt euch! " schrie ich und schaute mich um. Es dauerte lange. Aber dann hörte ich ein Auto und lief auf den Bürgersteig. Erst dachte ich das Auto würde einfach an mir vorbei fahren. Doch es blieb vor mir stehen. Das Seitenfenster würde runtergelassen. Ein Mann schaute heraus. Er trug eine Sonnenbrille, die fast sein halbes Gesicht verdeckte. Sein Gesicht war starr nach vorne gerichtet.
" Steig ein ", sagte er mit rauchiger Stimme.
Ich schaute in das Auto, konnte aber nichts erkennen.
" Nein ", meinte ich kopfschüttelnd.
" Steig ein ", drängte der Mann. Wieder schüttelte ochsen Kopf.
"Ich kenne sie nicht ", widersprach ich und ging einen Schritt zurück.
" Wenn du Antworten willst, steig ein. Du kennst uns. Wir werden dir nichts antun. Das weißt du. Und jetzt steig ein! " Sie waren es. Aber wollte ich wirklich so dringend Antworten, dass ich mit Leuten, die eine Frau schwer verletzt hatten, mir drohten und meine beste Freundin entführt hatten mitfahren wollte? Wohin auch immer. Das war einfach. Ja. Ich brauchte diese Antworten. Und ganz ehrlich: Was sollten sie mir antun können? Anscheinend brauchten sie mich noch.
Ich stieg hinten ein. Neben mir saß der Mann, der in der Schule auf mich gewartet hatte. Vor mir saßen zwei Männer, die ich noch nicht kannte. Sie trugen das gleiche Outfit wie der erste Mann.
Das letzte was ich sah, bevor wir losfuhren, war Jay, der durch das Fenster auf das Auto sah. Er sah traurig und verletzt aus.

SchweigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt