10. Gedankengänge

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Es hat ein bisschen gedauert und ganz glücklich bin ich auch nicht damit, aber pünktlich zu Heilig Abend wollte ich abliefern.

Frohe Festtage Euch ♥️

Bella atmete schwer, die Akte drückte sie sich fest an die Brust. Ihre Hand zitterte vor Wut. Tatsächlich war ihr das noch nie wirklich passiert. Aber jetzt konnte sie sich kaum halten.

Felix starrte sie wie ein aufgescheuchtes Reh an. Es war eindeutig, dass er ertappt war und dass er nicht wusste, wie er aus der Situation herauskommen sollte. Fast so, wie wenn er einen seiner Schüler beim Spicken erwischte.

"Ist das dein Ernst?", fragte er und seine Stimme war dünn. "Wie kannst du so jemanden verteidigen?"

Bella hätte sich beruhigen können. Sie hätte ihre Atmung vermutlich in den Griff bekommen, hätte wieder rational denken können. Doch diese Aussage ließ einen Schalter bei ihr kippen - einen Schalter, von dem sie gar nicht wusste, dass sie ihn hatte.

Felix deutete ihr fassungsloses Schweigen anscheinend als Aufforderung, weiterzusprechen. "Bella, ich hab dich wirklich für jemanden mit Integrität gehalten. Aber einen Angel? Ich hab von Anfang gesagt, deine Freundschaft zu Anna bringt dir nichts Gutes. Jetzt besorgt sie dir so einen Mandanten. Meine Güte, wie konntest du ihn annehmen?"

Bella hob ihre Hand und verpasste ihm eine Ohrfeige. Ihre Handfläche zwiebelte, Tränen der Wut bildeten sich in ihren Augen. "Wag es nicht, so über Anna zu reden! Wag es nicht, so über Marten zu reden!", schrie sie. "Die bessere Frage ist, wie konnte ich jemals glauben, jemand wie du sei der Richtige? Scheiße, du bist der ignoranteste, dreisteste Mensch, den ich kenne. Wie kannst du an meine Akten gehen? Wie kannst du dich in meine Mandate einmischen? WIE KANNST DU ES WAGEN, MEINE BESTE FREUNDIN ZU VERURTEILEN?!"

Sie stieß ihm mit den Händen vor die Brust. "RAUS HIER!", brüllte sie. "Das war mein Ernst! Ich will, dass du deine Sachen packst und gehst!"

Felix hielt sich die Wange, sah sie einfach nur an. "Das meinst du nicht so", flüsterte er.

"Doch! Ich meine es so. Du verschwindest jetzt!" Sie knallte Martens Akte auf ihren Schreibtisch und rauschte aus ihrem Arbeitszimmer. Dann riss die Schränke in ihrem Schlafzimmer auf. Sie nahm Felix' Klamotten, warf sie achtlos auf den Boden.

"Was tust du da?", fragte er schockiert.

"Ich helfe dir packen."

"Bella, wo soll ich denn hin?"

"Interessiert mich das?", stellte sie die Gegenfrage. "Fährst doch eh heute mit dem BioLK auf Klassenfahrt. Frag doch Leon, ob er dich aufnimmt. Ihr zwei seid gleich ätzend, könnt ja gemeinsam über Annas und meine Mandanten lästern." Sie drückte ihm einen Stapel Shirts in die Hand.

"Du wirst einfach so weg, was wir uns aufgebaut haben?", fragte er.

"Ich werfe es weg?!" Sie fuhr zu ihm herum. "Wer respektiert denn keine Grenzen und mischt sich in alles ein?"

"Okay, es war falsch von mir, die Akte von dem Schläger zu lesen", warf er in versöhnlicher Tonlage ein.

"Marten!", schrie Bella. "Sein Name ist Marten und er ist kein Schläger!" Sie stockte. So ganz stimmte das ja nicht. Und warum zur Hölle hatte sie das Bedürfnis, ihn vor Felix zu verteidigen?

"Warst du deswegen solange in Hamburg?", fragte Felix plötzlich.

"Ich habe mich um seine Angelegenheiten gekümmert", erwiderte sie wesentlich ruhiger. Sie hielt inne, beruhigte sich langsam. "Hör auf, abzulenken. Du hast das getan, was ich dir nicht verzeihen kann. Es geht niemanden etwas an, was ich mit meinen Mandanten bespreche. Dass du die Akte gelesen hast, kann mich meine Zulassung kosten."

La Vita è Bella | MARTEN81Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt